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Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)

Titel: Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Frank
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sollte ihm empfohlen werden, weniger Fett zu sich zu nehmen und mehr Sport zu treiben.
    Werte für Cholesterin, Blutdruck, Blutzucker und Gewicht, die über der Norm liegen, gelten als Risikofaktoren.Wenn dann die einzelnen Risikofaktoren, wie von den Leitlinien der Deutschen Hochdruckliga gefordert, addiert werden, muss dem Patienten ein stark erhöhtes Risiko für eine Herzerkrankung bescheinigt werden. Darüber hinaus besteht wegen des Übergewichts gemäß Deutschem Krebsforschungsinstitut ( DKFZ ) ein erhöhtes Krebsrisiko. Die dringende Empfehlung lautet also: gesünder essen, mehr bewegen und in 3 Monaten eine Kontrolle vornehmen lassen.
    Die Kontrolluntersuchung zeigt dann keine wesentlichen Änderungen. Ich schicke den Patienten zum Kardiologen, der beginnende leichte Ablagerungen in den Halsschlagadern feststellt und einen leicht verzögerten Blutdruckrückgang nach dem Belastungs- EKG . Nun folgen Überlegungen zum Einsatz von Medikamenten, um das Risikoprofil zu verbessern. 2 Tabletten werden verordnet: Statine zur Senkung des Cholesterinspiegels und ein ACE -Hemmer zur Senkung des Blutdrucks. Bezüglich des Zuckerprofils wird abgewartet, doch eine medikamentöse Senkung wird wahrscheinlich, denn auch der Langzeitzuckerwert, das HbA1c, liegt über 6 und damit über Norm.
    Nach einigenWochen kommt der Patient wieder und klagt über Reizhusten und Muskelschmerzen. Da ich gelesen habe, dass ACE -Hemmer nicht selten Reizhusten auslösen, wechsle ich auf ein sogenanntes Diuretikum gegen den Bluthochdruck. Für die Muskelschmerzen empfehle ich eine Salbe, verschreibe Magnesiumtabletten. Da die Schmerzen jedoch bis zum nächstenTermin bei mir nicht verschwunden sind, überweise ich den Patienten zu einem Orthopäden und zu einem Neurologen. Außerdem nehme ich erneut Blut ab, um eine entzündliche chronische Muskelerkrankung als Ursache auszuschließen. Bezüglich des Gewichts empfehle ich dieTeilnahme an einem wissenschaftlich begleiteten Abnehmprogramm der AOK mit Ernährungsberatung. Da dieVerdauungsbeschwerden zunehmen, stelle ich zusätzlich die Diagnose Reizdarm und stelle eine Überweisung zum Darmspezialisten aus, der eine Darmspiegelung durchführen soll. Er findet nichts, empfiehlt aber wie die AOK -Ernährungsberater zusätzlich Ballaststoffe. Dadurch verschlechtern sich die Beschwerden weiter.
    So würde ich es richtig machen und doch total falsch. Der Mann ist nämlich so gesund, wie man nur gesund sein kann.Weder ist sein Gewicht in einem Bereich, der seine Gesundheit gefährdet– er befindet sich sogar in der Gewichtsklasse, die statistisch gesehen am längsten lebt–, noch sind sein Cholesterin- oder Blutzuckerspiegel erhöht. Auch sein Blutdruck macht mich nicht nervös.Trotzdem hänge ich ihm 4 Diagnosen an und mache ihn zum Dauerpatienten.Trotzdem wird er mit nebenwirkungsreichen Medikamenten behandelt. Und diese Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Muskelschmerzen durch den Cholesterinsenker Statin, werden häufig nicht erkannt, was eine ganze Reihe weiterer unnötiger Untersuchungen nach sich zieht. Ganz sicher würde man eine Reihe von tödlichen Nebenwirkungen nicht mit diesen Medikamenten in Zusammenhang bringen, sollten sie auftreten oder sogar zumTod führen, wie durch akutes Nierenversagen oder schwere Leberfunktionsstörungen. Eher würde dem Patienten wegen erhöhter Leberwerte Alkoholmissbrauch unterstellt, als dass sich jemand die Medikation genauer anschauen würde. Außerdem verschlechtere ich die Lebensqualität meines Patienten, da er Dinge essen soll, die ihm nicht schmecken, obwohl deren besonderer gesundheitlicher Nutzen längst widerlegt ist. Durch die angeblich » gesunde Ernährung « werden seineVerdauungsbeschwerden sogar verschlimmert. Und ich setze ihn lebensverkürzenden Jo-Jo-Effekten aus. Darüber hinaus jage ich ihm noch tüchtig Angst vor Herzinfarkt und Krebs ein. Ich bestelle ihn alle 6 Monate zur Kontrolle, damit er auch nicht im Ansatz auf die Idee kommen könnte, dass dies alles gefährlicher Unfug sein könnte, der dazu dient, meinenTerminkalender zu füllen. Mit meinemVorgehen stehe ich im Einklang mit der medizinischen Lehrmeinung, obwohl ich diesem Mann nur Schaden zufüge. Ich mache mich sogar rechtlich angreifbar, wenn ich ihn anders und damit besser behandle.
    Langsames Erwachen
    Als ich vor 20Jahren begann, als Arzt zu arbeiten, erkannte ich die Fehlentwicklungen in der modernen Medizin nicht sofort. Im Studium und bei der anschließenden

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