SCHLANGENWALD
Strecken der Theiß, die in die Donau mündet, derart verwüstet, dass sich die Pflanzen- und Tierwelt erst in Jahren erholen wird. Oder in Griechenland soll eine Goldmine abgebaut werden, unter deren Giftauffangbecken die Grundwasseradern verlaufen, aus denen die Region ihr Trinkwasser bezieht. So viel zum weltweiten Goldabbau. Bloß, wo ist die Verbindung zur Ferienanlage? In dieser Gegend war nie eine Goldmine.“
Nun mischte sich Paula ein: „Der Plan da zeigt ganz sicher die Anlage. Seht her!“ Sie breitete das Papier auf dem Tisch aus. „Hier ist der Eingang, hier geht die Straße entlang und hier in der Mitte befindet sich das Hauptgebäude. Dieses kleine Viereck dürfte das Restaurant von Emilio sein und diese schraffierten Bereiche sind der Wellness- und der Sportbereich.“
„Und das rote Kreuz außerhalb der Mauer?“, fragte Sally.
„Vielleicht gibt es dort einen weiteren Eingang.“
Blanco nickte. Die beiden Frauen sahen ihn an. „Ihr könnt euch doch noch erinnern, was ich euch von Ricarda und dem Gespräch mit dem Bauarbeiter gesagt habe. Vielleicht hängt dieses Kreuzchen damit zusammen. Es könnte ja den Eingang zu dem unterirdischen Raum markieren.“
„Den sie dann wieder zugeschüttet haben?“, fragte Sally. „Welchen Sinn soll das machen?“
„Ich glaube für Ricarda machte es Sinn, sonst hätte sie diese Unterlagen nicht in das Versteck gelegt“, mischte sich Paula ein. „Wir sollten davon ausgehen, dass alles logisch miteinander verbunden ist.“
„Na klar ist es das!“, rief Blanco plötzlich. Er legte triumphierend die Kopie eines Zeitungsartikels aus dem Vorjahr auf den Tisch, der sich ebenfalls bei den Unterlagen befunden hatte.
„Ökologisches Desaster nach stillgelegter Goldmine“ stand da in Riesenlettern als Überschrift. Es ging um die Goldmineeiner amerikanischen Betreiberfirma, die vor Jahren im Süden Costa Ricas aufgelassen worden war. Nach zehn Jahren Tagbau war nicht nur die Landschaft nachhaltig zerstört, weil die Betreiberfirma mehrere Hügel abgebaut hatte. Weitere Untersuchungen ergaben, dass zahlreiche Wasserläufe verseucht und Spuren von Blausäure und anderen Giftstoffen im Boden zu finden waren. Einige der Minenarbeiter waren in der Zwischenzeit verstorben oder an Krebs erkrankt. Unter dem Druck der Regierung hatte sich das Unternehmen verpflichtet, seine Goldmine stillzulegen, die Giftabfälle einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und für eine Bepflanzung der abgetragenen Hügel zu sorgen.
„Ich würde sagen, damit schließt sich der Kreis“, meinte Blanco zu Paula und Sally, als sie den Artikel fertig gelesen hatten. „Wir haben einen Vertrag über die Abnahme von sodium cyanide , es gibt irgendwo unter der Ferienanlage einen unterirdischen Raum und …“, er sah besorgt in die Runde, „ich habe die Ergebnisse einer Untersuchung, laut der es überhöhte Blausäurewerte gibt.“
Blanco tippte mit seinem Finger auf den Artikel. „Ich bin sicher, dass diese Giftabfälle irgendwie mit Tico World zusammenhängen.“
„Die Geschichte wird immer dubioser“, stellte Sally fest. „Wenn Ricarda wirklich so unvernünftig war, Kandin direkt darauf anzusprechen, dann sollten wir zusehen, dass wir sie bald finden.“
Dass Kandin sie längst beseitigt haben könnte, sprach Paula nicht laut aus.
4.
Am späten Nachmittag machten sich Blanco, Sally und Paula erneut auf den Weg nach Tico World. Den Taxifahrer, der pünktlich um fünf Uhr vorgefahren war, schickten sie weg und baten ihn, gegen zehn Uhr abends wiederzukommen. Damit er es sich nicht anders überlegte, gab ihm Sally eine Anzahlung. Allerdings war auch diese schon beträchtlich. Für den Fall, dass er sie nicht antraf, sollte er mit Sallys Ehemann Kontakt aufnehmen und ihm einen Brief überbringen.
Es hatte aufgehört zu regnen. Der Himmel war noch immer bedeckt, und so war es noch früher als sonst dunkel geworden. Bis auf die Lichtkegel der Taschenlampen, in denen Insektenschwärme tanzten, umgab sie schwarze Nacht. Nicht einmal der Mond ließ sich sehen. Ihre Schuhe klebten bei jedem Schritt im Schlamm fest und manchmal versanken sie knöchelhoch darin. Überall sammelten sich Wasserlacken. Paula hatte ihre wunden Füße mit Pflastern beklebt und ihre Sportschuhe angezogen. Die waren viel bequemer, auch wenn sie bald durchweicht waren. Sobald die drei die Umgrenzung von Tico World erreicht hatten, bogen sie ins unwegsame Gelände ab und gingen die Mauer entlang. Auf
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