Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
wenn der Fußball spielt!« Ich erinnerte mich daran. Champions-League-Abend Barcelona gegen Kiew. Es war mal wieder eine Demonstration des kleinen Argentiniers gewesen. Ich dachte jedoch immer, dass alles, was ich Francesca über Fußball erzählte, von ihr gleich wieder vergessen wurde. Sie hasste Fußball.
»Tja und genau das habe ich auch zu Oskar gesagt. Wenn er gut Fußball spielen will, muss er wissen, was er mit seinen Füßen macht, und das lernt man am besten beim Tanzen.«
»Du hast ihn beschissen! Genau wie die Brunner-Brüder vorhin beim Würfeln!«
»Ma dai, du bist immer so streng … Übrigens, du musst dem Michi und dem Seppi morgen eine Maß Bier auf dem Oktoberfest spendieren!«
»Wieso das denn?!«
»Ach, ich hab das mit dem Würfeln auch kurz ausprobiert, als du einkaufen warst.«
Am nächsten Morgen herrschte beim Frühstück im Lager der Italiener Panik. Im Radio war gerade verkündet worden, dass bereits alle Bierzelte auf dem Oktoberfest wegen Überfüllung geschlossen seien. Um zehn Uhr morgens. Mamma mia, sollte man etwa die weite Reise umsonst gemacht haben? Doch der Steiner Toni beruhigte die Lage.
»I bring euch scho nei! Niente problemo!«
Wie wollte er das anstellen? Die Zelte waren doch zu. Wir würden sicherlich stundenlang warten müssen. Was für ein Reinfall!
Auf dem Oktoberfest angekommen, verabschiedeten sich Michi und Anton, um zu Max zu stoßen. Der hatte für seine Unmenge an Gästen Plätze draußen in einem der Biergärten vor den Zelten organisiert. Sollten wir wider Erwarten nicht in eines der Zelte reinkommen, könnten wir wieder zu ihnen stoßen. Francescas Spielschulden überließen sie großzügig dem Steiner Toni.
Die Theresienwiese glich einem Ameisenhaufen. Nur, dass ich mir nicht sicher war, ob die Leute, die hier in alle Richtungen liefen, wie die Sechsbeiner einen Plan hatten. Wir kämpften uns zur Wirtsbudenstraße durch. Vor den geschlossenen Haupteingängen standen hunderte Menschen. Es war unmöglich, auch nur in die Nähe der Türen zu gelangen. Immer wieder schob das Sicherheitspersonal die Leute zurück, damit niemand am Eingang zerquetscht wurde. Doch der Steiner Toni hatte gar nicht die Absicht, dorthin zu gelangen. Er hatte sich bei Letizia untergehakt und zog sie in die Seitenstraße zwischen Hacker-Festzelt und Hofbräu-Festhalle. Er bedeutete uns, zu folgen, und lotste uns zu einem der Notausgänge. Auch dort hatte sich eine, wenn auch deutlich kleinere Menschentraube versammelt. Da die Haupteingänge nicht mehr geöffnet wurden, mussten die Leute im Zelt durch die Nebenausgänge herausgehen. Dass Leute das Zelt verließen, bedeutete jedoch noch lange nicht, dass auch wieder welche hineindurften, wie man an den verzweifelten Gesichtern der Wartenden sehen konnte. Doch auch davon ließ sich der Steiner Toni nicht beirren. Er ging auf die Tür zu, als würde das Zelt ihm gehören, und klopfte energisch an die Tür. Der Wachmann drinnen öffnete, Steiner Toni sprach kurz mit ihm und zeigte auf uns sechs. Der Wachmann nickte. Dann zog Toni eine Visitenkarte aus der Tasche seiner Lederhose, schrieb etwas darauf und gab sie dem Wachmann. Toni winkte uns heran. Schmollende Blicke und ein leichtes Murren begleiteten uns auf dem Weg zur Tür. Dann waren wir drin.
Eine Viertelstunde später hatten wir sogar einen Tisch in dem überfüllten Zelt gefunden und ich den ersten Teil der Spielschulden von Francesca beim Steiner Toni beglichen.
»Was hast du eigentlich dem Wachmann an der Tür gesagt?«, fragte ich neugierig.
»Ich hab ihn nur gefragt, ob er eine Freundin hat oder verheiratet ist«, meinte der Schönling schelmisch.
»Und?«
»Ja, er hat a Freundin.«
»Aber wieso hat er uns dann reingelassen?«
»Weil er für sei Freundin ein sehr exklusives Wellness-Wochenende bei mir im Hotel gebucht hat. Alle Behandlungen inklusive.« So wie der Steiner-Toni es formulierte, klang es fast so, als hätte der Wachmann sich selbst geschmiert.
Drei Stunden später hatten die Ereignisse in der bayerischen Halle zur Bildung der Gefühle die Richtung genommen, die sie immer zu nehmen scheinen. Der Steiner Toni knutschte wild mit Letizia. Stefano und Matteo, die eine Stunde gebraucht hatten, um zu glauben, dass alles, was sie sahen, echt und kein Traum war, hatten am Nebentisch Beute gemacht. Wenn die weißen T-Shirts mit den großen roten Ahornblättern darauf etwas mit der Herkunft ihrer Trägerinnen zu tun hatten, musste es sich um zwei Kanadierinnen
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