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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wiechmann
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handeln. Zwillinge. Oder aber Stefano und Matteo redeten mit ein und derselben Frau, und ich hatte nur schon wieder zu viel getrunken. Auszuschließen war das nicht. Francesca und Elisa ließen sich derweil von zwei Bayern am Nebentisch in die Kunst des Nachahmens von Vogelgesängen einweihen. Während die Bayern ihren Händen vorm Mund allerlei Triller und Pfiffe entlockten, klangen die Geräusche, die Francesca und Elisa machten, nach Furz. Alle hatten einen Mordsspaß.
    »Max, wir haben den Steiner Toni verloren!«, rief ich zwei Stunden später in mein Handy.
    »Wie verloren?«, schrie Max zurück. An den wohlbekannten Geräuschen im Hintergrund erkannte ich, dass Max ganz in der Nähe sein musste. Irgendwo auf der Wiesn.
    »Er ist halt nicht mehr da«, brüllte ich zurück. »Ich glaub, er ist mit einer Freundin von Francesca weg.«
    »Wie alt?«
    »Was?«
    »Wie alt ist die Freundin? Über achtzehn oder unter achtzehn?«
    »Über achtzehn natürlich.«
    »Ja mei, was regst di denn so auf? Möge der Wille des Herrn geschehen. Dir hat’s doch auch net geschadet, mit einer Italienerin anzubandeln.«
    »Ja, aber das ist doch was ganz anderes. Ich glaube nicht, dass der Steiner Toni ernste Absichten hat.«
    »Du … über die ernsten Absichten … da reden mer ein andernmal drüber. Des passt scho mit’m Toni. Der findet immer heim.« Er legte auf.
    Als wir gegen siebzehn Uhr aus dem Zelt gingen, waren wir noch alle zusammen gewesen. Dessen war ich mir sicher. Wir waren sogar zwei Personen mehr. Die kanadischen Zwillinge. Im Gewühl der Wirtsbudenstraße mussten wir dann jedoch Letizia und Anton verloren haben. Oder sie uns. Absichtlich? Sie zu suchen war zwecklos. Elisa hatte versucht, Letizia ein paarmal anzurufen, doch sie ging nicht ans Telefon. Während Stefano und Matteo, angeregt durch die Erzählungen der Brunners am Vorabend, mit den Zwillingen die Klassiker unter den Fahrgeschäften unsicher machen wollten, zog es Elisa, Francesca und mich heim. Es galt ja auch, den tanzenden Oskar zu erlösen.
    Oskar hatte uns nicht wirklich vermisst. Eigentlich hätten wir uns darüber freuen sollen, doch Francesca hielt wie immer mit ihrer Eifersucht nicht hinterm Berg. Erst als Oskar mit Händen und Füßen und voller Stolz vorführte, wie eine Blume wächst, eine Fahne im Wind weht und wie ein Schneemann schmilzt, war sie wieder versöhnt. Ich hatte mir unter Kindertanz etwas ganz anderes vorgestellt. Der Ansatz von Frau Pschierer gefiel mir. Gegen zwanzig Uhr trudelten die Brunners wieder ein, krebsrot im Gesicht von der kräftigen Herbstsonne, und boten mir an, um Haus und Hof zu würfeln. Da ich weder über das eine noch das andere verfügte, ließen sie von mir ab. Ob sie vielleicht etwas vom Steiner Toni gehört hätten? »A geh, der kimmt scho wieder.« Hoffentlich fanden wenigstens Carlo und Matteo wieder heim, dachte ich, als ich zwei Stunden später erschöpft einschlief.
    Am nächsten Morgen war ich früh wach. In unserer Wohnung herrschte die himmlische Ruhe eines Sonntagmorgens. Ich lag eine Weile einfach nur da und genoss die Stille. Oskar hatte offensichtlich in der Nacht versucht, mit mir zu verwachsen. Seine Arme und Beine waren regelrecht in mich geknotet. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, löste ich mich von ihm und ging ins Badezimmer. Ich hatte die Tür schon halb offen, als mir von drinnen eine Frauenstimme entgegenrief:
    »Stop … ohhh sorry, I left the door open! One moment please!«
    Ich schloss die Tür, so schnell ich konnte. Was für ein Schreck. Wer redete da mit mir? Das war weder die Stimme von Elisa noch die von Letizia. Den versprochenen Augenblick später huschte eine der beiden kanadischen Zwillingsschwestern nur mit T-Shirt und Unterhöschen bekleidet und mit einem schüchternen Lächeln auf den Lippen an mir vorbei und verschwand im Kinderzimmer, in dem Stefano und Matteo schliefen. Ganz offensichtlich hatten die beiden gestern Abend wieder hergefunden. Und nicht nur sie.
    Nachdem ich mich gewaschen und angezogen hatte, ging ich in die Küche und begann einen Eimer Kaffee zu kochen. Nach und nach wurden auch die anderen wach, und die Wohnung war wieder von Lärm, Lachen und Gewusel erfüllt. Der körperliche Zustand unserer Gäste reichte von regnerisch über leicht bewölkt bis heiter. Abhängig davon gaben alle ihr Bestes. Matteo und Diane, einer der beiden Zwillinge, übernahmen den Weg zum Bäcker, Michi und Seppi räumten alles, was sie im Kühlschrank finden konnten, auf

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