Schleichendes Gift
essen, wenn ich könnte.«
Sam bemühte sich, nicht auf Singhs beträchtlichen Bauch zu schielen, und unterdrückte die naheliegende Erwiderung. »Ein gutes Currygericht ist einfach unschlagbar«, log er. Singh winkte den Kellner heran und ratterte eine lange Litanei auf Pandschabi herunter, wie Sam vermutete.
Dann wandte Singh seine Aufmerksamkeit wieder Sam zu. »Sie interessieren sich also für Rhys Butler. Na ja, die Sache liegt ja auf der Hand, Sammy. Man braucht keine Intelligenzbestie zu sein, um zu kapieren, dass Sie am Fall Robbie Bishop arbeiten. Es ist witzig: Ich erwähnte, dass wir euch wegen unserem Rhys anrufen sollten, aber mein Sergeant meinte, es sei zu unwahrscheinlich. Und dann hör ich Sie auf meiner Mailbox, und Sie wollen ein Informationsgespräch.« Er stieß ein dröhnendes Lachen aus, so dass sich die Gäste drei Tische entfernt nach ihm umsahen. »Schön, wenn man recht hat.«
»Um ehrlich zu sein, Jonty, wir haben verdammt wenig, wovon wir ausgehen können. Ich klammere mich an jeden Strohhalm«, erklärte Sam. Der Kellner kam mit einem Stapel gewürzter Papadams und einem Teller mit eingelegtem Gemüse. Jonty stürzte sich darauf wie ein losgelassener Hund auf ein Kätzchen. Sam wartete, bis der erste Ansturm vorbei war, dann brach er sich vorsichtig ein Stück ab. Zumindest waren sie knusprig und frisch, dachte er, während der scharfe Geschmack schwarzen Pfeffers seinen weichen Gaumen kitzelte.
»Als die schöne Bindie Ihnen von Rhys Butler erzählte, beschlossen Sie also, sich mal hier umzusehen? Richtig, Sammy, genau was ich an Ihrer Stelle auch getan hätte.«
Sam bemühte sich nicht, seinen Irrtum darüber zu korrigieren, auf welche Weise Rhys Butlers Name in die Ermittlungen gekommen war. »Was können Sie mir also über Rhys Butler sagen?«
Ein Berg Bhajis und Pakoras wurde serviert, und Singh machte sich darüber her. Zwischen dem Kauen und leider manchmal auch während des Kauens erzählte er Rhys Butlers Geschichte.
»Normalerweise wäre es eine Sache für die Kollegen in Uniform gewesen, eine Rauferei vor einem Nachtclub. Aber wir wurden wegen der Person, die beteiligt war, mit reingezogen.« Er grinste. »Natürlich meinen hier bei uns manche, wir hätten Rhys nicht davon abhalten sollen, Robbie zu verprügeln, weil der letztes Jahr im Viertelfinale das entscheidende Tor für die Vics gegen Villa vorbereitet hat. Aber was auch immer Sie über die West Midlands gehört haben mögen, wir dulden hier solchen Unfug nicht mehr.«
Sam nahm einen Bissen von dem perfekten Fisch-Pakora, außen knusprig, innen so saftig, dass es auf der Zunge zerging, und begann, seinen anfänglichen Eindruck von dem Restaurant als einem stinknormalen Currylokal zu revidieren. »Großartiges Essen«, gab er zu und hatte damit richtig eingeschätzt, wie man auf dem kürzesten Weg Zugang zu Singhs Herz fand.
Der große Mann strahlte. »Phantastisch, nicht wahr? Jedenfalls, bis wir hinkommen, ist schon alles vorbei. Die Zeugen sagten aus, Robbie sei mit zwei Freunden aus dem Club gekommen und Rhys Butler hätte sich auf ihn gestürzt und ihn mit Fäusten und Füßen traktiert. Zum Glück für Robbie ist unser Butler kein großer Held, wenn es ums Verprügeln geht. Er tritt und haut ein paarmal zu, aber Robbies Kameraden ziehen ihn bald weg und halten ihn fest, bis meine Kollegen in Uniform da sind. Als wir ankommen, nehmen wir alle mit zum Knast, um dort die Sache zu regeln, ohne neugierige Blicke und Kameras.«
Von den Vorspeisen war nichts übriggeblieben bis auf ein paar Krumen. Bevor Sam Atem schöpfen konnte, verschwand die Platte und wurde durch ein halbes Dutzend Schüsseln mit verschiedenen Hauptgerichten ersetzt. Eine Platte mit Pilz-Biryani erschien, begleitet von Stapeln verschiedener indischer Brotsorten. Die unterschiedlichen Aromen stiegen Sam verführerisch in die Nase und regten einen Appetit an, den er gar nicht erwartet hatte. Singh häufte das Essen auf seinen Teller und forderte Sam auf, es ihm gleichzutun. Er brauchte keine zweite Einladung.
»Zuerst ist Robbie ganz dafür, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Er sei nicht wirklich verletzt, die Leute verrennen sich manchmal in etwas, es sei kein Schaden entstanden und so weiter. Dann erwähne ich Butlers Namen, und plötzlich heißt es: ›Lastet dem Kerl alles Mögliche an, sperrt ihn ein, er ist eine Gefahr für die Gesellschaft.‹ Ich versteh’s nicht, ehrlich gesagt. Ich lass ihn meinem Kollegen etwas vorlabern und
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