Schlangenjagd
keiner von Mafanas Männern zu fliehen versucht. Sie kämpften weiter gegen die Wächter und wussten: Je länger sie durchhielten, desto größer war die Chance ihres Anführers zur Flucht.
Das dreiundzwanzig Meter lange zweimotorige Frachtflugzeug setzte auf, als Cabrillo die Hälfte des Weges zum Flugplatz zurückgelegt hatte. Tiny kehrte die Steigung der Propeller um, gab Gas und entfachte mit dem Luftdruck der Propeller einen veritablen Sandsturm, der das Flugzeug vollständig einhüllte. Das Manöver verkürzte die Distanz, die er zum Landen brauchte, auf weniger als zweihundert Meter, sodass genügend Piste vorhanden war, um gleich wieder gegen den Wind zu starten, ohne zum Anfang der Piste zurückrollen zu müssen. Gunderson stellte die Propellerflügel flach, damit sie keine Luft mehr aufnahmen, drosselte aber die 1.500 PS starken Motoren nur unwesentlich. Das ganze Flugzeug erzitterte unter dem Ansturm mühsam gebändigter Energie.
Juan bemerkte aus den Augenwinkeln eine Bewegung zu seiner Linken. Er wandte den Kopf und sah, wie einer von Mafanas Lastwagen aus dem Gefängnis auftauchte. Männer auf der Ladefläche feuerten weiterhin in den Gefängnishof, während der Fahrer in schneller Fahrt auf das Flugzeug zuhielt. Sekunden später tauchten die anderen drei Trucks auf. Sie fuhren bei Weitem nicht so schnell. Die Befreier versuchten, die Wächter weiterhin an einem Ausbruch zu hindern.
Juan konzentrierte sich wieder auf die
Caribou.
Die Frachtrampe senkte sich herab. Franklin Lincoln stand mit einem Karabiner in der Hand an ihrer Kante. Er winkte Juan zu, löste dabei aber keineswegs den Blick von dem heranschaukelnden Lastwagen. Neben ihm stand ein anderer Schwarzer. Es war einer von Mafanas Männern, den Juan am Tag zuvor dem Flugzeug entgegengeschickt hatte.
Der Boden unter Cabrillos Füßen wurde fester, härter, während sie sich der mit losem Geröll bedeckten Piste näherten, und er beschleunigte seine Schritte, wobei ihm ein neuerlicher Adrenalinstoß half, die Schmerzen noch ein paar Minuten länger zu ignorieren.
Juan erreichte das Flugzeug und wankte wenige Sekunden, ehe der führende Truck die Laderampe wie ein Betrunkener hinauffuhr. Julia Huxley wartete bereits mit ihren Arztkoffern. Sie hatte Tropfbeutel mit Salzlösung an Drähten aufgehängt, die an der Decke der Kabine verliefen, und Kanülen bereit gelegt, um jede Blutmenge zu ersetzen, die die Kämpfer verloren hatten. Juan legte Ndebele behutsam auf eine der mit Nylongeflecht bespannten Bänke und machte dann kehrt, um zu sehen, wie er sich als Helfer noch weiter nützlich machen könnte.
Linc hatte bereits die hintere Ladeklappe des Trucks geöffnet. Ein Dutzend verwundete Männer lagen verstreut auf der Ladefläche, und über dem Dröhnen der Motoren konnte Juan ihr Jammern und Stöhnen hören. Blut tropfte von der Ladefläche.
Lincoln hob den ersten Mann heraus und trug ihn in den Frachtraum des Flugzeugs. Ski war direkt hinter ihm. Er trug einen anderen Verwundeten. Mike und Eddie hatten einen dritten zwischen sich. Er war ein Bär von einem Mann. Blut tränkte seine Hose von den Oberschenkeln abwärts. Juan half einem Mann, der noch laufen konnte, beim Aussteigen. Er drückte den Arm an seine Brust. Es war Mafana, und sein Gesicht wirkte aschfahl, aber als er Moses Ndebele an ein Schott gelehnt dasitzen sah, stieß er einen lauten Freudenschrei aus. Die beiden verwundeten Männer begrüßten einander so gut es ging.
Am Gefängnis fuhren die restlichen Trucks hinaus in die Wüste, wobei ihre Räder Staubsäulen hochwirbelten, die sich bis in den Himmel schraubten. Sekunden später erschienen zwei andere Fahrzeuge. Das eine machte sich an die Verfolgung der flüchtenden Allradfahrzeuge, während der zweite Lastwagen den Weg zum Flugplatz einschlug.
»Juan!«, rief Linc über den Lärm, während er mit einem anderen Verwundeten auf den Armen die Rampe betrat. »Das ist der letzte. Sag Tiny, er soll uns rausbringen.«
Juan winkte zur Bestätigung und schlängelte sich nach vorn. Tiny lehnte sich gerade aus seinem Sessel und konzentrierte sich wieder auf seine Kontrollen, als Cabrillo ihm mit dem Daumen das Okay-Zeichen gab. Er änderte sofort die Stellung der Propellerflügel, und das große Flugzeug begann loszurollen.
Cabrillo ging wieder nach hinten. Julia schnitt soeben die Buschjacke eines Mannes auf und legte zwei Einschusslöcher in seiner Brust frei. Die Wunden blubberten. Seine Lunge war getroffen worden.
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