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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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versteckt hat, und nicht schon vorher?«
    »Vielleicht wollte er so schnell wie möglich aus dem Cottage abhauen?«
    »Vielleicht. Oder wollte er vielleicht, dass wir die Machete finden?«
    »Warum sie dann verscharren?«
    »Halb verscharren, meinst du. Hast du nicht gesagt, dass nur die Klinge mit Erde bedeckt war?«
    Hardwick lächelte. »Interessante Fragen. Da sollte man auf jeden Fall nachhaken.«
    »Und noch was. Hat jemand überprüft, wo die beiden Mullers zum Zeitpunkt der Tat waren?«
    »Wir wissen, dass Carl die ganze Woche als leitender Ingenieur auf einem Fangschiff achtzig Kilometer vor Montauk war. Aber wir haben niemanden aufgetrieben, der Kiki am Tag des Mordes oder am Vortag gesehen hat.«
    »Schließt du daraus irgendwas?«
    »Nicht die Bohne. Ziemlich private Gemeinde – zumindest an Ashtons Ende der Straße. Mindestgröße der Grundstücke vier Hektar, sehr zurückgezogene Leute, die sich eher nicht zum Klönen an den Zaun stellen. Wahrscheinlich gilt es dort sogar als unfein, ohne Aufforderung Hallo zu sagen.«
    »Ist bekannt, ob jemand sie nach der Abfahrt ihres Mannes nach Montauk gesehen hat?«
    »Anscheinend niemand, aber …« Achselzuckend erklärte Hardwick noch einmal, dass es in Tambury nicht die Ausnahme, sondern die Regel war, von den Nachbarn nicht gesehen zu werden.
    »Und die Gäste beim Empfang – ist genau belegt, wo sie in den vierzehn kritischen Minuten waren?«
    »Ja. Am Tag nach dem Mord hab ich mir den Film persönlich vorgenommen und den Aufenthalt aller Gäste nachgeprüft während der Minuten, in denen das Opfer im Cottage war. Dabei hat mir ständig unser aufmunternder Captain in den Ohren gelegen damit, dass das alles reine Zeitverschwendung ist und ich lieber in den Wäldern nach Hector Flores suchen sollte. Und wer weiß, vielleicht hatte der Hohlkopf ausnahmsweise sogar recht. Andererseits, wenn ich den Film ignoriert und sich später herausgestellt hätte, dass … Na ja, du weißt ja, wie der kleine Scheißer drauf ist.« Er zischte die Beschimpfung durch zusammengebissene Zähne. »Was starrst du mich so an?«
    »Wie starre ich denn?«
    »Als wäre ich bescheuert.«
    »Du bist bescheuert.« Gurney hatte das deutliche Gefühl, dass Hardwicks Herablassung gegenüber Captain Rod Rodriguez in den zehn Monaten seit dem Fall Mellery in pure Gehässigkeit umgeschlagen war.
    »Vielleicht bin ich wirklich bescheuert. Anscheinend sind alle dieser Meinung.« Hardwick drehte sich wieder zum Fenster. Es war dunkler geworden, und der nördliche Hügelkamm zeichnete sich schwarz vor dem schiefergrauen Himmel ab.
    Gurney schwieg verwundert. Suchte Hardwick in einer für ihn völlig untypischen Art tatsächlich eine persönliche Aussprache? Hatte er ein Problem, über das er reden wollte?
    Doch die Tür zu seinem Innenleben hatte sich bereits wieder geschlossen. Hardwick wirbelte auf dem Absatz herum, und in seinen Augen blitzte es sarkastisch. »Es gibt eine Frage zu den vierzehn Minuten. Vielleicht sind es nicht genau vierzehn. Ich würde gern deine allwissende Einschätzung hören.« Er setzte sich auf die von Gurney entfernte Couchlehne und wandte sich zum Tisch, als wäre er ein Kommunikationsmedium. »Kein Zweifel, ab wann die Uhr läuft. Beim Betreten des Cottages hat Jillian noch gelebt. Als Ashton neunzehn Minuten später die Tür aufmacht, sitzt sie in zwei Teilen am Tisch.« Er rümpfte die Nase. »Jeder Teil in seiner eigenen Blutlache.«
    »Neunzehn? Nicht vierzehn?«
    »Mit vierzehn kommen wir an die Stelle, wo die Serviererin geklopft und keine Antwort gekriegt hat. Eine plausible Annahme wäre, dass das Opfer nicht geantwortet hat, weil es schon tot war.«
    »Aber es muss nicht so sein?«
    »Nein, vielleicht hat ihr zu diesem Zeitpunkt Flores lediglich mit der Machete in der Hand befohlen, den Mund zu halten.«
    Gurney sann darüber nach.
    »Hast du eine Präferenz?«, erkundigte sich Hardwick.
    »Eine Präferenz?«
    »Meinst du, sie ist vor oder nach der Vierzehn-Minuten-Marke tranchiert worden?«
    Tranchiert? Gurney seufzte über Hardwicks vertrautes Verhaltensmuster. Wahrscheinlich spielte der Mann schon sein ganzes Leben lang den Tabubrecher, der sein Publikum mit drastischen Bemerkungen schockte. Verstärkt durch den vorherrschenden Zynismus in der Welt der Strafverfolgung, war ihm diese Haltung mit zunehmendem Alter immer mehr in Fleisch und Blut übergegangen, bis er durch Karriereprobleme und das schlechte Verhältnis zu seinem Chef völlig verbittert

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