Schleier und Schwert
dir über solche Dinge gesprochen?
Oh nein, Mylady. Das Mädchen schüttelte erneut den Kopf und setzte sich auf das Bett. Ich belauschte sie, als sie nicht wussten, dass ich wach war. Sie halten mich für eine Nonne. Und Euch auch. Sie würden nie mit uns über so etwas reden.
Du musst es mir sagen, wenn sie respektlos reden, Elspeth. Wir müssen unsere Täuschung aufrechterhalten. Und als das Mädchen die Stirn runzelte, fügte sie hinzu: Bleibe verkleidet, bis wir bei meinem Vater sind.
Margriet spürte, wie der Schlaf immer stärker nach ihr griff, obwohl sie doch fast zwei Tage so gut wie nur geschlafen hatte. Thora hatte versprochen, mit Essen zurückzukehren. Sie musste noch kommen. Vielleicht würde das Reden sie wach halten. Der Gedanke, mehr über Rurik zu lernen, ließ sie gegen den Schlaf ankämpfen.
Hast du noch etwas über ihn gehört? Über Rurik?
Donald und Leathen erzählten einander, dass Rurik gleich beim ersten Mal, als er sie traf, versucht hat, die Frau seines Lairds zu verführen.
Margriet schnappte nach Luft. Es schockierte sie, dass er einer solchen Tat schuldig sein sollte. Bis sie sich an seine Worte erinnerte.
Während der letzten dreizehn Jahre habe ich den Genuss gesucht, wo immer ich ihn nur finden konnte. Und nie bin ich einer Frau begegnet, die ich begehrte, aber nicht haben konnte. Bis ich Euch traf.
Und der Laird hat ihn bei einer solchen Beleidigung nicht getötet? Margriet konnte die Wahrheit immer noch nicht begreifen. Es musste mehr an dieser Geschichte sein. Ich kann nicht glauben, dass mein Vater mich einem Mann anvertraut, der
Sich jede Frau nimmt, die die Beine für ihn breit macht?
Obwohl Elspeth nur die vulgären Worte wiedergab, die einer der Männer offensichtlich ausgesprochen hatte, schien sie von sich selbst überrascht zu sein. Erschrocken schlug sie die Hände vor den Mund. Verzeiht, Mylady, ich sollte so etwas nicht vor Euch wiederholen.
Jetzt war Margriet völlig verwirrt. Würde sie je verstehen, wie Männer dachten? Oder warum sie taten, was sie taten? Es war noch nicht lange her, da wäre sie bereit gewesen, das Vermögen ihres Vaters darauf zu verwetten, dass Rurik tiefere Gefühle für sie hegte. Auf die Heilige Bibel hätte sie geschworen, dass er im Begriff gewesen war, ihr seine Liebe zu erklären, hätte sie ihn nicht daran gehindert. Jetzt fragte sie sich, ob das alles nicht nur ein Trick war, um ihren Widerstand zu brechen.
Elspeth musste gemerkt haben, wie betroffen ihre Worte Margriet gemacht hatten, denn das Mädchen verstummte und bereitete sich auf den Schlaf vor. Während Margriet versuchte, das Gleiche zu tun, wirbelten Gedanken, Ängste und Fragen in ihrem Kopf herum. Es dauerte lange, bis sie in dieser Nacht zur Ruhe kam.
Und als sie endlich schlief, wurde ihre Ruhe von Albträumen gestört, die sie ängstigten. Mehrmals wachte sie von ihren eigenen erstickten Schreien auf. Etliche Male schüttelte Elspeth sie, um sie aus den Klauen der entsetzlichen Träume zu befreien. Als der Morgen anbrach, hätte Margriet schwören können, dass sie die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte.
Thora kam mit einem Tablett und der Neuigkeit, er hätte gesagt, dass ihnen noch ein Ruhetag gegönnt würde. Offensichtlich zogen noch mehr Stürme auf und verhinderten eine zügige Weiterreise nach Norden. Margriet entdeckte, dass ihr Appetit zurückkehrte und sie wieder zu Kräften kam. Als am späteren Morgen die Sonne sich durch einen Spalt in den Wolken drängte, überlegte sie, ob sie nicht einen kleinen Spaziergang machen sollte. Und nachdem man ihr zur ihrer Beruhigung versichert hatte, Morag und Ragna seien fort, um für einige Tage ihre Verwandten in einer anderen Stadt zu besuchen, verspürte sie Lust dazu. Deshalb wagte sie es, mit Elspeth im Schlepptau und Donald, der ihnen folgte, das kleine Dorf zu erkunden, bis der Regen sie wieder nach drinnen scheuchte.
12. KAPITEL
Keine Kirche, Schwester.
Wer sorgt denn dann für eure unsterblichen Seelen?, fragte Margriet.
Sie hatte geglaubt, dem Wirtshaus zu entkommen, aber Thora bestand darauf, ihr alle möglichen Fragen über das Kloster zu stellen, aus dem sie kamen und über den Befehl ihres Vaters, nach Hause zurückzukehren. Margriet hoffte, die Frau lange genug von dem Thema ablenken zu können, um zu entfliehen. Sie ging zur Tür.
Gewöhnlich kommt zwei Mal im Jahr ein Priester hier durch, im Frühling und im Herbst, um die Gräber zu
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