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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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irritierendes Quietschen von sich.
    »Wie stellst du dir Flores vor?«, fragte Hardwick.
    »Das Gesicht, meinst du?«
    »Alles an ihm. Was macht er in deinen Gedanken?«
    »Er steht nackt in Yogapose in Scott Ashtons Gartenpavillon.«
    »Siehst du?« Hardwick gestikulierte. »Das hast du in den Vernehmungsprotokollen gelesen. Und jetzt hast du es vor Augen, als wärst du persönlich dabei gewesen.«
    Gurney zuckte die Achseln. »Das machen wir doch immer. Unser Verstand schließt nicht nur logische Lücken, er schafft auch Verbindungen, wo gar keine sind. Genau wie du sagst, Jack: Wir sind so gepolt, dass wir Geschichten lieben – Zusammenhänge.« Plötzlich fiel ihm etwas ein. »War das Blut noch feucht?«
    Hardwick blinzelte. »Welches Blut?«
    »Das Blut auf der Machete. Das Blut, das deiner Meinung nach unmöglich vom Tatort stammen kann, weil die Machete nicht die Mordwaffe war.«
    »Natürlich war es noch feucht. Ich meine … es hat so ausgesehen. Lass mich mal kurz nachdenken. Ja, jetzt erinnere ich mich. Feucht, aber mit Erde und Laub daran.«
    »Verdammt!«, entfuhr es Gurney. »Das könnte der Grund sein …«
    »Der Grund wofür?«
    »Warum Flores die Klinge unter einem Belag von Laub und Erde verscharrt hat.«
    »Damit das Blut nicht trocknet?«
    »Oder damit es nicht merklich anders oxidiert als das Blut um die Leiche im Cottage. Wenn das Blut an der Machete stärker oxidiert gewesen wäre als das Blut auf Jillians Brautkleid, dann wäre es dir oder den Kriminaltechnikern aufgefallen. Das heißt, ihr hättet erkannt …«
    »… dass es nicht die Mordwaffe ist.«
    »Genau. Aber die feuchte Erde über der Klinge hat das Trocknen des Bluts verlangsamt und außerdem die Oxidation verdeckt, sodass ein Unterschied zum Blut am Tatort nicht erkennbar war.«
    »Und auch bei der Laboruntersuchung ist nichts bemerkt worden«, warf Hardwick ein.
    »Natürlich nicht. Die Blutanalyse wurde sicher erst am nächsten Tag durchgeführt, und da war ein Unterschied von einigen Stunden in der Herkunftszeit der Proben nicht mehr feststellbar – außer mit einem aufwendigen Test, zu dem kein Anlass bestand.«
    Hardwick nickte langsam, seine Augen schimmerten nachdenklich. »Damit sind ein paar von unseren Grundannahmen hinfällig. Aber was lernen wir daraus?«
    »Ha, gute Frage. Möglicherweise ein weiteres Anzeichen dafür, dass alle Anfangshypothesen in diesem Fall falsch waren.«
    Die geschäftsmäßige Frauenstimme aus dem GPS wies Gurney an, nach achthundert Metern links abzubiegen.
    Die Abzweigung war mit einem schlichten schwarz-weißen Schild auf einem dunklen Holzpfosten gekennzeichnet: PRIVATEINFAHRT . Der schmale Asphaltweg führte durch ein Kiefernwäldchen mit überhängenden Zweigen auf beiden Seiten, durch die man wie durch eine immergrüne Röhre fuhr. Nach einem knappen Kilometer passierten sie ein offenes Tor in einem hohen Maschendrahtzaun und stoppten vor einem geschlossenen Schlagbaum. Neben diesem stand ein hübsches, mit Zedernholzplatten bedecktes Wachhäuschen. Gurney bemerkte einen eleganten blauen Schriftzug: MAPLESHADE ACADEMY. BESUCHE NUR NACH VEREINBARUNG . Ein untersetzter Mann mit schütterem grauen Haar kam aus dem Häuschen. Schwarze Hose und graues Hemd erweckten den Eindruck einer Art Uniform, und er hatte die taxierenden Augen eines Polizisten. Er setzte ein freundliches Lächeln auf. »Kann ich was für Sie tun?«
    »Dave Gurney und Senior Investigator Jack Hardwick von der New York State Police. Wir möchten mit Dr. Ashton sprechen.«
    Hardwick zog seine Brieftasche heraus und streckte seinen BCI -Ausweis zu Gurneys Fenster.
    Mit säuerlicher Miene begutachtete der Wachmann das Dokument. »Okay, warten Sie bitte, solange ich mit Dr. Ashton spreche.« Ohne die Besucher aus den Augen zu lassen, tippte der Mann auf seinem Telefon eine Nummer ein. »Sir, ein Detective Hardwick und ein Mr Gurney wollen Sie sehen.« Pause. »Ja, Sir. Sie sind hier.« Der Posten warf ihnen einen nervösen Blick zu. »Nein, Sir, niemand ist bei ihnen. Natürlich, Sir.« Der Mann reichte Gurney das Telefon.
    Ashton war dran. »Detective, ich fürchte, es passt gerade nicht so gut. Geht es vielleicht …«
    »Wir möchten Ihnen nur ein paar Fragen stellen, Doktor. Und vielleicht könnte uns einer Ihrer Mitarbeiter anschließend ein wenig herumführen. Wir würden uns gern einen Eindruck verschaffen.«
    Ashton seufzte. »Also gut. Ein paar Minuten kann ich mir nehmen. Ich schicke Ihnen gleich jemanden, der Sie

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