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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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„Bleib du hier und finde Cera. Ich tu alles, was ich kann, um den anderen Pu p pen zu helfen.“
    In Valenders Gesicht erschien ein Ausdruck, den Nathaniel noch nie gesehen hatte und nicht einschätzen konnte: hart und emotion s los. Zum ersten Mal erkannte er den Soldaten in seinem Freund, der nicht hinterfragte, sondern nickte und dann tat, was zu tun war, weil es getan werden musste. Ohne einen Laut schlich Valender um die Hauswand, um durch die Fenster an der Hinterseite des Hauses zu blicken.
    Nathaniel konnte nicht mehr warten. Spätestens , wenn Valender etwas entdeckte, würde er nicht mehr gehen können, sondern ihm helfen müssen, und dann wäre sein Gemälde – sein Seelenteil – u n widerruflich verloren. Die Vorstellung erzeugte erneut ein solches Grauen in ihm, dass er am ganzen Körper erzitterte. Unsichtbare Neces schlangen sich um seinen Hals, drückten ihm langsam die Kehle zu und züngelten mit ihren formlosen Gliedern in Richtung seines Mundes, als wollten sie in ihn eindringen.
    Er wandte sich ab und rannte ohne Rücksicht auf die Geräusche seiner Stiefelsohlen die Straße herab. Coffee begrüßte ihn mit einem hitzigen Schnauben. Hatte der alte Hengst doch wieder einmal recht gehabt, als er sich weigerte, still zu sein. Vermutlich hatte er den Brandgeruch über die Entfernung wahrgenommen und gespürt, dass sie dorthin mussten. Dass sein Pferd die Bedrohung ebenso intensiv wahrzunehmen schien wie er selbst, ließ seine Furcht lauter in se i nem Gehirn dröhnen.
    Während er die Zügel von dem Baum löste, an den er das Pferd gebunden hatte, wünschte er Valender alles Gute und sämtliches Glück, das London in dieser Nacht zu bieten hatte. Valender musste Cera unbedingt finden – der Kleinen durfte nichts geschehen! Sie war ein so kluges, warmherziges Ding, und es würde nicht nur in Valender etwas zerreißen, wenn sie scheiterten und Cera nicht retten konnten.
    Nathaniel sprang in den Sattel und gab Coffee die Zügel frei. Der Rappe schoss aus dem Stand los und schien keinen Hinweis auf die richtige Richtung zu benötigen. Er wusste, wo sein Herr hin musste. Und trotz des bitteren Schuldgefühls, Cera und Valender im Stich zu lassen, trieb Nathaniel seinen Hengst noch an.
    Er war und blieb überzeugter Egoist: seinem Seelenfragment dur f te nichts geschehen.
     
    ***
     
    Valender hatte das Küchenfenster erreicht. Um hineinzuspähen, musste er die Fensterläden ein Stückchen öffnen. Im Inneren der Küche war es dunkel, nur ein Lichtschein aus dem schwach beleuc h teten Korridor erlaubte ihm, überhaupt etwas zu erkennen. Auf den ersten Blick schienen nur zwei offenstehende Schubladen ung e wöhnlich. Selbst die Pfannenwender und Kochlöffel hingen in exa k ter Präzision nebeneinander an der Wand, jedes Teil perfekt zum daneben hängenden ausgerichtet, alle im gleichen Abstand, wie mit dem Lineal abgemessen. Diese Pingeligkeit passte nicht zu den halb offen gelassenen Schubladen. Jemand war in Eile in dieser Nacht.
    Was befand sich in Schubladen außer harmlosem Besteck?
    Messer. Valender bereute sehr, nicht bewaffnet zu sein.
    Er duckte sich rasch unter das Fensterbrett, als er einen Schatten im Inneren ausmachte. Eine Gestalt – den Umrissen nach war es Fothergill – trat durch den Korridor und ging ins Wohnzimmer.
    Er musste sofort zurück ans andere Fenster. Lieber wäre er einfach ins Haus gegangen, aber vorher brauchte er zwingend einen Beweis, sonst würde der ehemalige Pfarrer ihn der Polizei ausliefern, und dann käme sofort ans Licht, was er im Theater getan hatte. Beim Gedanken daran zog sich sein Magen zusammen. Ein Feuer war au s gebrochen – und er hatte es verursacht. Wenn irgendwer in dieser Nacht ernsthaft zu Schaden kam, so hatte er allein ihn auf dem G e wissen. Er war sich so sicher gewesen, dass Keyman das kleine Feuer bereits unter Kontrolle hatte, als er fortgelaufen war. Wie hatte er so blöd sein können! Er wusste doch am besten, wie leicht ein staubiger Vorhang oder eine papierne Tapete in Brand geriet und wie schnell man als Mensch bloß noch hilflos danebenstehen und zusehen konnte.
    Er hasste sich für diesen Fluch. Wenn er schon mit Magie g e brandmarkt werden musste, warum gerade mit dieser teuflischen Variante?
    Er zwang die Gedanken, die ihm ohnehin nicht halfen, vorerst nieder. Früh genug würde er sich damit auseinandersetzen müssen, er sah die Polizei schon vor seinem inneren Auge, wie sie die ganze Stadt durchkämmten – nach ihm, dem

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