Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Unterlagen und ging zu der kleinen Kabine an der Schutzbarriere hinüber. Yousef sah, wie er die Faxe dem Mann im Unterstand zeigte. Er spürte den Schweiß in den Achselhöhlen und am Kreuz.
    »Das ist ja ’ne tolle Ausstellung hier, was?«, sagte er zu dem Wachmann, der herangekommen und die Stelle des ersten eingenommen hatte. »Armes Schwein.«
    »Aber ehrlich«, meinte der Wachmann. »Welcher fiese Bastard macht denn so was?« Er sah ein zweites Mal hin, als bemerke er erst jetzt, dass er mit einem jungen Migranten aus Asien sprach, heutzutage das typische Feindbild der Boulevardpresse. »Oh, tut mir leid, ich hab’s nicht so gemeint …Du weißt schon, Kumpel.«
    »Ja, ich weiß. Wir sind ja nicht alle so«, beruhigte ihn Yousef, und es rollten sich ihm vor Unbehagen regelrecht die Zehennägel hoch. Nicht weil er log, sondern weil er so feige log. Bevor sie dies noch weiter vertiefen konnten, kam der erste Wachmann mit den Unterlagen zurück.
    »Sie werden mich mal hinten reinschauen lassen müssen«, erklärte er.
    Yousef stellte den Motor ab, zog den Schlüssel raus und ging ans Heck des Lieferwagens. Er spürte, dass seine Hände zitterten, und versuchte, sich zwischen das Schloss und den Security-Mann zu schieben. Er sagte sich, er brauche sich keine Sorgen zu machen, alles sei in Ordnung. Er ließ die Tür aufschwingen. Im Lieferwagen standen überall Kabeltrommeln und Plastikkästen voller Klemmen, Sicherungen, Schrauben und Schaltern. Rollen von Kabeln verschiedener Stärke waren hinter einem Netz aus flexiblem Material aufgeschichtet, und Imrans Werkzeugkasten, ein langer, niedriger Metallkasten mit angeschlagenem blauem Anstrich, stand auf der Seite.
    »Können Sie mal den Werkzeugkasten öffnen?«, bat der Sicherheitsbedienstete.
    »Klar.« Yousef schluckte heftig und löste den Deckel. Er zog die obersten Fächer heraus, und eine Sammlung von Zangen, Abisolierern und Schraubenziehern kam zum Vorschein. »Okay?« Er legte seine Hand auf das Fach, als wolle er den Kasten weiter öffnen. Seine Därme rumorten, seine Blase platzte fast. Wenn der Scheiß-Wachmann nicht bald aufgab, würde er als nächstes die Bombe sehen.
    Der Sicherheitsbedienstete warf einen Blick auf die Werkzeuge. »Scheint mir ganz nach dem Werkzeugkasten eines Elektrikers auszusehen. Also gut,«, meinte er. »Parken Sie da drüben auf der anderen Seite.« Er zeigte auf den äußersten Rand des Parkplatzes. »Da vorn sehen Sie dann ein Tor. Der Mann von der Sicherheit dort weiß schon, dass Sie kommen. Er lässt Sie rein. Sie folgen dem Gang um die Ecke, und dann kommen Sie zum Personaleingang. Dort wird man Ihnen zeigen, wo Sie hinsollen.« Er zwinkerte. »Vielleicht erlaubt man Ihnen sogar, noch etwas das Spiel zu verfolgen, wenn Sie mit der Arbeit schnell fertig sind.«
    Yousef tat, was man ihm gesagt hatte, und konnte kaum glauben, dass alles so einfach war. Nachdem er die erste Absperrung passiert hatte, war klar, dass er als jemand akzeptiert wurde, der einen triftigen Grund hatte, hier zu sein. Zehn Minuten später war er unter dem mittleren Abschnitt der riesigen freitragenden Vestey-Tribüne. Er hielt den Kopf gesenkt, um den Überwachungskameras zu entgehen, und trug Imrans Werkzeugkasten mit seinem todbringenden Inhalt einen schmalen Wartungskorridor entlang. Die Tribüne, die nach Albert Vestey, dem legendären Stürmer der Jahre zwischen den Kriegen, benannt war, bot im oberen Teil dem Medienzentrum sowie den VIP-Logen Platz. Der an- und abschwellende Gesang und die Rufe der Fans begleiteten Yousef und einen Wachmann, der ihn zur entsprechenden Stelle führen sollte. Yousef war überrascht, wie laut es hier war. Er hatte sich den Geräuschpegel unterhalb der Tribüne aufgrund der Isolierung durch den Beton und die Menschen viel niedriger vorgestellt. Aber hier war der Lärm fast so durchdringend, als säße man unter den johlenden Zuschauern.
    Yousefs Ziel war ein kleiner Raum am Wartungskorridor, in dem sich Stromverteilerkästen befanden. Von hier aus wurde die Stromzufuhr des Medienzentrums und der VIP-Logen kontrolliert. Unmittelbar darüber, abgesondert durch ein Flechtwerk von Trägern und Gussbeton, war die Trennwand zwischen den beiden Logen, die je bis zu einem Dutzend Zuschauern Platz boten. Neben ihnen lagen zwei identische Kabinen. Alle vier Logen waren – genau wie alle weiteren, die sich ihnen auf beiden Seiten anschlossen – voller Menschen, die Essen und Trinken auf Kosten anderer genossen. Das

Weitere Kostenlose Bücher