Schloß Gripsholm
mir. Und
es sagte: Ja.
Aus einem Fenster blickte man auf das Wasser, aus ei-
nem andern in einen stillen kleinen Park. Die Prinzessin,
die die Vernunft ihres Geschlechts hatte, sah sich inzwi-
schen an, wo man sich waschen konnte und wie es mit den
Lokalitäten bestellt wäre … und kam zufrieden zurück.
Der Preis war erstaunlich billig. „Wie kommt das?“ fragte
ich den Dicken; wir sind selbst dem Glück gegenüber so
argwöhnisch. Die Dame im Schloß täte es aus Freundlich-
keit für ihn, denn sie kannte ihn, auch kamen selten Leute
hierher, die lange bleiben wollten. Mariefred war als klei-
ner Ausflugsort bekannt; man weiß, wie solche Bezeich-
nungen den Plätzen anhaften. Da mieteten wir.
Und als wir gemietet hatten, sprach ich die goldenen
Worte meines Lebens: „Wir hätten sollen …“ und bekam
von der Prinzessin einen Backenstreich: „Oll Krittelkopp!“
Und dann begossen wir die Mietung mit je einem gro-
ßen Branntwein, wir alle drei. „Kennen Sie die Frau im
Schloß gut? Sie ist doch so nett zu uns?“ fragte ich Herrn
Bengtsson. „Wissen Sie,“ sagte er nachdenklich, „den
Affen kennen alle — aber der Affe kennt keinen.“ Und
das sahen wir denn auch ein. Und dann verabschiedete
sich der Dicke. Die Koffer kamen, und wir packten aus,
stellten die Möbel so lange um, bis sie alle wieder auf dem-
selben Platz standen wie zu Anfang … die Prinzessin ba-
dete Probe, und ich mußte mich darüber freuen, wie sie
nackt durchs Zimmer gehen konnte — wirklich wie eine
Prinzessin. Nein, gar nicht wie eine Prinzessin: wie eine
Frau, die weiß, daß sie einen schönen Körper hat. „Lydia,“
sagte ich, „in Paris war einmal eine Holländerin, die hat
sich auf ihren Oberschenkel die Stelle tätowieren lassen,
auf die sie am liebsten geküßt werden wollte. Darf ich
fragen …“ Sie antwortete. Und es beginnt nunmehr der
Abschnitt
6
Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele.
Der Himmel war weiß gefleckt; wenn man von der
Sonne recht schön angebraten war, kam eine Wolke, ein
leichter Wind lief daher, und es wurde ein wenig kühl. Ein
Hund trottete über das Gras, dahinten. „Was ist das für
einer?“ fragte ich. „Das ist ein Bulldackel“, sagte die Prin-
zessin. Und dann ließen wir wieder den Wind über uns
hingehen und sagten gar nichts. Das ist schön, mit jemand
schweigen zu können.
„Junge“, sagte sie plötzlich. „Es ist ganz schrecklich —
aber ich bin noch nicht hier. Gott segne diese berliner Ar-
beit. In meinem Kopf macht es noch immer: Burr-burr …
Der Alte und all das Zeugs …“
„Wie ist der Alte jetzt eigentlich?“ fragte ich faul.
„Na … wie immer … Er ist dick, neugierig, feige und
schadenfroh. Aber sonst ist er ein ganz netter Mensch.
Dick — das wäre ja zu ertragen. Ich habe dicke Männer
ganz gern.“ Ich machte eine Bewegung. „Brauchst dir gar
nichts einzubilden … Dein bißchen Fett!“
„Du glaubst wohl, weil du Lydia heißt, du wärst was
Beßres! Ich will dir mal was sagen …“ Nachdem sich die
Unterhaltung wieder gesetzt hatte:
„Also gut, dick. Aber seine Neugier … er hätte am lieb-
sten, ich erzählte ihm jeden Tag einen neuen Klatsch aus
der Branche. Er ist ein seelischer Voyeur. Er selbst nimmt
an den meisten Dingen gar nicht richtig teil; aber er will
ganz genau wissen, was die andern machen und wie sie
es machen und mit wem, und wieviel sie wohl verdie-
nen — das vor allem! Und wovon sie leben … Wie? Wie
er Geld verdient? Das macht er durch seine rücksichtslose
Frechheit. Daddy, das lernen wir ja nie! Ich sehe das nun
schon vier Jahre mit an, wie der Herr Generalkonsul zum
Beispiel nicht zahlt, wenn er zahlen soll … Wir könnten
das nicht, deshalb kommen wir ja auch nicht zu Geld.
Das muß man mitansehn! Da kann aber kommen, wer
will; diese eiserne Stirn, mit der er unterschriebene Ver-
träge verdreht, ableugnet, sich plötzlich nicht mehr erin-
nert, wie er sich verleugnen läßt … nein, Daddy, du lernst
es nicht. Du willst es doch immer lernen! Du lernst es
nicht!“
„Lassen die Leute sich denn das gefallen?“
„Was sollen sie denn machen? Wenn es Ihnen nicht
paßt, sagt er, dann klagen Sie doch! Aber ich beziehe dann
bei Ihnen nichts mehr! Und das hält er auch eisern durch.
Das wissen die Leute ganz genau — sie geben schließlich
nach. Neulich haben wir doch das ganze Büro renovieren
lassen — was er da mit den Handwerkern
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