Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
Vom Netzwerk:
dem Kutschbock wieder zu ihm umgedreht, der mechanische Gaul stand mit tief g e senktem Kopf da.
    „ Ja“, antwortete Valender, obwohl er Nein sagen wollte. „Ich me i ne … Können wir endlich losfahren?“
    „ Wo woll’n Se denn jetz noch hin?“ Die Alte wies mit dem Kinn die Straße entlang und Valender traute seinen Augen nicht. In geri n ger Entfernung erkannte er Fothergills Haus. Er war doch eben erst in die Kutsche gestiegen. Um sicher zu sein, warf er einen Blick auf die Uhr. Er irrte nicht, es war keine Minute vergangen, seit er in den muffigen Polstern Platz genommen hatte.
    „ Wie konnten Sie … so schnell …?“
    „ Besonderer Service“, murmelte die Alte. „Für die, die’s besonders nötich hab’n. Nu geh’n‘Se schon.“
    Valender sprang aus der Kutsche. „Danke“, sagte er verwirrt.
    „ Gern gescheh’n, Bruder. Und viel Glück.“ Die Frau lächelte, schnalzte und das Pferd setzte sich gemütlich in Bewegung.
    Bruder? Valender schüttelte den Kopf und die Gedanken ab. Jetzt war nicht die Zeit, um über die Kutscherin zu grübeln. Am Ende der Straße machte er im fahlen Licht einer Laterne Nathaniels gigant i sches schwarzes Pferd aus, das beinah e auf der Stelle galoppierte und erregt mit dem Schweif schlug. Nathaniel hatte Mühe, es zu zügeln. Schließlich saß er ab, führte den Rappen zum Straßenrand und band ihn dort an einen Baum. Auf leisen Sohlen näherte er sich.
    „ Wie kannst du schon hier sein?“, wollte er leise wissen.
    „ Frag nicht. Irgendeine Magie war im Spiel.“
    Nathaniel schien mit dieser Antwort vollkommen zufrieden. G e meinsam schlichen sie näher an Fothergills Haus heran.
    „ Wusste ich es doch“, murmelte Nathaniel. Valender war nicht klar, woran sein Freund erkannte, dass hier etwas nicht stimmte. Das Haus unterschied sich nur in einem kleinen Punkt von allen anderen in der Straße: hinter den Fensterläden im Erdgeschoss war schw a ches Licht zu erkennen. Nathaniel deutete jedoch auf eine der Rh o dodendronhecken, die das Anwesen umgaben. Erst als Valender die Augen zusammenkniff, erkannte er zwischen den Zweigen eine wi n zige, gelbe Feder. Er zupfte sie heraus.
    Wie zerbrechlich sie schien. Wie leicht sie zwischen seinen Fingern wog. Wie schwer sein Herz plötzlich wurde.
    Unweigerlich schloss sich seine freie Hand zur Faust. Er nickte Nathaniel zu, und geduckt liefen sie zum Haus und lugten durch die schmalen Schlitze in den Fensterläden.
    Die Stube war leer. Abgesehen von den Dutzenden von Kerzen, die nun brannten und alles in butterweiches Licht hüllten, sah alles aus wie zuvor am Abend. Bis auf die Sirenen, die in weiter Entfe r nung plärrten, als stünde die ganze Stadt in Flammen, war es still.
    Zumindest bis Valenders radiomobiles Telefon schrillte.
     
    ***
     
    Valender zerrte das Telefon aus der Tasche, drückte es ans Ohr und presste den Rücken an die Hauswand. „Ja?“, hauchte er.
    Der Mann hatte vielleicht Nerven, jetzt zu telefonieren! Man kon n te es mit der ständigen Erreichbarkeit auch übertreiben. Hoffentlich hatte niemand den Ton gehört. Nathaniel sah sich in alle Richtungen um. Es blieb ruhig.
    Der Anruf schien von einer gewissen Dringlichkeit zu sein, denn Valender lauschte, verspannte sich dabei immer mehr und wurde blass.
    „ Das ist nicht möglich“, wisperte er schließlich. „Das kann doch nicht sein. – Ja. – Nein. – Ich denke auch, aber ich brauche Zeit. Danke, Lyss, vielen Dank für die Warnung.“
    Er schaltete das Telefon aus, atmete durch, als sei ihm übel und lehnte sich zu Nathaniel, um ihm ins Ohr zu flüstern. „Das war Lyssandra Keyman. Das Theater steht in Flammen. Ich fürchte, es ist meine Schuld, ich habe …“
    Nathaniel gelang es nicht, ihm weiter zuzuhören. Das Theater? In Flammen!
    „ Mein Bild!“, entfuhr es ihm ungewollt heftig und Valender hob schnell die Hand und legte sich einen Finger an die Lippen. In Nathaniel kochten Entsetzen und Furcht zu einer zähen Mischung z u sammen, die all sein Denken beherrschte. Das Bild beinhaltete ein Stück seiner Seele. Der Teufel selbst würde wissen, was es für Au s wirkungen auf ihn hatte, wenn dieses Fragment verbrannte. Nath a niel hatte keine Ahnung von den Konsequenzen, nur große Angst.
    „ Ich muss dorthin“, flüsterte er.
    „ Ich komme mit dir. Die Puppen, wir müssen den Puppen helfen!“
    „ Nein. Ich reite allein – so bin ich schneller.“ Sie waren zu nah dran an der Aufklärung des Ganzen, Nathaniel spürte es.

Weitere Kostenlose Bücher