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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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Insgesamt handelt es sich also um millionenfachen sexuellen Missbrauch und hunderttausendfachen von Frauen begangenen Missbrauch. Aber Sie wissen so gut wie ich, dass hier von jeher mit verschiedenem Maß gemessen wird. Familien zeigen Mütter, Schwestern und Babysitter nur äußerst widerstrebend an; Strafverfolger nehmen Missbrauchsvorwürfe gegen junge Frauen nicht ernst; Gerichte verurteilen sie nur selten. Anscheinend hat die Gesellschaft Probleme, sich mit der Realität weiblicher Sexualtäter genauso abzufinden wie mit der Realität männlicher Sexualtäter. Doch manche Untersuchungen deuten darauf hin, dass viele wegen Vergewaltigung verurteilte Männer als Kinder von Frauen sexuell missbraucht wurden.« Kopfschüttelnd hielt Kline inne. »Ich könnte Ihnen von Fällen aus unserem County erzählen – Mütter, die ihre eigenen Kinder auf den Strich schicken und Pornofilme von ihnen verkaufen. Herrgott. Und nur ein Bruchteil von dem, was da abläuft, landet letztlich vor Gericht. Aber genug davon. Zurück zur Tagesordnung.«
    Blatt zuckte die Achseln.
    Rodriguez nickte. »Okay, Bill. Was ist bei den Anrufen rausgekommen?«
    Anderson wühlte in den Blättern herum. »Wir haben die jeweils neuesten Adressen, Telefonnummern und Kontaktinformationen in den Unterlagen benutzt. Die Zahl der Absolventinnen in den letzten fünf Jahren war hundertzweiundfünfzig. Im Durchschnitt also dreißig pro Jahr. Von den hundertzweiundfünfzig haben wir für hundertsechsundzwanzig bauchbare Kontaktdaten. Diese Personen wurden angerufen. Die Anrufe führten in vierzig Fällen zu einem direkten Kontakt mit der Absolventin oder einem Familienmitglied. Von den verbleibenden sechsundachtzig, denen wir eine Nachricht hinterlassen haben, haben sich bis heute Morgen um 9.45 Uhr zwölf gemeldet.«
    »Also zweiundfünfzig erfolgreiche Kontakte«, warf Kline ein. »Ihr Fazit?«
    »Schwer zu sagen.« Anderson klang, als würde ihm alles im Leben schwerfallen.
    »Meine Güte, Lieutenant …«
    »Ich meine, die Resultate sind gemischt.« Er fischte ein anderes Blatt aus seinem Wust. »Von den zweiundfünfzig haben wir elf direkt gesprochen. Also kein Problem. Wenn wir mit ihnen geredet haben, können sie nicht verschwunden sein.«
    »Was ist mit den restlichen einundvierzig?«
    »In neunundzwanzig Fällen haben die Personen am Telefon – Eltern, Ehepartner, Geschwister, Mitbewohner – versichert, den Aufenthalt der Absolventin zu kennen und mit ihr in Verbindung zu stehen.«
    Kline führte auf einem Block Buch. »Und die anderen zwölf?«
    »In einem Fall hat eine Frau erklärt, dass ihre Tochter bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Eine Person hat sich sehr vage geäußert, war wahrscheinlich high und hat sowieso nicht viel mitgekriegt. Eine andere hat behauptet, den genauen Aufenthalt der Betreffenden zu kennen, wollte aber keine näheren Informationen preisgeben.«
    Kline kritzelte auf seinen Block. »Dann bleiben also noch neun.«
    »Diese neun – alles Eltern und Stiefeltern – haben keine Ahnung, wo ihre Töchter sind.«
    Im Zimmer entstand nachdenkliches Schweigen, das von Gurney unterbrochen wurde. »In wie vielen Fällen gab es vor dem Verschwinden der Tochter einen Streit über ein Auto?«
    Verbissen starrte Anderson auf seine Notizen, als wären sie schuld an seiner Schlappheit. »Sechs.«
    »Wow.« Kline stieß einen leisen Pfiff aus. »Und dazu kommen noch die anderen, von denen Ashton und Savannah Liston erzählt haben?«
    »Genau.«
    »Meine Güte. Zusammen also fast ein Dutzend. Und mit vielen Familien haben wir noch gar nicht gesprochen. Wow. Möchte sich jemand dazu äußern?«
    »Ich finde, wir sollten uns bei Dave Gurney bedanken.« Hardwick war unbemerkt hereingeschlüpft und warf Rodriguez einen kurzen Blick zu. »Wenn er uns nicht in diese Richtung gelenkt hätte …«
    »Schön, dass Sie wieder zu uns gefunden haben«, knurrte der Captain.
    »Wir dürfen uns nicht von verrückten Theorien hinreißen lassen«, meinte Anderson bedrückt. »Wir haben noch immer keine Beweise für eine Entführung oder andere Verbrechen. Möglicherweise haben wir völlig überreagiert. Vielleicht handelt es sich nur um ein paar aufsässige Teenager, die zusammen eine kleine Verschwörung ausgeheckt haben.«
    »Dave?« Kline schenkte Anderson keine Beachtung. »Möchten Sie was dazu anmerken?«
    »Eine Frage an Bill. Wie sind die sechs vermissten Mädchen über die Jahrgänge verteilt?«
    Anderson schüttelte leicht den Kopf.

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