Schlangenhaus - Thriller
Reverend Percy, als wir auf die niedrige Mauer zugingen, die den Parkplatz von dem sehr viel unwegsameren Gelände am Rand der Steilklippe trennte. »Ich glaube, gleich da drüben ist ein Tor.«
Wir bogen ab und folgten dem Verlauf der Mauer. »Und ich war nicht in dem Dorf angestellt«, fuhr er fort. »Man hatte mir eine Gemeinde zugewiesen, die etwa fünfzehn Kilometer entfernt war. Ich hatte von Reverend Fain gehört, und ich war neugierig. Also bin ich eines Abends mit dem Fahrrad hingefahren und habe an einem Abendgottesdienst teilgenommen.« Wir erreichten das Tor. Percy öffnete es und bedeutete mir mit einer Geste, hindurchzutreten. Einen Augenblick lang hielt ich inne. Der Rand der Steilklippe war sehr nahe und der Boden alles andere als eben. Es war wirklich kein geeigneter Spazierweg für einen Mann Mitte siebzig. Schon gar nicht bei diesem Wetter. »War das am 15. Juni?«, fragte ich.
»Nein, nein, ein paar Wochen vorher. Nach Ihnen, meine Liebe.«
Zögernd trat ich durch das Tor und hielt mich dicht an der Mauer. Ich mochte vielleicht keine gesuchte Mordverdächtige mehr sein, doch das Letzte, wonach mir der Sinn stand, war, erklären zu müssen, wie ein alter Geistlicher in meinem Beisein in den Tod gestürzt war.
»Da war viel Hysterie im Spiel«, berichtete Percy gerade. »Die Leute haben gebrüllt, mit den Armen gefuchtelt, haben gefaselt und getobt. Alles Unsinn, meiner Ansicht nach. Ich habe meinem Pastor Bericht erstattet, und der hat mich gebeten, ein Auge auf das Ganze zu haben. Also bin ich alle paar Wochen hingestrampelt, damit wir wussten, was los war.«
»Was haben Sie von Reverend Fain gehalten?« Percy war dicht an die Mauer getreten, so dass ich außen war, dem Klippenrand am nächsten. Er nahm meinen Arm, und wir gingen los. Der Regen lief mir in den Nacken, und der Wind machte
es schwer, zu verstehen, was er sagte. Percy dagegen schien das schlechte Wetter kaum zu bemerken.
»Ein sehr kluger Mann. Eine beeindruckende Persönlichkeit, er besaß eine enorme Ausstrahlung. Ich dachte, dass er sehr großen Einfluss haben könnte, im Guten wie im Bösen.«
»Und für welchen Pfad hat er sich entschieden?«
Reverend Percy seufzte. »Oh, für den des Bösen natürlich. Das tun Menschen dieses Schlages immer.«
»Aber es hat den Anschein, als hätte er das ganze Dorf mitgenommen.« War es Einbildung, oder drängte Reverend Percy nach links, lotste mich dichter an den Rand der Klippe?
»Nein, nein. Weniger als die Hälfte. Und ehe Sie diesen Menschen Vorhaltungen machen, dürfen Sie nicht vergessen, dass sie vor nicht allzu langer Zeit einen langen und sehr schrecklichen Krieg durchgemacht hatten. Im Falle einiger Älterer sogar zwei Kriege. Die Botschaft, die Fain gepredigt hat, von Zeichen, die das Ende der Welt ankündigen, davon, dass wir die letzten Tage von Gottes Erde erleben würden, das war damals sehr überzeugend. Fain hat behauptet, er wäre ein Mitglied der Schar des Elija, eine Art Heiligentruppe, die von Gott gesandt waren, um alle seine wahren Kinder heimzuholen. Das war der Grund, weshalb er in England war, hat er gesagt, er wäre ein lebender Heiliger. Ich muss sagen, er hat auch immer so ausgesehen.«
Wir waren stehen geblieben. Ein rascher Blick nach links zeigte mir, dass ich nur einen guten halben Meter vom Klippenrand entfernt war.
»Wenn man ein Gemetzel an Millionen von Menschen miterlebt hat«, fuhr Percy fort, »dann bedarf es keines allzu großen Vertrauensvorschusses, um Zeichen der Apokalypse zu sehen.«
»Ich verstehe ja, dass das damals andere Zeiten waren. Aber tagelang fasten? Giftschlangen anfassen? Wie konnte die Kirche derlei gutheißen?«
»Wir haben es nicht gutgeheißen, aber wir mussten vorsichtig
sein. Er hat gegen kein Gesetz verstoßen. Es gab keinen amtierenden Pfarrer in der Gemeinde, und die Leute aus dem Dorf hatten das Recht, in dem Kirchengebäude Gottesdienste abzuhalten.«
Der Reverend lächelte, doch es war ein trauriges Lächeln, und sein Blick war nicht auf meine Augen gerichtet. Der Wind wurde stärker, und allmählich war mir so dicht neben einem zwanzig Meter tiefen Abgrund ausgesprochen unbehaglich zumute.
»Also, was haben Sie getan?«, fragte ich und überlegte, wie ich mich von der Stelle rühren konnte, ohne albern zu erscheinen. Stancey stand jetzt sehr dicht neben mir und beugte sich zu mir herüber.
»Wir haben an Bekannte in den Vereinigten Staaten geschrieben und versucht, so viel wie möglich über Fain
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