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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Ahnung, was er dachte, doch als ich schilderte, wie der Einbrecher mich gepackt hatte, sah ich, wie sich seine Schultern anspannten.
    »Haben Sie sein Gesicht gesehen?«, wollte er wissen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht«, antwortete ich. »Es war dunkel, und ich war total panisch.«
    »Hat er ausgesehen wie irgendjemand, den Sie kannten?«
    Ich senkte den Blick auf die Tischplatte. Konnte ich ihm wirklich erzählen, dass ich gerade einen Toten gesehen hatte? Dass der Leichnam von jemandem, den ich einmal gekannt hatte, mich angefasst hatte? Ich schüttelte den Kopf.
    Der Kessel kochte. Matt drehte sich wieder um und fing an, Schränke zu öffnen, griff nach Teebeuteln, goss Wasser ein. Dann schickte er sich an, Zucker in die Becher zu löffeln. Er hatte mich nicht gefragt, ob ich welchen wollte. Natürlich nicht, doch das schien kaum von Bedeutung zu sein. Ich konnte ihn nicht länger ansehen, nicht einmal, wenn er mir den Rücken zukehrte. Wieder starrte ich auf den Tisch hinunter.
    Ich war gerade in meinem eigenen Haus von einem Mann überfallen worden, der unmöglich existieren konnte. Und doch war das, was ich in jener Nacht empfand, während ich darauf wartete, dass Matt Tee machte und dieser selbst für einen Mann außergewöhnlich lange dafür brauchte, nicht etwa Schrecken über das, was mir soeben zugestoßen war. Oder Angst vor dem, was hinter der nächsten Ecke lauern mochte. Es war Verlegenheit. Und – es gibt wirklich kein anderes Wort dafür – ich empfand abgrundtiefe Scham.
    Sehen Sie, ich habe ein Geheimnis. Von dem ich niemals, nicht in einer Million Jahre erwartet hätte, dass jemand anderes es entdeckt. Ich gebe geradezu lächerlich viel Geld für Dessous und Nachtwäsche aus. Seide, Satin, Chiffon, Spitze – ich liebe es, diese Stoffe auf meiner Haut zu fühlen, wie weich sie über meinen Kopf gleiten und an meinem Körper hinabfließen.
    Für andere Kleidungsstücke investiere ich nur sehr wenig. Wozu auch? Aber wenn es um Unterwäsche geht, bin ich die
pingeligste, anspruchsvollste Kundin, die es gibt. Natürlich besorge ich mir diese Sachen alle im Versandhandel. Ich könnte mir dergleichen niemals im Laden kaufen und die belustigten, mitleidigen Mienen der Verkäuferinnen sehen. Und zu Hause horte ich dann meine Schätze in mit Duftpapier ausgelegten Schubladen.
    Jetzt jedoch hatten zwei Männer innerhalb weniger Minuten mein Geheimnis gelüftet. Matt Hoare hatte die grüne Seide gesehen, durchsichtig wie ein Libellenflügel, die sich an jeden Zentimeter meines Körper schmiegte – und ihn den Blicken preisgab. Genau wie der Mann, dessen Hand sich angefühlt hatte wie feuchtes Moos, das die Gebeine einer Leiche überwuchert. Und so saß ich da, starrte auf die Tischplatte und auf die Fliesen unter meinem Stuhl, und fragte mich, wie ich jemals wieder fähig sein sollte, den Kopf zu heben und Matt in die Augen zu sehen.
    Auf dem Boden waren feuchte Stellen. Kleine Wasserspuren um den Tisch herum. Sowohl Matt als auch ich konnten sie hinterlassen haben; der Rasen draußen war feucht vom Tau. Aber hatten wir auch diese zarte Krautranke mit hereingebracht, die sich um das Tischbein geschlungen hatte? Es war eine Pflanze, die zumeist in Flüssen wächst.
    Ich hörte, wie ein Stuhl über den Boden scharrte und spürte, wie Matt sich mir gegenüber an den Tisch setzte.
    »Was macht das Ungeheuer aus Down Under …«
    »Es ist in sehr kompetenten Händen«, gab ich schroff zurück, ohne aufzublicken.
    »Stimmt es, dass wenn man eine Königskobra tötet, deren Gefährte einen sucht und umbringt?«, erkundigte sich Matt.
    Ich schaute auf. »Was?«
    »Trinken Sie schon, Sie zittern ja. Das habe ich mal gelesen. Wenn man eine Königskobra tötet, muss man sich vorsehen, weil dann deren Gefährte auf Rache aus ist.«
    Ich griff nach meinem Becher, schluckte zu viel auf einmal und verbrannte mir die Zunge.

    »Also, stimmt das?«
    Der Schmerz ließ mir Tränen in die Augen schießen. »Natürlich nicht.«
    »Schade. Ich fand’s ziemlich romantisch.« Und dann saß er da und sah mich einfach nur an. Wieder schlug ich die Augen nieder, doch ich konnte seinen unverwandten Blick spüren. Dann vernahm ich ein leises, dumpfes Geräusch und setzte mich wieder bolzengerade auf. »Was war das?«
    Matt sah verwirrt aus. »Was war was?«
    »Ich habe etwas gehört.«
    Rasch stand ich auf und ging quer durch die Küche. Unter meiner Küche ist ein sehr kleiner Keller, eigentlich kaum mehr als einen

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