Schlimmes Ende
überstanden hatte, ließ sich von dieser Tyrannin das gesamte weitere Leben ruinieren.
Ohne auch nur einen weiteren Augenblick lang zu zögern, packte er DIE HEILIGE SCHRIFT mit beiden Händen, hob sie hoch und knallte sie Frau Direktor Grausam-Unsäglich mit aller Wucht auf den Kopf. Ein Ausdruck völliger und äußerster Verblüffung huschte über das Gesicht der enormen Frau, bevor sie bewusstlos in sich zusammen und zu Boden sank - drauf auf die verdutzte Ratte.
Eddie beschloss, dass es wohl das Beste wäre, hier nicht weiter zu verweilen. Er machte die Tür seines Zimmers - eigentlich war es ja wohl doch eher eine Zelle, stimmt’s? - hinter sich zu, drehte den immer noch im Türschloss befindlichen Schlüssel von Frau Direktor Grausam-Unsäglich und bemerkte bei dieser Gelegenheit, dass sich noch dutzende weiterer Schlüssel an dem Schlüsselbund befanden. Mit diesen Schlüsseln sollte es ihm möglich sein, die meisten, wenn nicht sogar alle, Zimmer von Sankt Fürchterlich aufzuschließen. Er konnte überallhin. Er konnte alle befreien. Ja. Das war es doch, das wollte er doch machen. Er wollte die anderen Waisenkinder befreien. Er wollte einen Massenausbruch organisieren!
FOLGE 11
Die letzte Folge
In welcher wir nur hoffen können, dass alles,
was gut endet, auch tatsächlich gut endet
K eine Stunde war vergangen, seit Eddie aus seiner Zelle geflohen war und Frau Direktor Grausam-Unsäglich in ihr eingeschlossen hatte, aber die Veränderung, die das Waisenhaus durchgemacht hatte, war unglaublich.
Sankt Fürchterlich war normalerweise ein so düsterer Ort, dass es mehr Spaß gemacht hätte, den Abend in einem zugeklebten Sarg zu verbringen oder sich das eigene Bein abzunagen, nur ganz leicht mit Pfeffer und Salz gewürzt…, aber jetzt nicht mehr!
Es erklang Gelächter, Freudengeschrei und Gejohle, als über hundert Kinder, alle so schmuddelig, dass sie durchaus in Brikettsäcke oder Schornsteine oder auf einen Kostümball als Wandtafeln gepasst hätten, aus ihren Zellen befreit im ganzen Gebäude herumstürmten.
Mädchen und Jungen, die ihr gesamtes bisheriges Leben damit verbracht hatten, dankbar zu sein, hart zu arbeiten und
sich insgesamt schön mies zu fühlen, fanden jetzt zum ersten Mal heraus, was Spaß war - nicht dass sie das Wort »Spaß« erkannt hätten, wenn sie darüber gestolpert wären. Vom Lesen und Schreiben wurde im Waisenhaus aktiv abgeraten. Man hielt das für schlechten Einfluss.
Was sollten Waisenkinder mit Lesen und Schreiben anfangen? Alles, was sie lernen mussten, war Benehmen, Respekt vor Erwachsenen und mit so wenig Nahrung wie möglich auszukommen.
Zwar war einer der ersten Orte, an den die freigelassenen Kinder hasteten, der Küchentrakt, aber nicht, um dort zu essen.
Es gab dort ohnehin nichts, was ihr und ich als essbar angesehen hätten. Nein, sie strömten in die Küche wie Ameisen in die Ritze zwischen zwei Wackersteinen, um dem Koch eine Nachricht zu übermitteln.
Der Koch war ein sehr großer Mann mit mehr Warzen im Gesicht als eine Kröte…, und die Nachricht, die die Waisenkinder ihm übermittelten, war sehr einfach. Sie hoben ihn hoch, als wöge er nur wenig mehr als eine kleine Flickenpuppe - sie waren ja ganz viele, erinnern wir uns -, stellten ihn auf den Kopf und stopften ihn kopfüber in einen großen Bottich mit blubbernder Schleimsuppe.
Vielleicht findet ihr es schade, wenn ihr erfahrt, dass er diese Tortur überlebte und dass ihn die heiße Schleimsuppe sogar von seinen Warzen heilte. Aber damals ahnte der Koch noch nichts von alledem. Er wusste nur, dass die schrecklichen kleinen Kinder, die eigentlich in ihren Zellen - Entschuldigung, Zimmern - hätten eingesperrt sein müssen, frei herumtobten und dass er jetzt in einem Kessel feststeckte. Er hatte große Angst und wünschte sich, dass sie weggingen. Und sie gingen weg.
Die Armee der Waisenkinder spürte, dass der Sieg zum Greifen nah war, aber eine Armee musste sich bewaffnen. Die augenfälligsten Waffen waren die berühmten Sankt-Fürchterlich-Heim-für-dankbare-Waisen-Gurken. Das waren keine gewöhnlichen Gurken. Das Allerschlimmste, was man über eine gewöhnliche Gurke sagen kann, ist, dass sie nicht nach viel schmeckt, dass sie mit ihr belegte Brote aufweicht und, in dünne Scheiben geschnitten, gelegentlich am Gaumen klebt.
Nicht so die Sankt-Fürchterlich-Gurke. Die war ein ganz anderes Paar Stiefel…, was nur eine Redewendung ist. Ich meine damit nicht, dass die
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