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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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Quixote!«, sagte ich.
    »Katzen reisen nicht gern!«, erklärte Mom.
    Wer nicht gern reiste, sei bei unserem Abenteuer fehl am Platze, meinte Dad. Er hielt das Auto an, packte Quixote am Nackenfell und warf ihn aus dem Fenster. Quixote landete mit einem kreischenden Miauen und einem dumpfen Aufprall, Dad gab Gas, und ich brach in Tränen aus.
    »Sei nicht so gefühlsduselig«, sagte Mom. Sie erklärte, wir könnten jederzeit eine andere Katze haben und dass Quixote nun eine Wildkatze werden würde, was viel mehr Spaß machte, als bloß eine Hauskatze zu sein. Brian, der Angst hatte, dass Dad auch Juju aus dem Fenster werfen könnte, hielt den Hund ganz fest.
    Um uns Kinder abzulenken, sang Mom mit uns Lieder wie »Don't Fence Me In« und »This Land Is Your Land«, und Dad stimmte eine schwungvolle Version von »Old Man River« und seinem Lieblingssong »Swing Low, Sweet Chariot« an. Nach einer Weile dachte ich nicht mehr an Quixote und Tinkerbell und die Freundinnen, die ich in dem Wohnwagenpark zurückgelassen hatte. Dad erzählte, was wir für aufregende Dinge unternehmen würden und dass wir reich werden würden, wenn wir erst an unserem neuen Wohnort angekommen wären.
    »Wohin fahren wir denn, Dad?«, fragte ich.
    »Dahin, wo wir landen«, sagte er.
    Später in der Nacht hielt Dad mitten in der Wüste, und wir schliefen unterm Sternenhimmel. Wir hatten keine Kissen, aber Dad sagte, das gehöre dazu. Er wolle uns nämlich eine gute Körperhaltung beibringen. Die Indianer benutzten auch keine Kissen, erklärte er, und seht euch an, wie gerade die sich halten. Wir hatten ja unsere kratzigen Armeedecken, die breiteten wir aus und legten uns darauf, den Blick auf das Sternenmeer gerichtet. Ich sagte zu Lori, was für ein Glück wir doch hätten, draußen im Freien zu schlafen wie Indianer.
    »Ich könnte immer so leben«, sagte ich.
    »Ich glaube, das werden wir auch«, sagte sie.
    Wir türmten ständig, meistens mitten in der Nacht. Manchmal hörte ich, wie Mom und Dad über die Leute redeten, die hinter uns her waren. Dad nannte sie Handlanger, Blutsauger und die Gestapo. Manchmal machte Dad komische Andeutungen über Manager von Standard Oil, die das Land stehlen wollten, das Moms Familie in Texas gehörte, und über FBI-Agenten, die Dad wegen einer dunklen Sache verfolgten, von der er uns nichts erzählte, um uns nicht auch noch in Gefahr zu bringen.
    Weil Dad sich so sicher war, dass ein ganzes Aufgebot von FBI-Leuten hinter uns her war, rauchte er seine filterlosen Zigaretten vom falschen Ende an. Auf diese Weise, so erklärte er uns, verbrannte der aufgedruckte Markenname, und falls die Leute, die uns verfolgten, in seinen Aschenbecher kuckten, würden sie nur unidentifizierbare Kippen finden statt der Pall Mall, die ihn verraten könnten. Aber Mom erzählte uns, dass das FBI gar nicht hinter Dad her war, er sagte das bloß, weil es mehr Spaß machte, vom FBI gesucht zu werden als von Geldeintreibern.
    Wir zogen umher wie Nomaden. Wir lebten in staubigen Bergarbeiterstädtchen in Nevada, Arizona und Kalifornien, meistens bloß eine spärliche Ansammlung von traurigen, baufälligen Hütten, einer Tankstelle, einem Laden und ein oder zwei Kneipen. Sie hatten Namen wie Needles and Bouse, Pie Town, Goffs und Why und lagen in der Nähe von Orten wie den Superstition Mountains, dem ausgetrockneten Soda Lake und dem Old Woman Mountain. Je verlassener und entlegener, desto besser gefiel es Mom und Dad.
    Dad suchte sich meist Arbeit als Elektriker oder Ingenieur in einem Gips- oder Kupferbergwerk. Mom sagte immer richtig stolz, dass Dad das Blaue vom Himmel herunterlügen könne. Er ließ sich Jobs einfallen, die er nie gehabt, und Universitätsabschlüsse, die er nie gemacht hatte. Auf diese Weise kriegte er so ziemlich jeden Job, den er haben wollte, nur dass er keine große Lust verspürte, ihn lange zu behalten. Manchmal gewann er beim Glücksspiel oder verdingte sich als Gelegenheitsarbeiter. Wenn er sich dann langweilte oder rausgeschmissen wurde oder wenn sich die unbezahlten Rechnungen türmten oder ein Störungssucher von den Stadtwerken rausfand, dass Dad unseren Wohnwagen an einen Strommast angeschlossen hatte - oder wenn das FBI zu nah kam -, packten wir mitten in der Nacht unsere Sachen und machten uns aus dem Staub, fuhren so lange, bis Mom und Dad eine andere Kleinstadt gefunden hatten, die ihnen auf Anhieb gefiel. Dann kurvten wir herum und hielten nach Häusern mit einem »ZU-VERMIETEN«-Schild

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