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Schlimmes Ende

Titel: Schlimmes Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Ardagh
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Fürchterlich wäre ein ganz entzückender Ort irgendwo auf dem Lande, wo die beneidenswerten kleinen Kinderchen jede Menge frische Luft und Milch kriegten. Haargenau die Art Waisenhaus, für die man gern Geld ausgibt! Der Festwagen sollte bei Spendensammelaktionen in der ganzen Gegend eingesetzt werden.
    Weniger als dreiundzwanzigeinhalb Minuten, nachdem Eddie die riesige Kuh auf Rädern zum ersten Mal gesehen und entdeckt hatte, dass sie innen hohl war, hatte er alle Waisenkinder zusammengetrommelt, und sie drängten sich im Innern der Kuh.
    Einige Kinder verließen das Waisenhaus gar nicht gern, besonders die, die Eddie in Direktor Grausam-Unsäglichs Büro gefunden hatte, wo sie den armen Mann zwangen, Löschpapier zu essen. Sie ließen ihn an seinen Schreibtisch gefesselt zurück - gefesselt mit einer Vorhangschnur von seinen kostspieligen Samtvorhängen sowie mit einem großen, runden Briefbeschwerer im Mund -, wie ein Bratapfel im Maul eines großen Wildschweins bei einem mittelalterlichen Festmahl. So schnell würde er nicht um Hilfe rufen können.
    Nachdem nun alle Kinder in der riesengroßen, hohlen Kuh versteckt waren, spannte Eddie in rasender Eile ein Pferd, das er in einem der Ställe gefunden hatte, vor den Festwagen. Das Pferd war offensichtlich viel besser und liebevoller behandelt worden als die Waisenkinder. Auf jeden Fall war es besser ernährt. In seinem Stall befanden sich eine Vorspeise nebst Hauptgericht und drei verschiedenen Sorten Pudding zur Auswahl sowie eine Auswahl erlesener Weine.

    Endlich war Eddie bereit. Er musste mehrere Schlüssel in dem großen Vorhängeschloss am Tor ausprobieren, bevor er den passenden fand. Inzwischen war es dunkel geworden, aber am Himmel war noch genug Mond, sodass man etwas sehen konnte. Eddie stieß das Tor weit auf und schwang sich auf das Pferd. Die riesige Kuh auf Rädern rumpelte über den Hof und hinaus in die Freiheit und die Nacht.
     
     
    Am nächsten Morgen, als Eddies Großtante, die Wahnsinnige Tante Maud, erwachte, war sie verwirrt. Aus irgendeinem Grunde hatten sie und ihr Mann, der Wahnsinnige Onkel Jack, die Nacht schlafend in ihrer Kutsche verbracht anstatt in irgendeiner dortigen Herberge, aber - sosehr sie sich auch anstrengte - sie kam nicht drauf, warum.
    Sie erinnerte sich undeutlich, dass es etwas mit der Kaiserin von Ganzchina zu tun hatte oder mit dem Theaterdirektor Mr Pumblesnook, und waren die beiden nicht, wenn man genauer darüber nachdachte, sowieso eine und dieselbe Person? Hatte Mr Pumblesnook nicht behauptet, er wäre die Kaiserin, und hatte Eddie nicht behauptet, ein Waisenknabe zu sein?
    Eddie? Was war überhaupt aus diesem netten Jungen geworden? Ja! Das war’s! Es hatte sich herausgestellt, dass er gar nicht ihr Großneffe war, sondern in Wirklichkeit ein entflohenes Waisenkind. Dann hatte ihn ein Greifer abgeholt, genau so war es. Es war alles reichlich verwirrend.
    An guten Tagen neigte die Wahnsinnige Tante Maud ja ohnehin zum Durchdrehen, aber heute Morgen rotierte sie. Wo war Malcolm? Was war Malcolm geschehen? Panisch suchte sie das Innere der Kutsche im frühen Morgenlicht ab. Ihr Blick fiel auf das ausgestopfte Wiesel und ihr Puls wurde wieder normal. Da war er. Sicher und wohlbehalten.

    »Guten Morgen, Malcolm!«, sagte sie, deutlich erleichtert.
    »Ich heiße Jack«, erinnerte sie der Wahnsinnige Onkel Jack, der aus einem leichten Schlaf erwachte.
    »Ich sprach mit meinem Wiesel, Gatte«, erklärte die Wahnsinnige Tante Maud, da die abgeschnittenen Wieselhaare ihr über Nacht aus den Ohren gefallen waren, wodurch ihr Gehör wiederhergestellt war. Da sie ohnehin rotiert und im Sitzen geschlafen hatte, hatte sie furchtbare Halsschmerzen. Es fühlte sich an, als hätte ihr jemand eine Hutnadel seitlich in den Hals gestochen.
    »Aber ich dachte, dein Wiesel hieße Sally«, protestierte er. »Ich habe sie immer Sally genannt. Sally Wiesel.«
    »Er ist ein Er und keine Sie und er heißt Malcolm«, verkündete Maud.
    »Du versetzt mich immer wieder erneut in Erstaunen, o meine liebe Gattin«, sagte der Wahnsinnige Onkel Jack voller Stolz. Er zog ihr seitlich eine Hutnadel aus dem Hals und küsste die Stelle, an der sie gesteckt hatte.
    Der Schmerz ließ beinah augenblicklich nach. »Wie ist die denn da hineingeraten?«, fragte sie.
    »Du hast nachts geschnarcht und die Kaiserin von Ganzchina hat dich damit gestochen«, erklärte der Wahnsinnige Onkel Jack. »Diese Chinesen sind ja voll der Geheimnisse des Fernen

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