Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlangen im Paradies

Schlangen im Paradies

Titel: Schlangen im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
er sie gesehen hatte. Den Abhang hinauf näherten sich Scheinwerfer – der Torwächter machte seine Runde im zweirädrigen Geländewagen. Die Gestalt im Taucheranzug lief auf das römische Bad zu, dessen Tor nur angelehnt war. Wahrscheinlich hat sich Helmut, dieser Narr, nachmittags nicht die Mühe gemacht abzusperren, dachte Dora.
    Mit zitternden Knien jagte sie hinter der Gestalt her. Der Wächter mußte jeden Augenblick vorbeifahren, und sie wollte den Eindringling nicht entwischen lassen. Zögernd betrat sie das römische Bad.
    Die Eingangshalle war ein riesiger offener Raum mit mar-morverkleideten Wänden und zwei völlig gleichen Treppen am anderen Ende. Von den japanischen Laternen in den Bäumen fiel genügend Licht herein, so daß Dora erkennen konnte: dieser Bereich war leer. Seit ihrem letzten kurzen Besuch hier drin vor ein paar Wochen waren sie mit den Arbeiten tatsächlich ein gutes Stück vorangekommen.
    Durch die Türöffnung links sah sie den Lichtstrahl einer Taschenlampe. Der Bogengang führte zu den Umkleideräumen, und dahinter befand sich das erste der Meerwasserbecken.
    Für eine Sekunde gewann Furcht die Oberhand über ihre Em-pörung. Sie beschloß, draußen auf den Wächter zu warten.
    «Dora, hier rein!»
    Die vertraute Stimme – ihr wurde ganz schwach vor Erleichterung. Vorsichtig durchquerte sie die dunkle Halle und gelangte durch den Umkleideraum in die Nähe des Innenbeckens.

    Er erwartete sie, in der Hand die Taschenlampe. Der schwarze Taucheranzug, die dicke Taucherbrille, der geduckte Kopf, die jähen ruckartigen Bewegungen der Taschenlampe ließen sie zurücktaumeln. «Um Himmels willen, nehmen Sie doch das Ding weg, ich kann ja nichts sehen», sagte sie.
    Ein dicker schwarzer Taucherhandschuh streckte sich drohend nach ihr aus, griff nach ihrer Kehle. Der Lichtstrahl der Taschenlampe richtete sich auf ihre Augen, blendete sie.
    In panischer Angst begann Dora zurückzuweichen. Sie hob die Hände, um sich zu schützen, und merkte nicht, daß ihr dabei der Brief aus der Jackentasche gefallen war. Sie nahm kaum wahr, daß sie ins Leere trat, bevor sie rücklings abstürzte.
    Ihr letzter Gedanke, bevor sie mit dem Kopf auf den scharf-kantigen Betonboden des Beckens aufschlug, war, daß sie nun endlich wußte, wer Leila getötet hatte.

    10
    Elizabeth durchquerte das Schwimmbecken im Rekordtempo.
    Der Nebel begann hereinzubrechen – trieb in Schwaden heran, verhüllte das umliegende Gelände, lichtete sich gleich darauf wieder. Ihr war es lieber, wenn er alles verdunkelte. Dann konnte sie sich ganz ausarbeiten, wohl wissend, daß sich durch die körperliche Anstrengung irgendwann die innerlich aufgestaute Angst lösen würde.
    Sie erreichte das Nordende des Beckens, berührte den Rand, holte tief Luft, wendete und jagte im Bruststil die Bahn zurück. Sie bekam Herzklopfen bei diesem selbstgesetzten Tempo. Es war verrückt, sich auf diese Art zu überfordern. Dafür fehlte ihr wirklich die Kondition. Doch sie gab nicht nach, versuchte, unter Aufwendung aller körperlichen Energie ihren Gedanken zu entfliehen.
    Endlich merkte sie, daß sie allmählich ruhiger wurde, drehte sich auf den Rücken und verlegte sich aufs Wassertreten, wobei sie mit den Armen weitausholende, gleichmäßige Kreise beschrieb.
    Die Briefe. Der eine, den sie besaßen, der andere, den jemand gestohlen hatte, die weiteren, die sie vielleicht noch in der unge-
    öffneten Post finden mochten. Diejenigen, die Leila vermutlich gesehen und vernichtet hatte. Warum hat Leila mir nichts dar-
    über gesagt? Warum hat sie mich ausgeschlossen? Sie hat mich doch immer als eine Art Schall- und Stoßdämpfer benutzt. Und sie hat immer gesagt, ich könnte sie davor bewahren, Kritiken zu ernst zu nehmen.
    Leila hatte ihr nichts erzählt, weil sie überzeugt davon war, daß Ted sich für eine andere interessierte, daß sie daran nichts ändern konnte. Aber Sammy hatte recht. Wenn Ted sich für eine andere interessierte, hatte er kein Motiv, Leila zu töten.
    Aber ich habe mich mit dem Zeitpunkt des Telefongesprächs nicht geirrt …

    Wenn nun Leila hinuntergestürzt war, ohne daß er sie halten konnte, und er dann einen solchen Schock erlitten hatte, daß sein Gedächtnis aussetzte? Wenn nun diese Briefe sie in den Selbstmord getrieben hatten? Ich muß den Absender ausfindig machen, dachte Elizabeth.
    Höchste Zeit zurückzugehen. Sie war todmüde und endlich etwas ruhiger geworden. Am nächsten Morgen würde sie die restliche

Weitere Kostenlose Bücher