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Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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verglichen, wenn sie majestätisch in den Hafen einfährt. Min trug ein schlichtes bedrucktes Baumwollkleid, dem man erst auf den zweiten Blick ansah, daß es sich um ein Modell von Adolfo handelte. Das üppige dunkle Haar war zu einem Knoten hochgedreht. Sie schloß Elizabeth in die Arme und drückte sie stürmisch an sich. «Du bist viel zu mager», zi-schelte sie. «Im Badeanzug siehst du bestimmt wie ein Klapper-gestell aus.» Nach einer weiteren ungestümen Umarmung wandte Min ihre Aufmerksamkeit Alvirah zu. «Mrs. Meehan, die glücklichste Frau der Welt. Wie schön, Sie hierzuhaben.» Sie musterte Alvirah von Kopf bis Fuß. «In zwei Wochen wird jeder denken, daß Sie schon als Baby vierzig Millionen schwer waren.»
    Alvirah Meehan strahlte. «Genauso fühle ich mich jetzt.»
    «Du gehst nach oben ins Büro, Elizabeth. Helmut erwartet dich dort. Ich bringe Mrs. Meehan zu ihrem Bungalow und komme dann zu euch.»
    Gehorsam betrat Elizabeth das Hauptgebäude, durchquerte die Halle mit dem kühlen Marmorfußboden, vorbei am Salon, dem Musikzimmer, den Speisesälen, und stieg die geschwungene Treppe hinauf, die zu den Privaträumen führte. Min und ihr Mann residierten in einem Bürotrakt, von dem aus man die Front sowie beide Seiten des Grundstücks überblickte. Von hier aus konnte Min jede Bewegung der Gäste und des Personals beobachten und alles unter Kontrolle halten. Beim Dinner regnete es dann Ermahnungen: «Als ich Sie lesend im Garten sah, hätten Sie eigentlich im Aerobic-Kurs sein sollen.» Auch Angestellte, die einen Gast warten ließen, erwischte sie mit unfehlbarer Sicherheit.
    Elizabeth klopfte leise an die Tür zum privaten Bürotrakt. Als keine Antwort kam, öffnete sie. Auch diese Räume waren, wie alle anderen in Cypress Point Spa, erlesen möbliert. An der Wand über der perlgrauen Couch hing ein abstraktes Aquarell von Will Moses. Auf den dunklen Fliesen schimmerte ein Au-bussonteppich. Der Schreibtisch im Empfang, ein echter Louis-quinze, war verwaist, was Elizabeth mit tiefer Enttäuschung erfüllte, bis sie sich erinnerte, daß Sammy ja am folgenden Abend zurückkommen sollte.
    Zögernd näherte sie sich der halboffenen Tür zu dem gemeinsamen Büro der Schreibers, hielt dann wie vom Donner gerührt inne. Helmut von Schreiber stand an der gegenüberliegenden Wand, an der Bilder von Mins berühmtesten Gästen hingen.

    Elizabeths Augen folgten ihm, und sie biß sich auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien.
    Es war eine Porträtstudie von Leila, die er so eingehend und mit hartem Gesichtsausdruck betrachtete, die Aufnahme, die bei ihrem letzten Aufenthalt hier gemacht worden war. Unverkennbar – das kräftige Grün ihres Kleides, das leuchtend rote Haar, das ihr Gesicht umrahmte, die Geste, mit der sie ein Champag-nerglas hob, als wolle sie einen Toast ausbringen.
    Er sollte nicht merken, daß er beobachtet wurde. Deshalb kehrte Elizabeth schleunigst ins Vorzimmer zurück, öffnete und schloß nachhaltig die Tür und rief dann: «Niemand da?»
    Unmittelbar darauf kam er herbeigeeilt. Eine frappierende Veränderung hatte sich vollzogen: Das war wieder ganz der charmante, verbindliche Europäer, wie sie ihn von jeher kannte, mit dem warmen, herzlichen Lächeln, dem Kuß auf beide Wangen, dem dezenten, halblauten Kompliment: «Du wirst von Tag zu Tag schöner, Elizabeth. So jung, so makellos, so rank und schlank.»
    «Lang und dünn, meinst du wohl.» Elizabeth trat einen Schritt zurück. «Laß dich anschauen, Helmut.» Sie musterte ihn prü-
    fend, ohne die geringste Spur von Anspannung in den babyblau-en Augen zu entdecken. Sein Lächeln wirkte gelöst und völlig natürlich, ließ die gleichmäßigen weißen Zähne aufblitzen. Wie hatte Leila ihn beschrieben? Ich kann mir nicht helfen, Spatz, der Knabe erinnert mich immer an einen Spielzeugsoldaten.
    Was meinst du, ob Min ihn morgens aufzieht? Seine Ahnengale-rie ist ja vielleicht ganz eindrucksvoll, aber ich gehe jede Wette ein, daß bei ihm die Kohlen nie gestimmt haben, bis er dann bei Min fündig wurde.
    Elizabeth hatte widersprochen: «Er ist immerhin Facharzt für plastische Chirurgie und versteht mit Sicherheit eine Menge von Kurbehandlungen. Cypress Point hat einen hervorragenden Ruf.»

    «Kann ja sein», hatte Leila entgegnet, «aber der Unterhalt verschlingt Unsummen. Ich würde meinen letzten Dollar darauf wetten, daß nicht mal diese Wucherpreise die laufenden Unkosten decken. Ich sollte mich ja mit so was auskennen, Spatz.

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