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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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reinbringt. Geben Sie mir bitte noch mal den Wachmann.«
    Nachdem er Ashtons Erlaubnis erhalten hatte, deutete der Posten auf eine kleine Kiesfläche neben dem Häuschen. »Dort können Sie parken. Weiter dürfen Autos nicht fahren. Warten Sie, bis Sie abgeholt werden.«
    Unmittelbar darauf hob sich der Schlagbaum, und Gurney steuerte den Wagen auf den Parkplatz. Von hier aus war ein längerer Abschnitt der Grundstücksbegrenzung zu erkennen. Erstaunt bemerkte er, dass der Zaun, abgesehen von dem kurzen Stück links und rechts direkt neben der Einfahrt, mit starkem NATO- Stacheldraht gesichert war.
    Auch Hardwick war das nicht entgangen. »Dient das dazu, dass die Mädels nicht ausbüchsen, oder dass die einheimischen Jungs draußen bleiben?«
    »An die Jungs hatte ich gar nicht gedacht«, bemerkte Gurney, »aber vielleicht hast du recht. Ein Internat voller sexbesessener junger Frauen könnte ein ziemlicher Magnet sein, auch wenn sie ziemlich höllische Vorlieben haben.«
    »Du meinst, vor allem weil sie höllische Vorlieben haben. Je schärfer, desto besser.« Hardwick stieg aus. »Komm, wir quatschen ein bisschen mit dem Wachmann.«
    Der Posten betrachtete sie jetzt mit freundlicherer Miene, vielleicht weil ihr Eintritt offiziell abgesegnet worden war. »Geht es um die junge Dame, die hier gearbeitet hat?«
    »Kannten Sie sie?«, fragte Hardwick.
    »Nein. Ich weiß nur, wer sie war. Hat für Dr. Ashton gearbeitet.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Auch eher vom Sehen. Er ist ein bisschen … wie soll ich sagen … distanziert.«
    »Abweisend?«
    »Ja, das trifft die Sache.«
    »Er ist also nicht Ihr direkter Vorgesetzter?«
    »Nein. Ashton hat eigentlich mit niemandem direkt was zu tun. Viel zu wichtig, Sie verstehen? Für die meisten Mitarbeiter ist Dr. Lazarus zuständig.«
    Gurney nahm eine leise Abneigung in der Stimme des Postens war. Als Hardwick der Sache nicht nachging, tat er es. »Was ist dieser Lazarus für ein Mensch?«
    Der Mann zögerte und schien zu überlegen, wie deutlich er werden konnte, ohne sich damit in Schwierigkeiten zu bringen.
    »Wie ich höre, kommt ihm selten ein Lächeln aus.« Gurney erinnerte sich an Simon Kales nicht gerade schmeichelhafte Beschreibung.
    Mehr brauchte es nicht, um die Reserviertheit des Wachmanns zu durchdringen. »Lächeln? Bestimmt nicht. Ich meine, er ist schon in Ordnung, aber …«
    »Aber nicht besonders sympathisch?«
    »Es ist einfach, ich weiß auch nicht, als würde er in seiner eigenen Welt leben. Manchmal, wenn man mit ihm redet, hat man das Gefühl, er ist zu neunzig Prozent woanders. Einmal, da …« Er verstummte, als er das Knirschen von Reifen auf Kies hörte.
    Kurz darauf stoppte neben Gurneys Wagen ein dunkelblauer Minivan.
    »Da ist er höchstpersönlich«, murmelte der Posten.
    Der Mann, der ausstieg, hatte kein erkennbares Alter, war aber alles andere als jung. Sein ebenmäßiges Gesicht wirkte eher künstlich als attraktiv, die getönte Schwärze seines Haars hob sich auffallend von der blassen Haut ab.
    Er deutete auf die hintere Tür des Minivans. »Steigen Sie bitte ein.« Er glitt wieder hinters Steuer und wartete. Der Versuch eines Lächelns, wenn es eines war, glich dem angestrengten Ausdruck eines Mannes, der kein Tageslicht erträgt.
    Gurney und Hardwick ließen sich hinter ihm nieder.
    Lazarus fuhr langsam, den Blick konzentriert auf die Straße gerichtet. Nach mehreren hundert Metern kamen sie um eine Biegung, und die dunklen Kiefern wichen einem parkartigen Gelände mit gemähtem Gras und vereinzelten Ahornbäumen. Die Einfahrt wurde zu einer klassischen Allee, an deren Ende eine neugotische viktorianische Villa mit mehreren kleinen Nebengebäuden in ähnlichem Stil stand. Vor der Villa teilte sich der Weg. Lazarus nahm die rechte Abzweigung, die sie um Beete mit kunstvoll getrimmten Sträuchern zur Rückseite des Hauses führte. Dort vereinigte sich die geteilte Straße wieder zu einer Allee, die erstaunlicherweise auf eine große Kapelle aus dunklem Granit zulief. An einem heiteren Tag hätten die schmalen Buntglasfenster vielleicht an drei Meter hohe rote Bleistifte erinnert, doch im Moment sahen sie für Gurney eher aus wie blutige Wunden im grauen Stein.
    »Die Schule hat eine eigene Kirche?«, erkundigte sich Hardwick.
    »Nein. Das ist keine Kirche mehr. Schon lange säkularisiert«, antwortete Lazarus. »Eigentlich schade.«
    »Warum?«
    Lazarus sprach bedächtig. »Kirchen drehen sich um Gut und Böse. Um Schuld und Sühne.« Mit

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