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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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meinen Nasenlöchern.
    Doch ich glaube, da wusste ich schon, dass dazu nichts jemals in der Lage sein würde.
    Auf Beinen, die sich wackeliger anfühlten als die eines Kleinkindes, taumelte ich durch den Garten zur Rückseite des Hauses. Ich hatte gedacht, ich hätte alles an Grausamkeiten gesehen, die das Tier Mensch einem anderen antun kann. Ich hatte mich ja so geirrt.
    Der Mann, der auf dem Küchenboden lag, hatte keinen Kopf mehr; nur eine Masse aus zerhacktem, glänzendem Fleisch und Knochen. Teile von ihm – Fetzen seines Gehirns, seines Gesichts und seiner Haare – lagen auf dem Boden umher. Als wäre er einfach explodiert.
    Ein jäher widerlicher Geschmack im Mund warnte mich, dass ich drauf und dran war, mich zu übergeben. Ich blieb stehen, beugte mich vornüber und würgte, doch ich hatte den ganzen Tag nichts gegessen, und es kam nur Galle. Als ich wieder aufrecht stehen konnte, hob ich mein Gesicht abermals dem Himmel entgegen und wünschte mir, mir fielen einmal in meinem Erwachsenendasein die richtigen Worte ein, um mit voller Inbrunst zu beten. Denn wenn ich jemals des Glaubens bedurft hatte, dann jetzt.

    Ruhig, Clara. Wieder die Stimme. So eindringlich, tröstlich vertraut, dass ich mich am liebsten ganz klein zusammengerollt und mich eng in die Wärme und Geborgenheit geschmiegt hätte, von der ich wusste, dass die Stimme genau dafür stand. Ganz ruhig, fuhr die Stimme fort, du weißt, was du als Nächstes tun musst.
    Ich überquerte die Rasenfläche hinter dem Haus.
    Man wird dich sehen, Clara, bleib dicht an der Hecke.
    Ich wandte mich nach der Hecke um, die den Rasen säumte. Sie war ewig weit weg. Ein jähes Bild stieg vor mir auf: Ein menschliches Auge, glatt aus seiner Höhle gesprengt, war einen Meter weit von dem Leichnam weggerollt und lag nun im Staub unter dem Tisch. Ich war hingefallen. Ich kniete auf dem nassen Gras, sank in den Schlamm ein.
    Clara, geh weiter.
    Ich kann nicht.
    Doch, du kannst. Dieser arme Mann, den du dort drinnen gesehen hast, war nicht Matt.
    Ich stemmte mich hoch. Nirgendwo in dem Blutbad auf dem Küchenboden war eine schwarze, längliche Brille zu sehen gewesen. Eine dünne Goldkette um den Hals des Opfers hatte im Licht der Taschenlampe geschimmert, ein Siegelring hatte an seinem kleinen Finger gefunkelt. Matt trug keinen Schmuck. Außerdem stimmte die Kleidung nicht, und der Leichnam war größer und schwerer gebaut als Matt. Ich hatte sofort gewusst, dass ich die sterblichen Überreste von Clive Ventry vor mir sah. Wäre es Matt gewesen, ich glaube, ich würde noch immer dort stehen.
    Es war nicht Matt, es war nicht Matt. Während ich diesen Satz wie ein Mantra vor mich hin murmelte, erreichte ich das untere Ende des Gartens und kletterte über die Mauer, die Clives Garten vom Rest seines Grundbesitzes trennte. Nur war es nicht mehr Clives Garten. Er gehörte seinen beiden Onkeln: dem lange weggesperrten Ulfred und Archie, der einmal versucht hatte, seinen eigenen Cousin zu töten.

    Einen nahen Verwandten umbringen. Archie, Saul senior, Harry und Edeline waren alle an dem Mordversuch an Ulfred beteiligt gewesen. Er war der Cousin von Dreien von ihnen gewesen, der Bruder der Vierten. War das verwandt genug? Wenn Ulfred endlich seine Rache bekam, erklärte das dann die römische Symbolik, die ich immer wieder in den Übergriffen gegen die Opfer erkennen konnte? Aber würde ein Mann von unterdurchschnittlicher Intelligenz, der so gut wie keine Schulbildung genossen hatte, überhaupt jemals von der poena cullei gehört haben? Wahrscheinlich schien das nicht. Bei Saul junior war das natürlich etwas anderes. Wenn er das Dorf für den Tod seiner Eltern verantwortlich machte, so könnte er in der antiken Hinrichtungsweise eine Art gerechten Ausgleich für die erlittenen Qualen sehen. Ob er nun jedoch der Anstifter der jüngsten Angriffe gewesen war oder nicht, wegen ihm brauchte ich mir keine Sorgen mehr zu machen.
    Der Land Rover stand dort, wo ich ihn zurückgelassen hatte. Kein Netz auf dem Handy. Ich musste darauf hoffen, dass Rachel mehr Glück hatte als ich. Ich zog meine tropfnasse Jacke aus und kletterte auf den Fahrersitz.
    Wo fahre ich hin?
    Zu dem Schlangenhaus natürlich.
    Ich sackte nach vorn und mein Kopf prallte schmerzhaft gegen das Lenkrad. Warum? Warum in Gottes Namen muss ich da hin?
    Weil Matt dort hingegangen ist. Er hat Clives Leiche gefunden und hat sich auf die Suche nach Ulfred gemacht. Deswegen hat man seit über einer Stunde nichts mehr

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