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war.
»Also?«, drängte Hardwick. »Was schätzt du?«
»Mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem ersten Klopfen. Schon ein gutes Stück vorher. Am ehesten ein, zwei Minuten nach ihrem Betreten des Cottages.«
»Warum?«
»Je eher er es getan hat, desto mehr Zeit hatte er vor der Entdeckung der Leiche. Desto mehr Zeit hatte er, um die Machete loszuwerden, um durch irgendeinen Trick zu verhindern, dass die Hunde die Spur verfolgen, um unterzutauchen, bevor es in der ganzen Gegend von Cops wimmelte.«
Hardwick wirkte skeptisch, allerdings auch nicht mehr als sonst – diese Miene war zu seinem natürlichen Gesichtsausdruck geworden. »Du gehst also davon aus, dass das alles nach einem genauen Plan gelaufen ist?«
»Das wäre meine Auffassung. Siehst du das anders?«
»Beides führt zu Problemen.«
»Zum Beispiel?«
Hardwick schüttelte den Kopf. »Erklär mir erst mal, was für einen Vorsatz spricht.«
»Die Position des Kopfs.«
Hardwicks Lippen zuckten. »Was ist damit?«
»So wie du das beschrieben hast – zum Körper gewandt, das Diadem im Haar –, klingt es wie eine absichtliche Anordnung, die für den Mörder irgendwas bedeutet oder mit der er ein Zeichen setzen will. Keine spontane Eingebung.«
Hardwick schien mit einem Anfall von Säurereflux zu kämpfen. »Das Problem am Vorsatz ist, dass das Betreten des Cottages die Idee des Opfers war. Woher sollte Flores wissen, dass sie anrückt?«
»Sie kann es ihm doch vorher angekündigt haben.«
»Sie hat zu Ashton gesagt, dass sie Flores zur Teilnahme am Hochzeitstoast überreden will.«
Lächelnd wartete Gurney ab, dass Hardwick noch einmal nachdachte.
Der Chief Investigator räusperte sich unsicher. »Du meinst, das war eine Lüge? Dass sie einen anderen Grund für den Besuch im Cottage hatte? Dass Flores sie davor schon mit irgendwas geködert hat und sie Ashton diese Hochzeitstoast-Geschichte nur vorgeschwindelt hat? Weitreichende Annahmen ohne jede Grundlage.«
»Wenn es ein vorsätzlicher Mord war, muss es so ähnlich gelaufen sein.«
»Aber wenn er nicht vorsätzlich war?«
»Unsinn, Jack. Das war keine impulsive Tat. Es war eine Nachricht. Keine Ahnung, an wen sie sich richtet oder was sie bedeutet. Aber eine Nachricht war es auf alle Fälle.«
Wieder zog Hardwick seine Refluxmiene, widersprach jedoch nicht. »Weil wir gerade von Nachrichten reden, wir haben eine ziemlich merkwürdige auf dem Handy des Opfers entdeckt – eine SMS , die sie eine Stunde vor ihrem Tod bekommen hat: ›Aus allen Gründen, die ich schrieb.‹ Nach Angaben der Telefongesellschaft war die Nachricht von Flores’ Handy, aber sie war mit ›Edward Vallory‹ unterzeichnet. Sagt dir der Name was?«
»Nicht das Geringste.« Im Zimmer war es dunkel geworden, und an ihren entgegengesetzten Enden der Couch konnten sie sich kaum mehr wahrnehmen. Gurney schaltete das Tischlämpchen auf seiner Seite ein.
Wieder rieb sich Hardwick fest mit den Händen übers Gesicht. »Bevor ich es vergesse, ich wollte noch was anderes Merkwürdiges erwähnen. Ist mir schon am Tatort aufgefallen, und der gerichtsmedizinische Bericht hat mich wieder dran erinnert. Vielleicht unwichtig, aber … das Blut an der Leiche, am Rumpf, das war alles auf der anderen Seite.«
»Auf der anderen Seite?«
»Ja, auf der Seite, die von Flores abgewandt war, als er mit der Machete zugeschlagen hat.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Du weißt doch … du weißt doch, wie das ist, wie man an einem Tatort einfach alles registriert. Und man stellt sich vor, was jemand gemacht haben muss, damit am Ende so was rauskommt.«
Gurney zuckte die Achseln. »Klar. Das läuft ganz automatisch.«
»Na ja, und ich hab eben gesehen, wie das ganze Blut aus den Halsschlagadern an ihrer hinteren Seite runtergelaufen ist, obwohl der Rumpf aufrecht dagesessen hat, gestützt von den Stuhllehnen. Und da frage ich mich, warum. Ich meine, auf beiden Seiten sind doch Arterien, wieso ist das Blut dann nur in die eine Richtung geflossen?«
»Und was für ein Geschehen hast du dir vorgestellt?«
Angewidert bleckte Hardwick die Zähne. »Ich hab mir vorgestellt, dass Flores sie mit einer Hand an den Haaren gepackt und ihr mit der anderen brutal die Machete durch den Hals gesäbelt hat – und das entspricht ziemlich dem Befund des Gerichtsmediziners.«
»Und?«
»Und dann … dann hält er den abgetrennten Kopf schräg gegen den pulsierenden Hals. Anders ausgedrückt, er benutzt den Kopf, um das Blut abzulenken. Damit es ihn
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