Schlangenjagd
weil sie nicht genug Wasser mitgenommen hatten.
Merrick ging es von allen am schlechtesten, da er gefesselt und geknebelt war und an der Seite des Trucks lehnte, wo es nur die Andeutung eines Schattens gab. Seit der Heroininjektion hatte er das Bewusstsein nicht wiedererlangt, und sein sonnenverbranntes Gesicht war mit einer Kruste getrockneten Schweißes umrahmt. Fliegen kreisten summend über seiner Schusswunde.
Das Flugzeug überquerte einmal die unbefestigte Piste, und alle winkten, als es über ihre Köpfe hinwegflog. Der Pilot wackelte mit den Tragflächen und kam in großem Bogen zurück. Es schwebte etwa dreißig Meter weit über die Rollbahn, ehe der Pilot es endlich nach unten zog. Er nahm schnell das Gas zurück und lenkte die Maschine genau dorthin, wo der Truck am Rand des Flugfeldes parkte. Die verlassene Stadt lag einige hundert Meter hinter ihnen. Sie war nicht mehr als eine Ansammlung dem Verfall preisgegebener Gebäude, die sich die Wüste nach und nach einverleibte.
Eine Rampe am Heck des Flugzeugs wurde langsam herabgelassen und erinnerte Nina an eine mittelalterliche Zugbrücke. Ein Mann, den sie nicht kannte, erschien und kam auf ihre Gruppe zu. »Nina?«, rief er und übertönte den Motorenlärm.
Nina ging ihm entgegen. »Ich bin Nina Visser.«
»Hi«, sagte er in freundlichem Tonfall. »Dan Singer wollte, dass ich Ihnen erzähle, dass die Vereinigten Staaten ein Programm namens Echelon haben. Damit kann man nahezu jede elektronische Unterhaltung auf der ganzen Welt abhören.«
»Und?«
»Sie sollten mit dem, was Sie übers Satellitentelefon mitteilen, ein wenig vorsichtiger sein, denn gestern hat jemand mitgehört.« Noch während sie die Bedeutung seiner Worte verarbeitete, ließ Cabrillo seine freundliche Maske fallen und holte eine Pistole hinter seinem Rücken hervor und zielte damit auf Nina Vissers hohe Stirn. Drei weitere Männer kamen die Rampe der
Caribou
herunter, angeführt von Linc. Jeder war mit einer MP-5-Maschinenpistole bewaffnet, dann ließen sie die Läufe von einem zum anderen wandern. »Ich hoffe, Ihnen gefällt es hier draußen«, fuhr Juan fort. »Wir haben einen ziemlich engen Terminplan und nicht die Zeit, um Sie zur Polizei zu schaffen.«
Einer der Umweltfanatiker verlagerte sein Gewicht, um sich zu ihrem Truck vorzubeugen. Juan feuerte einen Schuss dicht genug vor seinen Fuß, um die Gummisohle seines Schuhs einzukerben. »Überlegen Sie sich gut, was Sie tun.«
Linc hielt die Umweltkrieger in Schach und machte Juan den Weg frei, um Geoffrey Merrick zu befreien, während die anderen beiden Mitglieder der Corporation jeden der Entführer mit Plastikhandschellen fesselten. Merrick war bewusstlos, sein Hemd steif von getrocknetem Blut. Julia befand sich an Bord der
Oregon
und versorgte die verwundeten Freiheitskämpfer von Simbabwe, aber einer ihrer Sanitäter war bei diesem Einsatz auch mitgeflogen. Juan überließ Merrick dem medizinischen Experten und kehrte in den Sonnenschein zurück, bewaffnet mit zwei Kanistern Wasser.
»Wenn Sie das sorgfältig rationieren, sollten Sie damit eine Woche auskommen.« Er hievte die Kanister auf die Ladefläche des Trucks.
Dann durchsuchte er das Fahrzeug und fand Ninas Satellitentelefon im Handschuhfach. Außerdem entdeckte er zwei Gewehre und eine Pistole.
»Kinder sollten nicht mit Waffen spielen«, sagte er über die Schulter, während er zum Flugzeug zurückkehrte. Dann hielt er inne und kam zu der Gruppe zurück. »Beinahe hätte ich etwas vergessen.«
Er ließ den Blick über ihre Gesichter wandern und entdeckte genau die Person, die er suchte, während sie versuchte, sich hinter einem hochgewachsenen bärtigen jungen Mann zu verstecken. Juan ging hinüber und ergriff Susan Donleavys Arm. Der Mann, der sie beschützte, holte aus und zielte auf Cabrillos Kopf. Der Versuch wirkte aber unbeholfen, Juan wich dem Schlag locker aus und hatte plötzlich seine 9-mm-Pistole in der Hand. Er drückte ihre Mündung zwischen den erschrockenen Augen des Studenten gegen seine Stirn. »Wollen Sie das nicht gleich noch ein zweites Mal versuchen?«
Der junge Mann trat zurück. Juan zog Susan Donleavys Fesseln eng genug, um ihr klarzumachen, dass Schlimmes auf sie wartete. Dann brachte er sie zum Flugzeug. An der Rampe hielt er inne und wandte sich an die beiden Mitglieder des Teams, die zurückbleiben würden. Sie hatten einen Gummibehälter voller Benzin für den Truck vom Flugzeug abgezweigt. »Sie kennen doch den Ablauf,
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