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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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betrachten, und morgen würde die Welt lernen, ihn anders zu sehen. Er wünschte sich fast, er könnte da sein, um mitzuerleben, was sie alle zu sagen hatten. Es gefiel ihm nicht, dass er seine Eltern und seine Brüder verlassen musste, die für ihn die Suppe auslöffeln mussten. Aber es gab keine andere Möglichkeit.

    Überall in Bradfield schliefen Menschen zum letzten Mal miteinander. Manche liebten sich, andere ertrugen einander gerade eben noch, andere waren sich gleichgültig. Sie hatten alle nur eines gemeinsam: Sie hatten keine Ahnung, dass ihr Leben in Kürze auseinandergerissen werden würde. Für sie war es einfach nur ein gewöhnlicher Freitagabend. Manche hatten besondere Gewohnheiten, holten Essen vom Chinarestaurant, liehen sich eine DVD aus und hatten oberflächlichen Sex miteinander. Oder sie gingen schwimmen und in die Sauna eines Fitnesscenters. Oder sie spielten Monopoly , Cranium oder Risiko mit den Kindern. Andere improvisierten am Freitagabend: ein paar Drinks und dann ein Currygericht. Das Abendessen auf den Knien vor dem Fernseher. Karten in letzter Minute für ein Rockkonzert in der BEST-Arena. Oder ein gemeinsamer Einkaufsbummel im Tesco-Supermarkt. Es spielte keine Rolle, was es gerade war. Es würde das letzte Mal sein, dass sie diese Dinge gemeinsam taten. Die Ereignisse, die auf sie zukamen, würden dem Geschehen dieses Abends eine Art weihevolle Bedeutung verleihen.
    Überall in Bradfield schliefen Paare zum letzten Mal miteinander. Und sie konnten nichts tun, um etwas daran zu ändern.

Liste 1
     
Millionär werden, bevor ich dreißig bin
Professionell Fußball in der Premier League spielen
Ein Haus am Dunelm Drive besitzen
Einen Ferrari fahren
Eine CD aufnehmen, die in die Charts kommt
Mit einem Topmodel ausgehen

Samstag
    E s ging ihm besser. Tony bildete sich das nicht ein. Kurz nach sechs war er aufgewacht, weil er auf die Toilette musste. Es war weniger anstrengend und zeitaufwendig, auf seine Krücken zu kommen, und er war sicher, dass er sein lädiertes Knie mehr belasten konnte. Vielleicht würde es ihm gelingen, die Physiotherapeutin zu überreden, mit ihm heute das Treppensteigen zu probieren.
    Er humpelte zurück ins Bett und genoss die Erleichterung, wieder ausgestreckt liegen zu können. Es war an der Zeit, wieder zur Welt zurückzukehren. Er zog den Tisch heran und fuhr den Laptop hoch. Unter den neuen E-Mails fiel ihm die von Paula auf. Sie war um zwei Uhr dreizehn in der Frühe geschrieben und lautete: Sieht aus, als hättest du recht gehabt. Eindeutige Identifizierung im Pub von Dore. Später mehr. Gut gemacht, Doc, und schön zu sehen, dass du noch genauso gut in Form bist.
    Tony stieß kurz eine Faust in die Luft. Es mochte unspektakulär wirken, war aber in seiner jetzigen Lage eine tolle Sache. Profile erstellen war wie Seiltanzen. Selbstvertrauen war eine wichtige Voraussetzung für diese Arbeit. Wenn man nicht an sich glaubte, nicht seiner Intuition und seinem Urteil folgte, dann ging man zu sehr auf Nummer sicher, und das Profil war wertlos. Es war ein Prozess, der stufenweise verlief. Wenn man mit einer Einzelheit richtig lag, fasste man mehr Zutrauen, dass es das nächste Mal genauso sein könnte, und das verbesserte die Chance, etwas Nützliches zu erzielen. Umgekehrt brauchte man nur einmal Mist zu bauen und schon musste man wieder ganz von vorn anfangen.
    Da er sich also zur Zeit von einer Operation erholte und nur so bedächtig vorankam wie der Plot der Hörspielserie The Archers und weil Carol die Idee schon verworfen hatte, gab ihm sein Treffer mit Danny Wade ein Gefühl ziemlich großer Zufriedenheit. Wenn die gleiche Person Danny und Robbie umgebracht hatte, sollte er überlegen, was die Opfer untereinander und mit ihrem Mörder verband. Vielleicht konnte er sich auch vom Krankenhausbett aus nützlich machen.

    Die Wohnung, die Jana Jankowicz mit ihrem Freund bewohnte, war blitzsauber. Sie roch nach Möbelpolitur und Lufterfrischer. Offensichtlich war sie möbliert gemietet worden. Niemand, der so ordentlich und sauber war wie sie, hätte eine Einrichtung gewählt, die so schmuddelig und schäbig wirkte und deren Einzelstücke so schlecht zusammenpassten. Was dem Ganzen trotzdem den Anstrich eines Heims gab, waren die handgearbeiteten gesteppten Decken auf dem Sofa und die Fotos an den Wänden. Sie waren mit einem Farbdrucker ausgedruckt und laminiert, eine billige und freundlich wirkende Alternative zu gekauften Drucken und teueren Rahmen.
    Jana,

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