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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Und ich wusste, dass sie das nicht tun würde. Am anderen Ende der Leitung war es still geworden. Ich saß da und lauschte dem Wind in den Bäumen. Er wurde stärker.
    »Mrs. Scott?«, hakte ich nach.
    »Sie verstehen doch, dass ich Ihnen darüber keine Auskunft erteilen darf. Normalerweise dürfte ich Ihnen lediglich mitteilen, dass Mr. Dodwell aufgenommen wurde und gegenwärtig Patient bei uns ist. Dann müssten Sie eine Besuchserlaubnis beantragen.«

    »Ich verstehe.« Ich wartete und ahnte, dass noch mehr kommen würde.
    »Können Sie mir mehr darüber sagen, welcher Art Ihr Interesse ist?«, wollte sie schließlich wissen.
    Ich dachte kurz nach. Hatte ich irgendetwas zu verlieren, wenn ich ihr die Wahrheit sagte? Oder wenigstens einen Teil der Wahrheit?
    »In unserem Dorf ist jemand gesehen worden«, sagte ich schließlich. »Das Dorf, wo Mr. Dodwell früher gewohnt hat, bevor er eingewiesen wurde. Jemand ist in die Häuser eingebrochen, in mein Haus. Ich habe ihn gesehen und gedacht, ich hätte ihn wiedererkannt.«
    »Sie kennen Fred?«
    »Nein, nein. Ich dachte, es wäre jemand anderes, ein Mann namens Walter. Aber Walter und Fred sind Cousins. Ich glaube, sie könnten sich ähnlich sehen.«
    Keine Antwort von Rose Scott.
    »Möglicherweise lebt er in dem alten Haus seiner Familie«, fuhr ich fort. »Er hat Leute erschreckt, sie sogar belästigt.« Ich hielt einen Augenblick lang inne. »Dieser Ulfred – ich meine, Fred – es könnte sein, dass er eine Vorliebe für Schlangen hat.«
    »Oh …«
    Ich wartete. Es schien sehr lange zu dauern. »Mrs. Scott«, fragte ich endlich, »sind Sie noch da?«
    »Können Sie noch einmal vorbeikommen?«
    Dafür war keine Zeit. Es würde fast eine Stunde dauern, zu der Klinik zurückzufahren. Wenn auch nur die entfernteste Möglichkeit bestand, das Ulfred noch am Leben war, dann musste ich es Matt sofort wissen lassen.
    »Es tut mir leid. Ich muss mit ein paar Leuten sprechen. Gibt es irgendetwas, das Sie mir sagen können? Das uns vielleicht weiterhelfen könnte?«
    Wieder blieb sie eine Weile stumm. »Okay«, sagte sie schließlich. »Unter diesen Umständen können wir die Regeln wohl
ein bisschen großzügiger auslegen. Fred wurde als sehr junger Mann hierhergebracht. Diese Klinik war so ziemlich die einzige Welt, die er jemals richtig gekannt hatte. Und seinen Unterlagen nach war er schwer traumatisiert, als er herkam. Die Ärzte haben dem nie wirklich auf den Grund gehen können.«
    »Ich verstehe«, meinte ich und dachte im Stillen, dass ich dazu auch eine ganze Weile gebraucht hatte. »Ich glaube, er war behindert«, fuhr ich fort. »Die Leute haben erzählt, er sei blind und taubstumm gewesen. Und dass er… na ja, zurückgeblieben sei, ich weiß nicht genau …« Meine Stimme erstarb; ich war mir nicht sicher, was die politisch korrekte Bezeichnung für zurückgeblieben war.
    »Fred war nicht zurückgeblieben. Von leicht unterdurchschnittlicher Intelligenz, würde ich sagen. Aber er konnte sehr gerissen sein, vor allem wenn es um seine eigenen Interessen ging. Und blind war er auch nicht. Als er herkam, hatte er schwere Glaukome, grauen Star, in beiden Augen. In den Siebzigern wurde er operiert. Sehr gut konnte er nie sehen, aber gut genug. Stocktaub ist er allerdings geblieben.«
    Der Mann in meinem Haus hatte mich nicht die Treppe herunterkommen hören, hatte nicht reagiert, als ich das Glas fallen gelassen hatte und es zerbrochen war.
    »Er konnte Lippenlesen«, sagte Rose Scott gerade. »Und wir haben ihn ein wenig sprechen gelehrt, aber wenn Menschen niemals Geräusche gehört haben, ist die Aussprache immer ein Problem. Sie kriegen den Tonfall und die Betonung nicht richtig hin.«
    Ich dachte an die seltsamen, kehligen Laute, die in jener Nacht aus meinem Keller gedrungen waren, und an das dumpfe Stöhnen, das Matt und ich im Haus der Witchers gehört hatten. Außerdem wurde mir klar, dass Rose von Ulfred in der Vergangenheitsform sprach.
    »Er war nie ein einfacher Patient«, fuhr sie fort. »Haben Sie beruflich etwas mit Medizin zu tun, Miss Benning?«

    »Na ja, ja … ich bin Tierärztin.«
    »Oh, verstehe. Nun, Freds Fall ist im Laufe der Jahre oft neu überprüft worden, als die Theorien sich gewandelt und wir mehr über psychische Krankheiten in Erfahrung gebracht haben. Zuletzt, Anfang der Neunziger, glaube ich, wurden bei ihm zwei verschiedene Erscheinungsformen einer Impulskontrollstörung diagnostiziert. Er war paraphil. Außerdem litt er unter

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