Schluessel zur Hoelle
wir nie Schwierigkeiten. Warum sollte es diesmal nicht klappen?«
»Dann müssen wir uns nur noch über den Preis einigen«, sagte Chavasse.
»Der spielt keine Rolle«, warf Francesca ein.
»Bitte, Signorina.« Orsini küßte ihr galant die Hand. »Kein Wort mehr darüber. Ich betrachte es als Ehrensache, Ihnen zu helfen.«
Sie schien den Tränen nahe, und Chavasse lenkte schnell auf ein anderes Thema ab. »Ich habe das Gefühl, mit diesem Ramiz stimmt irgendwas nicht. Sind Sie sicher, daß er Sie angerufen hat?«
Sie nickte. »Völlig. Er stammt aus dem Kreis Vlora. Die Leute dort sprechen mit einem besonderen Akzent. Er war es bestimmt.«
Chavasse beschloß, Ramiz trotzdem genau unter die Lupe zu nehmen. Möglicherweise waren die Sigurmi dem Ganzen auf die Spur gekommen. Vielleicht hatten sie Marco Minettis Leiche gefunden, oder sie hatten, was noch wahrscheinlicher war, die Leute, durch deren Hände die Madonna in Albanien gegangen war, geschnappt. Jeder Mensch ertrug nur ein bestimmtes Maß an Schmerzen. Wenn dieses Maß überschritten wurde, hielten die wenigsten dicht.
Daß die Albaner mit allen Mitteln versuchen würden, die Madonna zurückzubekommen, stand außer Zweifel. Ihr Verschwinden mußte sie viel politisches Prestige gekostet haben, und das Wissen, daß sie noch in ihrem eigenen Land war, spornte sie bei ihrer Suche sicherlich zusätzlich an.
»Wenn Ramiz selbst angerufen hat, dann hat man ihn wahrscheinlich dazu gezwungen. Oder zumindest wußte man von seinem Anruf.« Er zog den Zettel hervor, den Francesca ihm gegeben hatte. »Kennst du dieses Hotel?«
Orsini nickte. »Es ist nicht weit von hier. Eine drittklassige Absteige, wo man keine Fragen stellt und Huren stundenweise Zimmer mieten.« Er wandte sich an Francesca. »Nichts für eine Dame.«
Sie wollte protestieren, doch Chavasse schnitt ihr das Wort ab. »Giulio hat recht. Sie können sich sowieso kaum noch auf den Beinen halten. Was Sie brauchen, sind ein paar Stunden Schlaf. Sie können mein Hotelzimmer haben.« Er wandte sich zu Carlo um. »Würden Sie sie bitte hinbringen?«
Er zog seine Jacke an, und sie stand auf. »Seien Sie bloß vorsichtig.«
»Um mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.« Er gab ihr einen Klaps. »Sperren Sie die Zimmertür zu, und schlafen Sie sich richtig aus. Ich komme später.«
Sie ging hinaus, und Carlo folgte ihr. Als Chavasse sich umdrehte, grinste Orsini ihn an. »Wie herzerfrischend jung und schön.«
»Etwas, das du nie gewesen bist«, sagte Chavasse. »Komm, gehen wir.«
Es regnete draußen immer noch, und am Geländer der Hafenmauer, an dem sie entlanggingen, hingen silberne Tropfen. Die alten stuckverzierten Häuser ragten dunkel und unwirklich aus dem Nebel auf, und die Straßenlaternen waren wie helle Oasen in einer finsteren Welt.
Das Hotel lag fünf Minuten vom Tabu entfernt -ein schäbiges Haus, von dessen Mauern der Verputz abgebröckelt war. Die Tür stand offen, und sie traten in die dunkle Halle. Hinter dem Empfangspult saß niemand, und als Orsini ungeduldig auf die Klingel drückte, rührte sich nichts.
»Hat sie dir die Zimmernummer gesagt?«
Chavasse nickte. »Sechsundzwanzig.«
Der Italiener ging hinter das Pult zum Schlüsselbrett. Er kam zurück und schüttelte den Kopf. »Der Schlüssel ist nicht da. Er muß auf seinem Zimmer sein.«
Sie stiegen eine wacklige Holztreppe zum ersten Stock hinauf. Es roch unangenehm nach Bratenfett und Urin. Eine tiefe, unheimliche Stille herrschte. Sie gingen den Korridor hinunter, bis Chavasse durch eine Tür Musik und hohes, schrilles Lachen hörte. Er wollte schon klopfen, als Orsini, der vor der gegenüberliegenden Tür stehengeblieben war, sagte: »Hier ist es.«
Er stieß die Tür auf, ging hinein und drehte am Lichtschalter. Es blieb finster. Er zündete ein Streichholz an, und Chavasse trat neben ihn.
Das Zimmer war fast leer. Nur ein eisernes Bett und ein Waschtisch standen darin. Auf dem Fußboden, neben einer Binsenmatte, lag ein umgekippter Stuhl.
Als Chavasse sich bückte, um ihn aufzuheben, verbrannte das Streichholz Orsinis Finger, und er warf es fluchend weg. Chavasse wartete, auf einem Knie hockend, bis er ein neues anzündete, und plötzlich spürte er, daß Feuchtigkeit durch das Knie seiner Hose drang. Als das Streichholz aufflammte, hob er die Hand und sah, daß Blut an den Fingern klebte.
»Soviel zu Ramiz…«
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