Schloss meiner Sehnsucht
ehrlich, ein bisschen mulmig ist mir schon zumute.“
„Ach was, Tim ist doch bei dir.“
„Ja, der sieht das ganz locker. Männer!“
„Hallo, redet ihr gerade von mir?“ Unbemerkt von den beiden Freundinnen war Tim hereingekommen. Stirnrunzelnd sah er Kerstin an. „Was hast du denn vor?“
„Gefällt’s dir nicht?“ Unsicher sah sie ihn an.
„Doch. Siehst toll aus. Nur …“
„Das ist für die Party bei Sternburgs gedacht.“
„Perfekt.“ Er grinste. „Besonders das Oberteil.“ Da die Bluse ja noch bei Melanie war, hatte Kerstin nur einen kleinen BH an.
„Ich sag’s ja – Männer!“ Sie schob ihn aus den kleinen Zimmer. „Raus. Du bist einfach nicht mit dem nötigen Ernst bei der Sache.“
„Ich nehme diese Einladung sogar sehr ernst.“ Tim griff in die Jacketttasche und zog einen hellen Büttenumschlag hervor. „Hier, für dich, Melanie.“
„Für mich?“
„Nimm schon, es ist kein Gift dran.“
„Was soll ich denn mit einer Einladung?“ Fassungslos sah sie auf die Karte.
„Na was wohl – hingehen.“
„Aber …“
„Volker feiert sein bestandenes Examen mit einer Party. Das ist doch was ganz Normales. Dass er nun mal auf einem Gutshof groß geworden ist … dafür kann er doch nichts.“ Tim legte einen Arm um Kerstin, den anderen um Melanie. „Ich jedenfalls freu mich drauf, mit euch zwei Hübschen dahin gehen zu können.“
„Ich hab nichts anzuziehen!“
„Das war doch mein Spruch“, lachte Kerstin, die sich freute, dass die Freundin mitkommen konnte.
„Ach was, das ist doch sowieso eine irre Idee! Nein, nein, ich komm nicht mit. Was denkt sich dieser Volker? Dass er nur mit dem Finger schnipsen muss und alle Leute springen? Nicht mit mir!“ Vehement schüttelte Melanie den Kopf.
„Nun sei nicht albern! Er ist einfach froh, dass er die Prüfung endlich geschafft hat. Und er will mit den Leuten, die er mag, feiern. Daran ist nun wirklich nichts Verwerfliches.“ Tim fühlte sich bemüßigt, den Freund in Schutz zu nehmen.
„Ach was – es ist der zweite oder gar dritte Versuch? Hätte ich mir denken können!“ Voller Ironie war Melanies Stimme.
„Sei doch nicht zickig!“ Jetzt wurde Tim echt sauer. „Niemand zwingt dich zum Mitkommen. Sag einfach ab, dann ist die Sache gegessen.“
„Kommt ja gar nicht in Frage!“ Kerstin schüttelte den Kopf. „Du sagst zu – keine Widerrede. Sonst kündige ich dir die Freundschaft. Und deine schwarze Bluse ziehst du natürlich an. Ich finde schon was anderes.“
„Ach was. Ich kann auch das blaue Seidenkleid anziehen …“
Na also, dachte Tim. Wenn sie schon überlegt, was sie anziehen soll, kommt sie auch mit. Volker hätte mir auch die Freundschaft gekündigt, wenn ich Melanie nicht mitgeschleppt hätte.
Die beiden Freunde hatten eine ziemlich heftige offene Aussprache gehabt, in der Tim deutlich gemacht hatte, dass er keinesfalls dulden würde, dass Volker mit Melanie nur spielte.
„Ich hab’s dir ja schon mal gesagt: Tu ihr nicht weh, sonst gibt’s ernsthaften Zoff.“
„Schon klar. Ich tu ihr ja nichts, ich lade sie nur ganz harmlos zu einer Party ein.“
„Du, die Zeiten, da sich ein Saulus zum Paulus wandelte, sind vorbei.“
„Was du nicht alles weißt …“ Volker zog es vor, das Thema zu wechseln. Irgendwie kam er beim Thema Melanie immer ins Schwitzen. Sie war so anders als alle anderen Frauen, die er kannte. Der Teufel mochte wissen, warum sie ihm nicht aus dem Kopf ging – und er sie unbedingt wieder sehen musste. Die Party war eine gute Gelegenheit, ihr näher zu kommen.
Melanie und Kerstin diskutierten noch eine ganze Weile, was wer anziehen könnte und wen man wohl treffen würde. Tim hörte amüsiert zu. Er, der jeden Tag mit Berühmtheiten – oder solchen, die sich dafür hielten – zu tun hatte, sah alles viel relaxter.
„Ich hab Hunger“, verkündete er nach einer Weile.
„Shit, ich hab vergessen, einzukaufen“, musste Kerstin zugeben.
„Eisschranktechnisch sieht es auch mies aus“, erklärte Melanie nach einem kontrollierenden Blick. „Ein paar Tomaten sind da und ein Glas Gurken.“
„Ich bin nicht schwanger.“ Tim stand auf. „Also Pizzaservice. Einverstanden?“
„Was bleibt uns übrig?“ Kerstin grinste. „Ich krieg aber nur Salat, sonst passe ich nicht in Melanies Bluse!“
+ + +
Nebelschleier lagen noch über dem Chiemsee, als Oliver von Sternburg zum Bootssteg hinunter ging. Ein paar Mal sah sich der Graf um, ehe er das kleine Motorboot
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