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Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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gewesen, diese Gelegenheit zu ergreifen und in den privaten Unterlagen herumzuschnüffeln. Vermutlich hatte Dora die Müdigkeit gepackt, so daß sie beschloß, erst morgen aufzu-räumen. Doch den Fotokopierer und die Beleuchtung eingeschaltet zu lassen, war unverzeihlich. Nachher würde sie Dora mitteilen, daß sie sich unverzüglich auf ihre Pensionierung vor-bereiten solle.
    Doch zunächst mußte sie sich der Angelegenheit zuwenden, die sie hergeführt hatte. Min suchte sich in der Registratur den Ordner mit der Aufschrift «Reisespesen, Baron von Schreiber»
    heraus.
    In knapp zwei Minuten fand sie das Gewünschte. Der Anruf von der Ostküste in der Nacht von Leilas Tod stand auf der Liste der Telefonate, die er mit Kreditkarte bezahlt hatte.
    Er war aus New York gekommen.

    2
    Aus schierer Übermüdung war Elizabeth in einen unruhigen Schlaf voller Träume verfallen. Leila stand vor Stapeln von Fanpost, Leila las ihr die Briefe vor, Leila schrie: «Ich kann keinem Menschen trauen … Niemandem …»
    Am Morgen war es für sie klar, daß sie die erforderlichen Schritte unternehmen mußte. Sie duschte, drehte das Haar zu einem Knoten auf, schlüpfte in den Jogginganzug, wartete, bis die Wanderer losmarschiert waren, und startete dann zum Hauptgebäude.

Es versetzte ihr einen Schock, als sie das sonst so untadelige Rezeptionsbüro übersät mit Briefen fand. Ein großes Blatt Papier mit den unheilverkündenden Worten «Erbitte Rücksprache»
    und Mins Unterschrift ließ keinerlei Zweifel, daß Min das Durcheinander gesehen hatte.
    Das Ganze war so untypisch für Sammy! In all den Jahren, die Elizabeth sie kannte, hatte sie ihren Schreibtisch nie unaufgeräumt hinterlassen. Undenkbar, daß sie ausgerechnet hier in der Rezeption ein solches Risiko eingehen würde. Das wäre der sicherste Weg, einen von Mins berüchtigten Wutanfällen zu provozieren.
    Aber wenn sie nun krank war? Elizabeth eilte in die Halle hinunter und zu dem Aufgang, der in den Personaltrakt führte. Dora bewohnte ein Apartment im zweiten Stock. Sie klopfte energisch an – keine Antwort. Um die Ecke ertönte ein Staubsauger, den Nelly betätigte, eine langjährige Angestellte, die Elizabeth noch aus der Zeit kannte, als sie hier unterrichtet hatte. Nelly öffnete Doras Tür bereitwillig mit dem Hauptschlüssel. Mit wachsender Panik ging Elizabeth durch die freundlichen Räume: das Wohnzimmer, in Lindgrün und Weiß gehalten, auf den Fensterbrettern und Tischen überall Sammys sorgfältig gepflegte Topfpflanzen; das Bett, auf dem Nachttisch Sammys Bibel.

    Nelly zeigte auf die ordentlich straffgezogene Bettdecke: «Sie hat diese Nacht nicht hier geschlafen, Miss Lange! Schauen Sie mal runter!» Sie ging zum Fenster. «Ihr Wagen steht auf dem Parkplatz. Vielleicht hat sie sich schlecht gefühlt und ein Taxi gerufen, das sie ins Krankenhaus fahren sollte? Das sähe Miss Samuels ähnlich. Sie kennen Sie ja, immer unabhängig!»
    Aber im Monterey Hospital war keine Dora Samuels eingeliefert worden. Mit ständig wachsender Angst wartete Elizabeth auf Mins Rückkehr vom Morgenspaziergang. Um sich von ihrer Besorgnis, daß Sammy etwas zugestoßen war, abzulenken, begann sie, die Fanpost zu sichten: Autogrammwünsche neben Beileidsschreiben. Wo war der anonyme Brief, den Dora fotokopieren wollte?
    Trug sie ihn noch bei sich?

    3
    Um fünf vor sieben machte sich Syd auf den Weg zum Treff-punkt der Morgenwanderer. Cheryl konnte in ihm lesen wie in einem offenen Buch, da mußte er auf der Hut sein. Bobs endgültige Entscheidung war erst am Nachmittag fällig. Wenn es nicht um dieses vermaledeite Theaterstück ginge, hätte er sie längst in der Tasche.
    «Habt ihr das alle gehört? Ich steige aus!»
    Und mich hast du ruiniert, du Luder, dachte er. Er brachte ein verzerrtes Lächeln zustande. Die Clique aus Greenwich, Connecticut, war vollzählig zum Frühsport angetreten, passend aus-staffiert, tadellos frisiert, makellose Haut, manikürte Hände.
    Von denen hatte garantiert noch keiner, nervös bis in die Fingerspitzen, auf einen Anruf gelauert oder sich mit Klauen und Zähnen in einer mörderischen Branche den Weg nach oben er-kämpft oder sich von jemand mit einer Kopfbewegung in den Bankrott stürzen lassen.
    Das Wetter verhieß einen Tag wie aus dem Bilderbuch. Die kühle Morgenluft wurde bereits von der Sonne erwärmt, der schwache Salzgeruch vom Pazifik mischte sich mit dem Duft der blühenden Bäume rund um das Hauptgebäude. Syd erinnerte sich an das

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