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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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gehe wieder runter in den Verhörraum, um zu sehen, ob Butler darüber sprechen will. Und dann kommt alles raus. Dass Bindie Blyth die Liebe seines Lebens sei, nur Robbie sei dazwischengekommen und behandele sie nicht so, wie er sollte. Deshalb hat Butler sich vorgenommen, ihm eine Lehre zu erteilen.«
    Singh zeigte mit der Gabel auf einen dunkelbraunen Eintopf. »Das müssen Sie probieren. Lamm, Spinat, Aubergine und Gewürze, die niemand außer meiner Tante kennt. Ich sag Ihnen, Sie würden Ihre Großmutter für einen Teller davon verkaufen.« Er riss ein Stück Paratha ab, fuhr damit durch den Lammeintopf und führte das beladene Brot geschickt an den Mund, ohne zu kleckern.
    »Also erkläre ich es ihm. Dass er, wenn er so weitermacht, im Knast landet. Und dass das einen netten anständigen Jungen wie ihn ruinieren würde. Dass er seine Wohnung und seine Arbeit los wäre … Und da verliert er wirklich die Fassung. Heult Rotz und Wasser und so weiter. Es zeigt sich, dass er seine Arbeit sowieso schon verloren hat. Das hätte ihm den Rest gegeben. Wir unterhalten uns also ein bisschen, und am Ende sieht er ein, dass er Fehler gemacht hat.« Singh hielt inne, um noch mehr in sich hineinzuschaufeln.
    »Tolles Essen«, meinte Sam. »Dafür bin ich wirklich dankbar nach der Woche, die ich hatte. Was ist dann passiert?«
    »Ich rede dann noch mal mit Robbie, erkläre ihm, dass er seiner Freundin und sich selbst keinen Gefallen täte, wenn er den armen kläglichen Kerl vor Gericht zerrte. Ich sage ihm, dass Butler versprochen hat, mit Bindie nie wieder Kontakt aufzunehmen, sie in Zukunft in Ruhe zu lassen, und dass ich meine, es wäre das Beste für alle, Butler eine Verwarnung zu erteilen und die ganze Geschichte auf sich beruhen zu lassen. Robbie ist nicht gerade begeistert, aber er sieht ein, dass es sinnvoll ist, wenn die Sache nicht in die Zeitungen kommt. Schließlich verspreche ich, Butler persönlich im Auge zu behalten, und Robbie gibt nach. Wir einigen uns darauf, dass ich Butler wegen Belästigung belangen werde, sollte Bindie wieder von ihm hören.« Er sah Sam erwartungsvoll an.
    »Und?«, fragt Sam pflichtgemäß.
    »Ich habe mein Wort gehalten. Alle zwei Wochen bin ich unangekündigt bei Butler vorbeigegangen. Beim ersten Mal war die Wohnung mit Fotos von Bindie und Artikeln über sie tapeziert. Ich sagte ihm, er solle das Zeug abnehmen. Und dass er, wenn er vorhabe, über Bindie hinwegzukommen und ein sinnvolles Leben zu führen, nicht jede Minute des Tages ihr Gesicht vor Augen haben sollte. Als ich nächstes Mal zu ihm kam, war alles weggeräumt. Man hätte nicht einmal vermutet, dass er je von ihr gehört hatte. Und so ging es weiter. Ich habe nie wieder einen Ton von ihr oder von Robbie gehört, also nehme ich an, dass Butler Wort hielt. Dann etwa vor sechs Wochen schaffte er es endlich, wieder eine Arbeit zu finden. Er zog nach Newcastle, und das war’s.« Singh wandte sich kurz vom Essen ab und suchte etwas in seinen Taschen. Dann zog er einen zusammengefalteten Zettel heraus und gab ihn Sam. »Seine Nachsendeadresse in Newcastle.«
    Sam steckte sie ohne einen Blick darauf ein. »Diese neue Arbeit … Was macht Butler eigentlich?«
    Auf Jontys Gesicht erschien langsam ein boshaftes Grinsen, wobei sich ein glitschiges Stückchen Spinat zwischen seinen Schneidezähnen zeigte.
    »Ich dachte schon, es würde Ihnen gar nicht mehr einfallen, danach zu fragen«, spöttelte er. »Er arbeitet als Laborassistent. In der Pharmaindustrie.«

    Carol hatte recht. Er sah Gespenster. Aber nicht die, die sie meinte. Tony rollte den Kopf auf seinem Kissen hin und her. Er musste reden, aber es war niemand da, der ihm zuhören würde. Carol konnte er nicht mit hineinziehen, weil er nicht wollte, dass sie gewisse Dinge über ihn erfuhr. Der einzige Psychiater, dem er so viel Vertrauen entgegenbrachte, dass er seine Sorgen hätte abladen können, verbrachte ein Sabbatical in Peru. Und diese Probleme einem der Gehilfen von Dr. Chakrabarti vorzutragen konnte er sich nun wirklich nicht vorstellen.
    Er seufzte und drückte auf den Knopf, um eine Schwester zu rufen. Es gab jemanden, auf den er sich verlassen konnte, er würde Tonys Geheimnisse für sich behalten. Die Frage war nur, ob man Tony erlauben würde, ihm einen Besuch abzustatten.
    Es dauerte zwanzig Minuten, Grisha Shatalov musste angerufen werden, Tony brauchte einen Rollstuhl und jemanden vom Transportdienst, aber endlich war er allein mit der kalten Leiche

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