Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
Vom Netzwerk:
steigen.
    Margriet zitterten die Hände. Mit jedem Schritt wurde sie blasser. Fast hatten sie schon die Tür erreicht, als sie stehen blieb und ihn ansah. In ihren Augen lag Panik. Rurik fürchtete, dass sie auf der Stelle in Ohnmacht fallen könnte.
    „Ich kann das nicht tun, Rurik. Ich kann nicht“, sagte sie und trat einen Schritt zurück. Sie sah aus, als wolle sie davonlaufen.
    Er nahm ihre Hände und hielt sie fest. Als sie ihm in die Augen sah, wiederholte er die Worte, mit denen sie sich ihm vorgestellt hatte.
    „Ihr seid Margriet Gunnarsdottir. Vergesst das nicht.“
    Sie atmete tief durch und nickte.
    Als sich die Tür öffnete und ein älterer Mann heraustrat, ließ Margriet die Kapuze auf ihre Schultern gleiten. Dann ging sie an Ruriks Seite auf den Mann zu, den sie nicht als ihren Vater erkannte. Als Gunnar bei ihrem Anblick aufschrie, liefen Margriet die Tränen über die Wangen.
    „Ich habe nicht erwartet, dass du so sehr deiner Mutter ähnelst, Margriet! Du bist zu einer Schönheit herangewachsen, wie sie eine war. Du gleichst ihr so sehr, dass ich meinen Augen kaum traue“, sagte Gunnar und breitete die Arme aus. Nach kurzem Zögern erlaubte Margriet ihm, sie zu umarmen und an sich zu drücken.
    Das war ein guter Anfang, dachte Rurik, während sie eintraten. Er sah zu, wie Gunnar befahl, alles zu ihrer Bequemlichkeit herzurichten und wie er ihr von den Vorkehrungen erzählte, die er für ihren Aufenthalt hier getroffen hatte. Später würden sie dann Kirkvaw besuchen. Rurik war überwältigt und erstaunt über eine so warme Aufnahme nach einer derart langen Trennung. Und er war sicher, dass man gut für Margriet sorgen und Gunnar auf die Nachricht ihrer Schwangerschaft mit großer Klugheit und Fürsorge reagieren würde.
    Rurik stand etwas abseits, während Gunnar sie den anderen Mitgliedern seines Haushalts vorstellte. Für jemanden, der kurz zuvor noch hatte davonlaufen wollen, meisterte Margriet die Situation erstaunlich gut.
    Etliche Male warf sie Rurik einen Blick zu. Doch dann wurden sie immer seltener, während Gunnar seine Tochter wieder an ihren Platz und zu ihrer Familie zurückführte, die sie vor zehn Jahren verlassen hatte. Da erblickte Gunnar Rurik und kam zu ihm.
    „Ich habe dir noch nicht gesagt, wie gut es tut, dich wiederzusehen, Rurik.“
    „Und dich auch, Gunnar.“
    „Sie hat sich so verändert, dass ich sie nicht wiedererkannt hätte. Aber du, du bist zu einem gut aussehenden Mann herangewachsen. Und du bist so groß!“ Gunnar selbst war kein kleiner Mann, aber jetzt überragte ihn Rurik. Seit ihrem letzten Treffen vor dreizehn Jahren war er mindestens einen Fuß größer. Als Gunnar ihm die Hand zum Gruß entgegenhielt, ergriff Rurik sie. „Danke, dass du meine Tochter sicher in meine Arme geführt hast.“
    „Es war mir eine Ehre, dass du mich gebeten hast, diese Aufgabe zu übernehmen, Gunnar. Du warst meiner Mutter und mir immer ein wahrer Freund.“
    Gunnar sah zu seiner Tochter hinüber, die gerade mit der Frau sprach, die früher einmal ihre Amme gewesen war. Zufrieden lächelnd stellte er fest, dass sie mit der Situation gut zurechtkam. „Weiß dein Vater schon von deiner Rückkehr?“
    „Ich werde ihm morgen eine Nachricht schicken. Ich war mir nicht sicher, ob wir noch vor Sonnenuntergang eintreffen würden. Wie geht es ihm?“
    „Er ist ungeduldig wie immer“, erwiderte Gunnar und klopfte Rurik auf die Schulter – die Schulter, die Margriet vor nicht allzu langer Zeit genäht hatte. „Die vielen Verspätungen haben ihn nervös werden lassen, denn er hatte gehofft, dass du noch vor dem Sommer kommen würdest.“ Der Berater seines Vaters beugte sich zu ihm und sagte leise: „Du kennst ja die Situation zwischen dem König und seinen Söhnen. Dein Vater hat eingewilligt, noch vor Jahresende die Verhandlungen zu unterstützen.“
    „Das schrieb er in seinen Briefen.“
    „Er wollte, dass du an Ort und Stelle bist, bevor er nach Norwegen aufbricht.“ Das würde die Ungeduld seines Vaters erklären.
    „Die Verspätungen waren nicht eingeplant“, sagte er.
    „Jetzt komm schon, Rurik! Ich kannte dich als jungen Mann. Hast du vielleicht nicht darauf gewartet, dass man dich auf Knien bittet, nach Hause zu kommen?“ Jetzt lachte Gunnar. „Das war es doch vermutlich, weshalb er dir die Armbänder und das Schwert sandte. Verlockten sie dich nicht, doch noch einmal über sein Angebot nachzudenken?“
    Jetzt war es an Rurik, in lautes Lachen auszubrechen. Vom ersten Angebot bis zum letzten

Weitere Kostenlose Bücher