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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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starken Kontrast zu seinem teigigen Teint. Gurney fühlte sich unwillkürlich an ein unter Progerie leidendes, vorzeitig gealtertes Kind erinnert.
    Ohne ein Wort stieg er nach einer Weile wieder die Treppe hinauf. Er nahm sich vor, Scott Ashton nach Muller zu fragen. Die Eisenbahn und der Baum ließen darauf schließen, dass es sich um einen dauerhaften Zustand handelte und nicht um einen akuten Zusammenbruch, der ein sofortiges Eingreifen erforderte.
    Mit einem satten Geräusch zog er die schwere Haustür hinter sich zu. Als er auf dem Ziegelpfad zurück zu seinem Auto ging, stieg eine ältere Frau aus einem klassischen Land Rover, der direkt hinter seinem Outback parkte.
    Sie öffnete die Hecktür und sprach ein paar strenge, knappe Worte, dann sprang ein ziemlich großer Hund heraus. Ein Airedale Terrier.
    Wie der imposante Hund hatte auch die Frau etwas vornehm Drahtiges an sich. Ihre blühende Gesichtsfarbe war das schiere Gegenteil zu der Mullers. Mit dem entschlossenen Schritt einer geübten Wanderin steuerte sie auf Gurney zu. Sie führte den Hund an der kurzen Leine und hielt ihren Gehstock wie eine Keule in der Hand. Auf halber Strecke blieb sie breitbeinig stehen, den Stab fest auf einer Seite, den Hund auf der anderen, und versperrte ihm den Weg.
    »Ich bin Marian Eliot.« Es klang, als würde sie sich als hohes Gericht vorstellen.
    Der Name war Gurney vertraut. Er tauchte auf der Liste von Ashtons Nachbarn auf, die vom BCI vernommen worden waren.
    »Und wer sind Sie?«
    »Ich heiße Gurney. Warum fragen Sie?«
    Der Griff um den knorrigen Stock wurde fester: Zepter und potenzielle Waffe zugleich. Diese Frau war es gewohnt, Antworten zu bekommen, doch garantiert durfte man nicht den Fehler machen, sich von ihr tyrannisieren zu lassen, weil man sonst ihren Respekt verlor.
    Sie kniff die Augen zusammen. »Was machen Sie hier?«
    »Ich würde sagen, dass Sie das nichts angeht, wenn Ihre Sorge um Mr Muller nicht so offensichtlich wäre.« Er war sich nicht sicher, ob er die richtige Balance zwischen Selbstbewusstsein und Sensibilität gefunden hatte.
    Schließlich fragte sie nach einem durchdringenden Blick: »Ist alles in Ordnung mit ihm?«
    »Hängt davon ab, was Sie damit meinen.«
    Ein Flackern in ihrem Gesicht ließ erkennen, dass sie den Grund seiner ausweichenden Antwort verstand.
    »Er ist im Keller«, fügte Gurney hinzu.
    Sie verzog das Gesicht und nickte. »Mit der Eisenbahn?« Ihre herrische Stimme klang mit einem Mal weicher.
    »Ja. Ist das normal bei ihm?«
    Sie musterte das obere Ende ihres großen Stocks, als erwartete sie sich davon eine Eingebung. Gurneys Frage schien sie nicht sonderlich zu interessieren.
    Er beschloss, die Unterhaltung in eine andere Richtung zu lenken. »Ich untersuche den Mordfall Perry. Ich erinnere mich an Ihren Namen aus einer Liste von Zeugen, die im Mai vernommen wurden.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Eine Vernehmung würde ich das nicht nennen. Ursprünglich wurde ich angesprochen von … gleich fällt mir der Name wieder ein … Chefermittler Hardpan, Hardscrabble, Hard-irgendwas … ein ungehobelter Kerl, aber alles andere als dumm. Eigentlich sogar faszinierend – wie ein schlaues Rhinozeros. Leider ist er verschwunden und wurde von jemand namens Blatt oder Splat ersetzt. Blatt-Splat war nur unwesentlich weniger flegelhaft, doch dafür deutlich weniger intelligent. Wir haben nur kurz miteinander geredet, und diese Kürze war eine Wohltat, glauben Sie mir. Immer wenn ich so jemandem begegne, fühle ich mit den Lehrern, die ihn einst von September bis Juni ertragen mussten.«
    Diese Bemerkung erinnerte ihn an den Titel, der auf dem Deckblatt der Vernehmungsprotokollmappe neben dem Namen Marian Eliot gestanden hatte: Professorin für Philosophie (Princeton) im Ruhestand.
    »In gewisser Weise ist das auch der Grund, warum ich hier bin«, erwiderte Gurney. »Man hat mich gebeten, bei einigen der Befragten noch mal nachzufassen, um vielleicht neue Erkenntnisse zu gewinnen und besser zu verstehen, was wirklich passiert ist.«
    Ihre Brauen schossen nach oben. »Was wirklich passiert ist? Haben Sie da Zweifel?«
    Gurney zuckte die Achseln. »Einige Puzzleteile fehlen noch.«
    »Ich dachte, was fehlt, sind der mexikanische Axtmörder und Carls Frau.« Sie schien zugleich fasziniert und verärgert über diese unverhoffte Wendung. Die wachsamen Augen des Airedales hingen an seiner Herrin.
    »Vielleicht könnten wir woanders miteinander reden?«

19
Frankenstein
    Als Ort

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