Schleier und Schwert
wirklich kluge Männer.
Schneller, als er es für möglich gehalten hatte, tauchte die Dame wieder auf, gefolgt von der jüngeren Frau, die sie versucht hatte, als sich selbst auszugeben. Fast hätte Rurik laut aufgelacht, als er sah, dass die beiden immer noch ihre Schwesterntracht trugen. Er trat zur Seite und erlaubte ihnen vorbeizugehen. Dann sah er zu, wie seine Männer sie zu den Pferden führten, die sie ihnen für den Ritt nach Norden mitgebracht hatten, und ihnen in den Sattel halfen.
Einige Minuten später, nachdem das Hab und Gut der Damen auf den Pferden festgezurrt war, befanden sie sich endlich auf dem Weg.
Margriet kämpfte gegen das Bedürfnis an zurückzublicken und verlor den Kampf. Der Ort, den sie ihr Zuhause nannte, und die Menschen, die ihre Familie geworden waren, nachdem ihr Vater sie nach Caithness verbannt hatte, verloren sich immer mehr in der Ferne. Jetzt musste sie darum kämpfen, dass ihr die Tränen, die ihr in Augen und Kehle brannten, nicht über die Wangen liefen. Nach einem letzten Blick und einem tiefen Atemzug wandte sie sich wieder um und sah auf die vor ihr liegende Straße.
Während sie sich erneut getrocknete Kräuter in den Mund steckte und darauf herumkaute, um die Übelkeit zu vertreiben, gab sie sich alle Mühe, ihre Gedanken auf die Zukunft anstatt auf die Vergangenheit zu konzentrieren. Sie klammerte sich an die Vorstellung, dass diese unerwartete Veränderung ihres Lebens jetzt vielleicht sogar das, was sie für unmöglich gehalten hatte, beschleunigte. Und ihr wurde bewusst, dass sie das erste Mal nach so vielen Jahren die Welt außerhalb des Klosters zu sehen bekam. Sie würde ihre Heimat wiedersehen und das Meer. Der Gedanke an donnernde Wellen und tosendes Wasser weckte mit einem Mal die Hoffnung in ihr. Sie wurde ganz aufgeregt und versuchte zu lächeln. Am Ende würde aus diesem chaotischen Beginn vielleicht doch noch etwas Gutes erwachsen.
Das Sonnenlicht durchdrang das dichte Blätterdach, hüllte sie ein und malte verstreut Schatten auf den feuchten Grund. Auch wenn dieser Teil der Straße ihr nicht unbekannt war, so war es doch ihr Anblick. Wenn die Männer, die ihre Gruppe anführten, einen Sonnenstrahl durchritten, wurden ihre Gestalten in schimmerndes Gold getaucht. So-sehr sie auch versuchte, nicht hinzuschauen, sie verlor den Kampf und bewunderte diese männliche Schönheit.
Trotz der Jahre, die sie im Kloster gelebt hatte, und trotz ihrer in der Vergangenheit begangenen Verfehlung, deren Preis sie noch würde zahlen müssen, erlaubte Margriet sich das Vergnügen, den Männern, die sie begleiteten, einen Blick zu schenken. Zumindest jenen, die ihr vorgestellt worden waren.
Jeder war auf seine Weise anziehend, und bis auf den letzten Mann hatten sie alle die Körpergröße der nordischen Krieger aus alten Zeiten geerbt. Da war Magnus mit seinem dunklen Haar und den dunklen Augen, die ihn geheimnisvoll und fast gefährlich erscheinen ließen, außer wenn er lächelte. Dann verschwand dieser Eindruck. Sven war, was die Farbe betraf, das genaue Gegenteil von Magnus. Er erlaubte seinem weizenfarbenem Haar frei über seinen Rücken zu fallen. Und Margriet bemerkte, dass seine Augen die Farbe des Himmels bei Sonnenuntergang hatten.
Die Bäume wiegten sich im Wind, und das Licht fiel auf den Anführer ihrer Eskorte. Rurik er hatte ihr seinen Namen genannt, ohne den seiner Familie oder seines Vaters hinzuzufügen. Es war kein unüblicher Name in Kirkvaw oder auf den Orkneyinseln. Margriet hatte also keine Möglichkeit, ihn mit der einen oder anderen Familie in Zusammenhang zu bringen, außer er enthüllte ihr seine Herkunft. Sie hatte die Stirn gerunzelt über so viel Verschlossenheit. Doch er war standhaft geblieben, und sie ließ es für den Augenblick dabei bewenden. Ihr Vater würde ihr sicher nur einen angesehenen, vertrauenswürdigen Mann schicken. Während sie nach Norden ritten, um dann übers Meer zu den heimatlichen Orkneyinseln zu segeln, würde sie außerdem noch genügend Zeit haben, seine familiären Bindungen herauszubekommen.
Margriet spürte ein leises Flattern im Magen. Das Atmen wurde ihr schwer, wenn sie sich an seine Kraft und seine Nähe erinnerte. Und ganz besonders daran, wie seine Augen die Farbe wechselten. Vom Grün der Blätter, die sie umgaben, hin zur Farbe des Smaragds, der den Knauf des Schwerts ihres Vaters zierte. Plötzlich wandte Rurik sich um, als habe er ihre Gedanken vernommen, und sie traf ein durchdringender
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