Schlangenhaus - Thriller
zahlreichen Orten der Strom ausgefallen, mehrere Flüsse würden demnächst über die Ufer treten, Straßen waren durch umgestürzte Bäume blockiert und den Menschen wurde geraten, wann immer möglich in ihren Häusern zu bleiben.
Gleich nach dem ersten Klingeln meldete er sich.
»Matt Hoare.«
»Hier ist Clara.«
Scharfes Atemholen. »Haben Sie eigentlich eine gottverdammte Ahnung …« Er hielt inne; ich konnte ihn atmen hören. Ich wartete. »Wo sind Sie?«, fragte er schließlich.
»Ganz in der Nähe. Hören Sie mir einfach zu, bitte. Geben Sie mir fünf Minuten.«
Und Matt, das muss man ihm lassen, tat genau das. Er hörte zu, ohne mich zu unterbrechen, während ich ihm von meiner Begegnung mit Walter und meinem vergeblichen Versuch berichtete, Ulfred in der psychiatrischen Klinik ausfindig zu machen. So gut ich konnte, gab ich Rubys Schilderungen vom Abend des 15. Juni 1958 wieder, dem Abend, an dem Ulfred ermordet worden war. Ich erzählte ihm alles, was ich über Clive Ventry alias Saul Witcher herausgefunden hatte, und erwähnte auch die vermuteten Misshandlungen in dem Kinderheim.
»Er gibt dem Dorf die Schuld, dass seine Eltern vertrieben worden sind«, sagte ich. »Dutzende von Leuten waren an diesem Abend in der Kirche, aber alle haben später anscheinend den drei Witcher-Brüdern die alleinige Verantwor –«
»Clara –«
»Clive Ventry hat Firmen in Papua-Neuguinea. Die Schlange, die wir eingefangen haben, ist ungefähr vier Monate alt. Normalerweise schlüpfen Taipane nach zwei Monaten. Wenn man die Eier kühl lagert, kann man diese Zeitspanne bis auf etwa hundert Tage ausdehnen. Gehen Sie sieben Monate zurück, und ich wette, Sie werden feststellen, dass Clive Ventry bei einem seiner Unternehmen in Papua-Neuguinea vorbeigeschaut hat.«
»Clara, stopp!«
Ich verstummte.
»Ich will genau wissen, wo Sie sind.«
Ich sagte es ihm.
»Schön, ich schicke jemanden, der Sie abholt. Rühren Sie sich ja nicht vom Fleck.«
»Aber nicht Tasker. Der denkt, ich habe Violet umgebracht. Ich komme zurück ins Dorf. Ich stelle mich Ihnen.«
»Hören Sie mir doch mal zu. Wir haben die Handschriftanalyse für das Testament gekriegt, das in Violets Haus gefunden wurde. Es ist nicht Violets Handschrift, und Ihre ist es auch nicht. Violets Fingerabdrücke waren auf dem Blatt, aber nicht da, wo man es erwarten würde, wenn sie es ganz normal angefasst hätte. Das Ganze scheint ein ziemlich ungeschickter Versuch zu sein, den Verdacht auf Sie zu lenken. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand glaubt, er kommt lange damit durch.«
»Was ist mit Fingerabdrücken von mir?«
»Keine Spur. Wer auch immer das Papier aus Ihrem Haus hat mitgehen lassen, er hatte kein Glück. Aber wir haben noch welche gefunden. Irgendjemand hat das Blatt angefasst, der nicht Sie und nicht Violet war.«
Es fiel mir schwer, zu atmen. Dann war es also vorbei?
»Außerdem haben wir die Autopsieergebnisse von Violet«, fuhr Matt mit leiserer Stimme fort. »Ihr Körper weist eine hohe Konzentration von Kreuzottergift auf, aber gestorben ist sie, als jemand ihr ein Kissen auf den Kopf gedrückt und sie erstickt hat.«
Schweigen. Ich konnte ihn atmen hören. Wahrscheinlich hätte er dasselbe von mir behaupten können.
»Alles okay?«, erkundigte sich Matt.
»Jep.«
»Wir haben noch mehr. Anscheinend hat sie sich gewehrt. Unter den Fingernägeln ihrer rechten Hand waren Hautspuren. Wir werden daraus die DNS des Täters ermitteln können, aber derjenige, der sie umgebracht hat, müsste sichtbare Kratzer haben.«
Kurz nach meiner Festnahme war ich von einem Arzt und einer Polizistin untersucht worden. Ich hatte jede Menge Kratzer,
die hatte ich immer, doch keiner davon konnte von menschlichen Fingernägeln stammen. Die DNS-Analyse würde mich entlasten. Matt redete noch immer. Ich zwang mich, genau zuzuhören.
»Ernest Amblin ist gestern von seinem Sohn am Flussufer gefunden worden, kurz vor Mitternacht. Er ist ertrunken, aber der Pathologe hat Quetschungen an seinen Schultern gefunden. Er ist untergetaucht worden, von jemandem, der ziemlich stark war.« Matt schwieg einen Moment lang, und als er weitersprach, war seine Stimme schärfer geworden. »Ich habe gehört, Sie haben ein Alibi für gestern Abend?«
»Ja, ich war bei …« Ich stockte.
»Sean North, ich weiß. Er hilft uns seit heute Morgen bei unseren Ermittlungen. Habe ich Ihnen eigentlich gesagt, dass Sie sich von ihm fernhalten sollen?« Matts
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