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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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Krankenhäuser, deshalb brachte er sie zu einem Navajo-Medizinmann, der die Bissstelle aufschnitt und eine dunkelbraune Paste darauf schmierte und ein paar Sprüche herunterleierte, und im Handumdrehen war Lori wieder quietschfidel. »An dem Tag, als du dich verbrannt hast, hätte deine Mutter dich zu dem Medizinmann bringen sollen«, sagte Dad, »nicht hierher zu diesen studierten Quacksalbern, die nichts als Scheiße im Hirn haben.«
    Als sie das nächste Mal zu Besuch kamen, hatte Brian einen schmutzigen weißen Verband mit getrockneten Blutflecken um den Kopf. Mom sagte, er wäre von der Couchlehne gefallen und mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen, aber sie und Dad hätten beschlossen, ihn nicht ins Krankenhaus zu bringen.
    »Es hat stark geblutet«, sagte Mom, »aber ein Kind im Krankenhaus reicht.«
    »Außerdem«, sagte Dad, »bei Brians hartem Schädel hat der Fußboden wahrscheinlich noch mehr abbekommen.«
    Brian fand das zum Schreien komisch und kriegte sich nicht mehr ein.
    Mom erzählte, dass sie unter meinem Namen bei einer Tombola auf der Kirmes mitgespielt hatte, und ich hätte einen Hubschrauberflug gewonnen. Ich war ganz aus dem Häuschen. Ich war noch nie mit einem Hubschrauber oder Flugzeug geflogen.
    »Wann darf ich fliegen?«, fragte ich.
    »Och, das haben wir schon gemacht«, sagte Mom. »War toll.«
    Dann bekam Dad Streit mit dem Arzt. Es ging darum, dass Dad meinte, ich sollte keine Verbände tragen. »Brandwunden müssen atmen«, erklärte er dem Arzt.
    Der Arzt sagte, die Verbände wären notwendig, um Infektionen zu vermeiden. Dad starrte den Arzt an. »Infektionen, so ein Blödsinn«, sagte Dad. Er schnauzte den Arzt an, er sei schuld, wenn ich für den Rest meines Lebens vernarbt wäre, aber ich würde nicht die Einzige mit Narben sein, das könne er ihm garantieren.
    Dad hob die Faust, als wollte er den Arzt schlagen, der die Hände hob und zurückwich, doch ehe irgendwas passieren konnte, tauchte ein Wachmann in Uniform auf und sagte, Mom und Dad und Lori und Brian müssten sofort gehen.
    Hinterher fragte mich eine Schwester, ob mit mir alles in Ordnung wäre. »Na klar«, sagte ich. Ich erklärte ihr, es würde mir nichts ausmachen, wenn ich irgend so eine blöde Narbe
    hätte. Das sei gut, sagte sie, es sähe nämlich ganz danach aus, als hätte ich noch andere Sorgen.
    Ein paar Tage später, als ich etwa sechs Wochen im Krankenhaus lag, stand Dad auf einmal allein in der Tür zu meinem Zimmer. Er sagte mir, ich würde entlassen - á la Rex Walls.
    »Geht das denn?«, fragte ich.
    »Vertrau einfach deinem alten Herrn«, sagte Dad.
    Er nahm meinen rechten Arm aus der Schlinge über meinem Kopf. Als er mich an sich zog, atmete ich den vertrauten Geruch von Vitalis-Haarwasser, Whiskey und Zigarettenrauch ein. Ich fühlte mich an zu Hause erinnert.
    Dad trug mich hastig in seinen Armen den Gang entlang. Hinter uns schrie eine Schwester, wir sollten stehen bleiben, aber Dad rannte los. Er stieß eine Notausgang-Tür auf, lief die Treppe hinunter und hinaus auf die Straße. Unser Auto, ein verbeulter Plymouth, den wir Blaue Gans nannten, parkte mit laufendem Motor gleich um die Ecke. Mom saß auf dem Beifahrersitz, Lori und Brian mit Juju auf der Rückbank. Dad schob mich zu Mom hinüber und setzte sich hinters Steuer.
    »Du musst keine Angst mehr haben, Kleines«, sagte Dad. »Jetzt bist du in Sicherheit.«
    Wenige Tage nachdem Mom und Dad mich nach Hause geholt hatten, kochte ich mir ein paar Hot Dogs. Ich hatte Hunger, Mom arbeitete an einem Gemälde, und es war sonst keiner da, der sie mir hätte kochen können.
    »So ist es richtig«, sagte Mom, als sie mich am Herd stehen sah. »Immer gleich wieder in den Sattel steigen. Vor so normalen Sachen wie Feuer darfst du keine Angst haben.«
    Hatte ich auch nicht. Im Gegenteil, Feuer faszinierte mich jetzt erst recht. Auch Dad fand, dass ich mich meinem Feind stellen sollte, und er zeigte mir, wie ich mit dem Finger durch eine Kerzenflamme fahren konnte. Ich tat es immer und immer wieder, wurde von Mal zu Mal langsamer, beobachtete, wie mein Finger die Flamme regelrecht zu zerteilen schien, probierte aus, wie viel Flamme mein Finger aushalten konnte, ohne sich zu verbrennen. Ich hielt ständig Ausschau nach größeren Feuern. Wenn Nachbarn Müll verbrannten, rannte ich sofort hin und schaute zu, wie die lodernden Flammen versuchten, der Mülltonne zu entkommen. Dann schob ich mich näher und näher heran, bis die Hitze auf meinem Gesicht

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