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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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magischen Brandstifter. Dem Feuerteufel. Aber nicht jetzt!
    So schnell er es ohne ein Geräusch vermochte, eilte er zurück zu dem Fenster, durch das er bereits gesehen hatte.
    Er hatte es gerade erreicht und wollte durch die Ritzen im Holz schauen, als die Läden plötzlich aufgestoßen wurden. Valender schmiegte sich an die Wand.
    Sieh nicht nach unten, sieh nicht nach unten, beschwor er still de n jenigen, der sich auf das Fensterbrett stützte und hinaus in die Fin s ternis schaute. Der alte Pfarrer? Gut möglich, vermutlich hatte er Nathaniels Pferd davongaloppieren hören. Valender atmete nicht, doch er hatte das Gefühl, sein Puls würde so laut pochen, dass man ihn unweigerlich hören musste.
    „ Hmhm“, grummelte der Mann am Fenster. Eindeutig der Pfarrer, ja. Dann vernahm er mit Erleichterung, dass Fothergill nach den Fensterläden griff, erst diese zuzog und danach mit einem Knirschen das Fenster schloss. Dabei sagte er etwas, das Valender nur noch zur Hälfte verstand:
    „ Du hattest recht, da ist niemand, ich glaube …“
    Du …? Der Mann war demnach nicht allein. Doch wer konnte bei ihm sein? Valender hatte weder ein Pferd noch einen Wagen ges e hen, doch das sagte nichts aus. Vielleicht waren Helfer am Werk g e wesen, vielleicht hatten sie wie er eine Mietkutsche genommen. Vie l leicht hatten sie ihr Transportmittel wie Nathaniel in sicherer En t fernung abgestellt. Und vielleicht traf der ehemalige Pfarrer in dieser Nacht bloß einen verbotenen Liebhaber und hatte nicht das Gering s te mit Ceras Entführung zu tun.
    Valender seufzte lautlos. Er wartete eine Weile Ruhe ab, ehe er den Kopf wieder langsam über das Fensterbrett hob und durch die Ritze sah.
    Von der zweiten Person, die im Raum war und vermutlich am Tisch saß, erkannte er bloß einen langen, dünnen Schatten, den das Kerzenlicht zittern ließ. Mehr von der Person konnte Valender von seinem Standpunkt aus nicht sehen. Fothergill dagegen stand direkt in seinem Blickfeld. Er goss Flüssigkeit aus einem Krug in die Weihwasserschale, stellte den Krug zur Seite und begann, seinen zweifelhaften Segen zu sprechen.
    Was – bei allen Heiligen der Hölle – hatten die da vor? Eine Ta u fe? Mitten in der Nacht?
    Fothergill sagte etwas, daraufhin erhob sich der Schatten und ve r ließ, ohne Valender den Menschen, der ihn warf, auch nur einen A u genblick lang sehen zu lassen, die Stube. Doch kaum war er ve r schwunden, sackten die Schultern des Pfarrers nach vorn und er machte für einen Moment den Eindruck absoluter Betrübnis. Als würde ein Gewicht auf ihm lasten, das er nicht länger zu ertragen glaubte. Fothergill wischte sich die Stirn mit den Händen ab, rieb die Handflächen dann an seinem Talar ab und sah mit einer Miene, als stünde eine Beerdigung bevor, in das Weihwasserbecken. Seine Li p pen formten etwas, das Valender nur erraten konnte.
    Vergib mir, Gott?
    Valender wechselte noch einmal seinen Standort, huschte zum Küchenfenster und warf einen Blick hindurch. Und erstarrte.
    Der zweite Mann war kurz im Korridor zu erkennen, ehe er nach links ging und für Valender nicht mehr zu erkennen war. Er hatte eine weibliche Gestalt im Arm, schlafend, bewusstlos … oder tot. Und er verschwand so schnell und das Licht war so diffus, dass Va l ender daran zweifelte, ihn wirklich gesehen zu haben, denn vielleicht – und hoffentlich – spielte ihm seine nervöse Fantasie einen Streich und nichts von dem, was im Inneren dieses Hauses geschah, war real und er selbst schlief noch in der Kutsche, und nicht sein Herz po l terte so laut, sondern die Hufe eines anachronistischen, mechan i schen Pferdes.
    Es war zu absurd, was er zu sehen geglaubt hatte. Es passte nicht zusammen; nichts passte zusammen. Er musste sich doch irren!
    Doch die Panik der Zorn und seine Instinkte, die als roter Nebel durch seine Hirnwindungen krochen, machten ihm klar, dass er nicht fantasierte.
    Um wen es sich bei dem geheimnisvollen zweiten Mann handelte, konnte er anhand dessen Rückenansicht nicht ausmachen, auch wenn er ihm vage bekannt vorkam. Doch wen dieser Mann im Arm trug , war offensichtlich.
    Es war Melissa.
     
    ***
     
     
     
    Das Feuer erhob sich wie ein Untier am Horizont.
    Flammen leckten in den Himmel und stießen Rauch aus, der in die Atemwege drang und Nat h aniels Augen tränen ließen. Trauben aus Schaulustigen verstopften die Straße, die zum Theater führte. Die Feuerwehrleute hatten mehr damit zu tun, die Wege freizumachen, als dass sie

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