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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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den Dorfanger überqueren und in die Hauptstraße abbiegen, die aus dem Dorf herausführte, sie fünfhundert Meter weit hinaufrennen und dann nach links in die Bourne Lane einbiegen. Das war die Zielgerade.

    Die ich definitiv erst einmal nicht erreichen würde: Zwei weitere Gestalten, ein Junge und ein Mädchen aus Nathans Gang, saßen dort, wo die Hauptstraße auf den Dorfanger stieß, auf einer Bank. Eine dritte Gestalt lungerte an der Gasse herum, die zur Kirche und zum Gutshaus führte. Von hinten kamen Allan und Nathan schnell näher.
    Offenbar hatte keiner der anderen mich bemerkt. Der Wind übertönte meine Schritte, und das Pärchen war nur mit sich selbst beschäftigt. Der andere Junge versuchte gerade, sich eine Zigarette anzuzünden. Ich lief über den Dorfanger und erreichte die Brücke; dann rannte ich drei Schritte zum Ufer hinunter, duckte mich unter den steinernen Brückenbogen – und begriff, dass ich einen Fehler gemacht hatte.
    Ich war in Panik geraten. Hätte ich das Ganze bis zu Ende durchdacht, wäre ich auf offenem Gelände geblieben und hätte Zetermordio geschrien, sobald einer von denen mir zu nahe kam. Irgendjemand hätte mich bestimmt gehört; die Häuser waren nicht allzu weit entfernt. So oder so – hätten sie es wirklich gewagt, irgendetwas zu versuchen, mitten in ihrem eigenen Dorf? Ich hätte es darauf ankommen lassen sollen.
    Stattdessen hatte ich mich zu ihrer Beute gemacht. Jetzt würden sie mich zur Strecke bringen. Da alle Wege, die vom Dorfanger wegführten, versperrt waren, würden sie bald erraten, wohin ich mich geflüchtet hatte. Sie würden hier herunterkommen, mich unter der Brücke umzingeln. Das durfte ich nicht zulassen.
    Okay, denk nach, los, denk nach. Eigentlich gab es nur eine Möglichkeit: Eine oder zwei Minuten in diesem Versteck ausharren, wieder zu Atem kommen und auf den richtigen Augenblick warten, um loszusprinten. Doch als ich mich in die Schatten unter der Brücke presste, entdeckte ich etwas. In dem Steinfundament am anderen Ufer war ein kleiner Tunnel. Er war kreisrund, mit Ziegelsteinen eingefasst, hatte ungefähr anderthalb Meter Durchmesser und leitete einen der zahllosen kleinen Bäche durch das Dorf. Der Tunnel war fünfzehn,
vielleicht zwanzig Meter lang. Wenn ich dort hindurchkroch, würde ich ziemlich dicht an der Stelle herauskommen, wo Kimberley und ihr Freund saßen. Sie würden nicht damit rechnen, dass ich plötzlich aus dem Erdboden auftauchte. Der Tunnel, so wenig einladend er auch war, könnte mir einen Vorsprung verschaffen. Und ich hatte eine Taschenlampe dabei.
    Ich wate oft durch Bäche und Flüsse. Ich bin an den Ansturm kalten Wassers gegen meine Glieder gewöhnt, an Schlingpflanzen, die sich um mich winden. Aber normalerweise bin ich sehr viel passender gekleidet. Nach drei Schritten über den Fluss war meine Hose bis zur Oberschenkelmitte klatschnass und klebte an mir. Vorsichtig ging ich weiter und nahm mich vor losen Steinen und plötzlichen tiefen Stellen im Flussbett in Acht.
    Am Eingang des Tunnels leuchtete ich mit der Taschenlampe hinein und achtete sorgfältig darauf, dass man von der Brücke aus keinen Lichtschein sehen konnte. Ich würde mich tief bücken müssen, um da durchzukommen, und wenn ich ausrutschte, hätte ich ein echtes Problem. Keine gute Idee.
    Schritte über mir. Jemand stand auf der Brücke.
    »Scheiße, wo ist sie hin? Ihr Penner, was habt ihr gemacht, verdammte Scheiße?«
    »Die blöde Zicke is’ nich’ an uns vorbeigekommen, auf gar keinen Fall.«
    Schlechte Idee oder nicht, es war die Einzige, die ich hatte. Weit vorgebeugt machte ich mich auf den Weg und schauderte, als das Wasser um meine Hüften flutete. Pflanzen hingen von der Decke und streiften mein Gesicht, als ich langsam weiterging. Ein schmales Sims zog sich rechts und links an den Wänden entlang, und ich hielt mich beim Gehen mit beiden Händen daran fest. Es fühlte sich feucht und schwammig an, ziemlich ekelhaft, doch es half mir, das Gleichgewicht zu halten. Ich trat auf etwas, das sich bewegte, und hätte beinahe einen Schrei von mir gegeben.

    Schritte, die unter der Brücke widerhallten. Ich knipste die Taschenlampe aus und drückte mich an die feuchten Ziegelsteine. Als ich zurückschaute, sah ich, wie sich am Eingang des Tunnels eine dunkle Gestalt bewegte. Wenn sie mich einmal entdeckt hatten, konnte einer von ihnen binnen Sekunden am anderen Ende des Tunnels sein. Dort oben kamen sie viel schneller voran als ich hier unten.

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