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Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schloss der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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immer!«
    Die Wächterin betrachtete mich mit einem Blick, der wie ein eisiger Windstoß durch mich hindurchfegte und mir den Atem nahm. Ich hatte Mühe, mein Zittern zu kontrollieren, und reagierte mit einem Gegenangriff.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte ich hochmütig.
    »Ist das nicht mehr als offensichtlich? Du bist kein Engel! Sieh dich doch nur an! Denk an dein Versagen! Außerdem habe ich ein Gespür für menschliche Seelen. Schließlich muss ich die Wartenden im Zaum halten, deren Schicksal noch nicht entschieden ist – und du bist weder tot noch ein Engel. Du gehörst mir !«
    Die Wächterin löste ihren fesselnden Blick von mir, und ich bekam endlich wieder Luft zum Atmen. »Und wer, wenn ich fragen darf, hat das Recht, über meinen Kopf hinweg zu entscheiden und mich jemandem wie dir zu versprechen?!«
    »Die Mächtigen. Frag deinen Engelsfreund – er kennt sie. Aber mehr darf ich dir nicht verraten.«
    »Ach ja?! Wie schade!« Damit hatte ich gerechnet. Die Wächterin log. Sie wollte mich haben. Nur warum, war mir ein Rätsel. »Vielleicht kannst du mir dann wenigstens erklären, wie ich ins Schloss der Engel gekommen bin. Oder fällt dir dazu auch nichts ein?«
    »Das, mein Liebes, war einfach. Coelestin sollte dringend seine Vorkehrungen überprüfen, damit so etwas nicht noch einmal passiert.«
    Als die Totenwächterin antwortete, verstärkte sie erneut ihren Zugriff auf mich – ein leichtes Pochen hinter meiner Stirnund ihr intensiver Blick verrieten sie. Ich biss verärgert die Zähne zusammen, dachte an Christopher und widerstand ihrer Anziehungskraft. Sie wusste gar nichts. Sonst würde sie nicht in Rätseln sprechen. Und solange Christopher bei mir war, konnte sie mir auch nichts anhaben. Weder morgen noch übermorgen noch sonst irgendwann!
    »Bevor ich dich hier allein zurücklasse, interessiert mich nur noch eins: Wann lässt du mich endlich in Ruhe?!«
    Das schöne Gesicht der jungen Frau verzerrte sich zu einem widerlichen Grinsen. Ich schlang instinktiv die Arme um meinen Körper.
    »Du ungläubige Menschenseele. Spürst du noch nicht die Kälte, die dich umgibt? Den Hauch des Todes? Morgen wirst du glauben, dein Inneres würde erfrieren – und das tut es auch. Deine unreife Seele wird erkalten. Wenig später wirst du dir wünschen, nie das Licht der Welt erblickt zu haben. Wenn deine erstarrte Seele in deinem Körper erkennt, dass sie in dir gefangen ist, wird die Kälte unerträglich. Doch dann, mein Kind, ist es zu spät. Dann wirst du sterben, noch ehe der Tag anbricht – unwiderruflich.«
    Der hässliche Zug, der ihr Gesicht entstellte, wich wieder dem weichen, anziehenden Ausdruck. »Lynn, komm zu mir. Jetzt!« Sie erhob ihre Hände und erwartete mich mit offenen Armen. Alles an ihr wirkte anziehend, verlockend – allzu betörend.
    Bilder erwachten in meinem Inneren: Mein Zuhause, meine Freunde, meine Familie lagen nur einen Schritt entfernt. Heimweh flammte in mir auf. Ich könnte zurück und mein altes Leben weiterführen. Sie hatte es versprochen.
    Und Christopher?!
    Der Gedanke an ihn veränderte alles. Ein Leben ohne ihn? Niemals! Eine Träne lief über meine Wange – eine Abschiedsträne –, doch ich hatte mich entschieden.

Kapitel 16
    Verzehrende Stunden
    W eit vor Sonnenaufgang erreichte ich das Schloss.
    »Was treibt dich denn schon so zeitig aus dem Bett?«
    Christophers vertraute Stimme besänftigte mein angegriffenes Gemüt und zog mich zu seinem wärmenden Körper. Seine Gegenwart beruhigte mich. Die Anspannung, die seit dem Zusammentreffen mit der Totenwächterin in mir steckte, löste sich in seinen Armen auf.
    »Was ist los mit dir?«
    »Nichts, mir ist nur ein wenig kalt«, erwiderte ich, um Christopher zu beschwichtigen.
    Er hob mein Kinn und sah mir forschend in die Augen – was bei mir seltsamerweise ein Glücksgefühl hervorrief, anstatt mich zu warnen, vorsichtig zu sein, was ich ihm erzählte und was lieber nicht. Nicht dass er meinetwegen das Schloss verließ und die Totenwächterin aufsuchte.
    »Lynn! Was versuchst du, vor mir zu verheimlichen?«
    »Nichts, ich ...«
    »Glaubst du, ich sehe nicht, dass mit dir etwas nicht stimmt?« Behutsam strich seine Hand durch meine Haare. »Hast du Ärger mit Aron?«
    »Mit Aron? Wie kommst du darauf?« Obwohl Christopher mit seiner Vermutung nicht danebenlag, wollte ich auf keinen Fall, dass er Aron nach mir ausfragte. Bestimmt würde der ihm von meinem nächtlichen Besuch bei der Wächterin erzählen.

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