Schleichendes Gift
meine, das muss sie doch getan haben. Denn wenn sie nichts erreicht hätte, wüsstest du ja nichts.«
Carol fuhr mit ausgestrecktem Zeigefinger auf ihn zu. »Du bist verdammt noch mal unmöglich. Du benimmst dich total daneben. Paula arbeitet für mich, nicht für dich.«
Tony lächelte bescheiden. »Ich könnte sagen, sie hat mir in ihrer Freizeit ausgeholfen«, meinte er. »Weil sie mich so mag.«
Jetzt war die Reihe zu grinsen an Carol. »Aber das wäre eine Lüge. Sie hat es in ihrer Arbeitszeit bei der Polizei Bradfield gemacht, als sie für das Sondereinsatzteam hätte arbeiten sollen.«
Tony schüttelte den Kopf, und das Blau seiner Augen wurde dunkler, als er sich auf eine knallharte Entgegnung vorbereitete. Seine Augen waren auf das Spiel auf dem Bildschirm gerichtet, aber seine Worte wandten sich an Carol. »Du kannst die Leute nicht zu völlig unbestimmten Zeiten arbeiten lassen und dann behaupten, alle Zeit, die sie im Wachzustand verbringen, müsse dir zur Verfügung stehen. Paula hat das Recht auf Pausen. Du kannst es nicht wirklich kritisieren, wenn sie sie zu einer großen Spanne Freizeit zusammenzieht. Ich wette, sie hatte keine acht Stunden frei zwischen dem Dienst gestern Abend und ihrem Arbeitsantritt heute Morgen. Selbst deine Gefangenen haben darauf einen Anspruch.«
Carol starrte ihn zornig an. »Ich hasse das, wenn du die Dinge so hindrehst, wie sie dir passen. Du hast gegen die Regeln verstoßen, und das weißt du ganz genau. Ausgerechnet Paula. Du weißt doch, wie verletzlich sie ist.«
»Ich glaube, was Paulas Befindlichkeit betrifft, kann ich das wahrscheinlich besser beurteilen als du.« Er sah sie direkt an und versuchte einzuschätzen, wie wütend sie noch war. »Na, komm mal her, setz dich und schau dir ein bisschen Fußball mit mir an. Die Jungs geben ihr Letztes für Robbie. Es würde ein Glasauge zum Weinen bringen, sag ich dir.«
»Du kannst nicht einfach davon ablenken und so tun, als sei nichts geschehen«, versetzte Carol. Aber er sah, dass sie langsam nachgab.
»Mache ich ja nicht. Ich stimme dir zu, es war falsch, was ich getan habe. Ich kann nur sagen, dass ich es normalerweise selbst erledigt hätte. Und ich dachte, es sei zu wichtig für die Ermittlung in einem Mordfall, um es sein zu lassen. Ich werde mich bei Paula entschuldigen, dass ich sie in diese schwierige Lage gebracht habe, aber ich entschuldige mich nicht bei dir dafür, dass ich deine Untersuchung in die richtige Bahn gelenkt habe.« Er klopfte auf die Lehne des Stuhls neben dem Bett. »Also, setz du dich jetzt hin und sieh dir das verflixte Spiel an!«
Offensichtlich widerstrebend warf sich Carol auf den Stuhl. »Du weißt genau, dass ich Fußball hasse«, brummte sie.
»Wir sind die in Gelb«, erklärte er.
»Lass mich in Ruh. Das weiß ich«, sagte sie.
»Erzählst du mir von Paulas glänzenden neuen Erkenntnissen?«, fragte er, während die Spurs den Ball an sich brachten und Boden gutmachten.
»Hat sie dir nicht schon alles selbst berichtet?«
Er grinste. »Nein, wir kennen beide die Rangfolge zu gut.«
»Ihr habt euch gegen mich verschworen«, beschwerte sie sich. Aber er sah, dass der Sturm vorbei war.
»Sei dankbar, dass wir dich davor bewahren, auf die Schnauze zu fallen. So wie der da.« Er zeigte auf einen Spieler der Spurs, der anscheinend über einen Grashalm gestolpert war.
Während sie zusahen, wurde der Kommentar von einem gewaltigen, dröhnenden Rumpeln übertönt. Rauch zog über den Bildschirm, dann begann ein Schutthagel auf die eine Seite des Spielfelds herunterzustürzen.
Carol und Tony starrten sprachlos auf den Monitor. Dann ertönte die hysterische Stimme des Reporters: »Oh mein Gott, mein Gott, da ist ja ein Loch … Ich kann nichts hören. Oh Gott, da sind Leichenteile … Ich glaube, eine Bombe ist hochgegangen. Eine Bombe hier im Victoria Park Stadion. Um Gottes willen …«
Jetzt hatte man sich in der Bildregie gefasst. Das Bild wechselte vom Spielfeld hinüber zu dem, was von der Vestey-Tribüne noch übrig war. In der Mitte des zentralen Abschnitts konnte man nichts als eine wogende graue Staubwolke erkennen. In den Sitzreihen unterhalb der VIP-Logen stürzten die Menschen durch die Bänke zu den Gängen. Die Kameraeinstellung wechselte zu einer Nahaufnahme von einem der Ausgänge, wo einige Fans aufeinander losgingen, um rauszukommen, während andere Kinder über ihre Köpfe weiterreichten, um sie zu retten. Dann sahen sie beim Blick auf die Tribüne, dass
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