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Schlehenherz

Schlehenherz

Titel: Schlehenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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lauf!«, feuerte Grover ihn an und rannte mit Monika zusammen hinter dem Hund her.

    Meine Kräfte waren erschöpft. Ich wusste, ich hatte verloren. Der Mörder riss mich hoch und ich sah – zum ersten und wahrscheinlich letzten Mal – seine Augen. Es waren zwei schwarze Teiche. Kein Mitleid, kein Gefühl war darin, ich blickte in einen dunklen Abgrund aus Hass und Unbarmherzigkeit.
    Da ertönte ein dumpfes Knurren, es kam allerdings nicht aus Schäfers Mund. Ehe ich mich darüber wundern konnte, verschwand sein verzerrtes Gesicht plötzlich aus meinem Blickfeld. Ein dumpfer Schlag, als er zu Boden stürzte, dann war etwas Großes, Schwarzbraunes über ihm. Ich sah scharfe Zähne blitzen und hörte erneut das Knurren. Ein Wolf, dachte ich zuerst. Doch dann erkannte ich, dass es sich um einen mächtigen schwarzen Hund handelte, der mir bekannt vorkam.
    »Diavolo, fass!«, sagte eine mir ebenfalls bekannte Stimme und dann war wie durch ein Wunder die Polizeikommissarin an meiner Seite und half mir auf die Beine. Jetzt sah ich auch Grover, der zu seinem Hund trat. Diavolo stand mit drohend zurückgezogenen Lefzen grollend undgeifernd über meinem Angreifer: Andreas Schäfer, der Kioskverkäufer unserer Schule, der immer so harmlos ausgesehen hatte. Der Vio den Tod gebracht hatte und auch beinahe auch zu meinem Mörder geworden wäre. Und wer weiß, ob nicht Nessie als drittes Opfer vorgesehen war, schließlich hätte er sicher keine Zeugin gebrauchen können.
    Doch jetzt war nichts mehr von dem eiskalten Verbrecher übrig. Wimmernd lag er auf dem Boden, die Arme schützend um den Kopf geschlungen: Ein feiges Häufchen Elend, der ein Mädchen auf dem Gewissen, aber Angst vor einem Hund hatte.
    Bei dem Gedanken, dass Vio nicht das Glück gehabt hatte wie ich und sie Schäfer ausgeliefert gewesen war, hätte ich am liebsten einen dicken Ast gepackt und so lange auf ihn eingeprügelt, bis ich nicht mehr konnte.
    Doch da zog Grover seinen Hund weg und sofort war die Kommissarin zur Stelle. Handschellen klickten, dann blickte sie mich an. »Es ist vorbei, Elina.«
    Endlich löste sich meine Anspannung. Ich sank auf die Knie und die Tränen strömten mir nur so aus den Augen. Da hörte ich ein leises Winseln: Diavolos warmer, pelziger Körper drückte sich an mich und seine nasse Hundezunge fuhr mir quer über die Wange. Ich vergrub mein Gesicht an seinem borstigen Hals und weinte die ausgestandene Angst, meinen Kummer, aber auch meine Dankbarkeit in Diavolos Fell.

12. Kapitel

    Es dauerte lange, bis ich mich von den Ereignissen an der Loisachkapelle erholt hatte.
    Kurz nachdem die Kommissarin Andreas Schäfer die Handschellen angelegt hatte, erklangen Sirenen, die rasch näherkamen. Ich sah, dass sie und Grover einen Blick tauschten, ehe er kopfschüttelnd sagte: »Am Arbeitstempo Ihres Teams sollten Sie aber noch arbeiten, Frau Kommissarin!«
    Er hatte Glück, dass sie gerade damit beschäftigt war, Schäfer zu bewachen. Nur deswegen kam er wahrscheinlich um einen polizeilichen Rüffel für sein loses Mundwerk herum. Vier Beamte waren zur Verstärkung eingetroffen und die Kommissarin übergab ihnen Vios Mörder. Dann steckte sie den Schlüssel, den sie Schäfer abgenommen hatte, ins Schloss der hölzernen Kapellentür.
    Knarrend schwang sie auf. Wie eine Wespe, deren Nest kurz vorm Ausräuchern stand, schoss Nessie aus dem winzigen Altarraum. Als sie mich sah, stockte sie. Dann schrie sie: »Lila!«, und stürzte auf mich zu. Schluchzend fiel sie mir um den Hals und stammelte: »Ich hatte solche Angst, er hätte dich erwischt!«
    Eine Sekunde stand ich mit hängenden Armen da. So sehr mich Nessie rührte und so dankbar ich ihr war – in diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass es mir mit Vio genauso gegangen wäre: Wie gerne hätte ich sie im Arm gehalten, mit genau den Worten, die Nessie eben zu mir gesagt hatte. Wie glücklich wäre ich gewesen, wenn ich Vio damals hätte retten können.
    Aber weil ich die Zeit nicht zurückdrehen konnte undNessie sich die vergangenen Tage als zuverlässige Verbündete erwiesen hatte, erwachte ich aus meiner Starre. Ich schlang meine Arme um sie und drückte sie an mich. Sprechen konnte ich nicht, also nickte ich nur ein paar Mal, ehe ich mich behutsam aus der Umarmung löste.
    Nessie schniefte. Dann fuhr sie sich energisch durch die Haare und wischte sich über die Augen. Grover musterte ihre wirre Frisur, die verteilte Wimperntusche um ihre Augen und sagte trocken:

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