Schließe deine Augen
Augen. »Fällt Ihnen jemand anders ein?«
»Dem ersten Ermittlungsbeamten haben Sie erzählt, dass Withrow Perry ein Gewehr mit dem gleichen Kaliber hat wie die Kugelfragmente, die hier auf der Terrasse sichergestellt wurden.«
»Sind Sie ihm schon mal begegnet, oder haben Sie mit ihm gesprochen?«
»Noch nicht.«
»Wenn Sie es getan haben, wird Ihnen die Vorstellung, dass Dr. Withrow Perry mit einem Scharfschützengewehr im Wald herumkriecht, völlig lächerlich erscheinen.«
»Und bei Hector Flores ist sie nicht lächerlich?«
»Hector hat bewiesen, dass er zu allem fähig ist.«
»Diese Szene aus Schindlers Liste … Soweit ich mich erinnere, hält sich der Kommandant nicht lange an den Rat. Ihm fehlt die Geduld dazu, und bald darauf werden Juden, die sich nicht benehmen, wie er das will, wieder erschossen.«
Ashton antwortete nicht. Sein Blick wanderte zum bewaldeten Hang hinter dem Pavillon.
Meistens traf Gurney seine Entscheidungen bewusst und genau kalkuliert, doch es gab eine Ausnahme: die Entscheidung darüber, wann er in einer Vernehmung die Gangart wechseln musste. In diesem Punkt handelte er aus dem Bauch heraus, so auch jetzt. Er lehnte sich zurück in den Eisenstuhl. »Marian Eliot ist eine echte Bewunderin von Ihnen.«
Die Anzeichen waren fast unmerklich, und vielleicht bildete Gurney es sich auch nur ein, doch zum ersten Mal seit Beginn der Unterhaltung hatte er den Eindruck, Ashton ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht zu haben. Allerdings erholte er sich schnell wieder. »Marian lässt sich leicht bezaubern«, antwortete er mit geschmeidiger Psychiaterstimme, »wenn man es nicht darauf anlegt, sie zu bezaubern.«
Gurney stellte fest, dass das haargenau seiner Einschätzung entsprach. »Sie hält Sie für ein Genie.«
»Sie ist eben begeisterungsfähig.«
Gurney probierte es mit einem anderen Ansatz. »Und was hat Kiki Muller von Ihnen gehalten?«
»Keine Ahnung.«
»Waren Sie nicht Ihr Psychiater?«
»Nur kurz.«
»Ein Jahr kommt mir nicht so kurz vor.«
»Ein Jahr? Eher zwei Monate, nein, nicht einmal zwei Monate.«
»Wann waren die zwei Monate zu Ende?«
»Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Schweigepflicht. Nicht einmal die zwei Monate hätte ich erwähnen dürfen.«
»Mrs Mullers Mann hat mir gesagt, dass sie bis zur Woche ihres Verschwindens jeden Dienstag einen Termin bei Ihnen hatte.«
Ashton runzelte nur ungläubig die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Eine andere Frage, Dr. Ashton. Ohne Einzelheiten über die Sitzungen mit Kiki Muller preiszugeben, können Sie mir erklären, warum ihre Behandlung so bald geendet hat?«
Die Antwort fiel ihm sichtlich nicht leicht. »Ich habe sie beendet.«
»Können Sie mir sagen, warum?«
Er schloss die Augen und kam zu einer Entscheidung. »Ich habe die Therapie beendet, weil sie meiner Meinung nach kein Interesse daran hatte. Sie wollte einfach nur hier sein.«
»Hier? Auf Ihrem Anwesen?«
»Sie ist eine halbe Stunde zu früh zu den Terminen erschienen und danach noch längere Zeit geblieben, angeblich weil sie so fasziniert war vom Garten, von den Blumen und so weiter. Tatsache war, dass ihre Aufmerksamkeit vor allem Hector Flores galt. Aber das wollte sie nicht zugeben. Das heißt, ihr Umgang mit mir war nicht aufrichtig und damit zwecklos. Also habe ich sie nach sechs oder sieben Sitzungen nicht mehr empfangen. Es ist riskant für mich, Ihnen das zu erzählen, aber es scheint wichtig, wenn sie hinsichtlich der Länge der Behandlung gelogen hat. Sie war mindestens schon neun Monate vor ihrem Verschwinden nicht mehr meine Patientin.«
»Kann es sein, dass sie Hector die ganze Zeit heimlich getroffen und ihrem Mann vorgemacht hat, dass sie sich zu Therapiesitzungen mit Ihnen trifft?«
Ashton holte tief Luft und atmete sie langsam wieder aus. »Ich wehre mich gegen die Vorstellung, dass sich etwas derart Unverfrorenes direkt unter meiner Nase, gleich da drüben in dem verdammten Cottage zugetragen haben könnte. Aber es passt natürlich dazu, dass sich die beiden … später zusammen abgesetzt haben.«
»Dieser Hector Flores … Was haben Sie eigentlich in ihm gesehen?«
Ashton zuckte zusammen. »Sie meinen, wie ich mich so schrecklich in jemandem täuschen konnte, dem ich drei Jahre lang fast jeden Tag begegnet bin? Die Antwort ist peinlich einfach: blindes Verfolgen eines Ziels, das mir viel zu wichtig geworden war.«
»Welches Ziel war das?«
»Dass Hector Flores zu einem neuen Menschen erblüht.« Ashton schien
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