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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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Grabschänden bei Vollmond? Ganz wunderbare Idee, ich versi l bere rasch noch mein Schäufelchen, dann bin ich dabei.“
     
    ***
     
    Nathaniel beließ es schlussendlich bei einem Revolver und einem versilberten Dolch. Nicht, dass er an Vampire glaubte, aber er ging lieber auf Nummer s icher, wenn er schon nachts Pfaffen die Gärten umgrub. Schaufeln und Spaten gab es in Fothergills Hütte. Er spielte mit dem Gedanken, sein Gesicht zu maskieren, um nicht in der N ä he des Pfarrerhauses aufzufallen, aber verwarf die Idee wieder. An seinem großen, schwarzen Hengst und dem im Wind wehenden Mantel würde man ihn ohnehin erkennen und auf nichts davon wol l te er in dieser Nacht verzichten. Der Dramatik wegen.
    Er traf Valender wie abgesprochen um Mitternacht, sie versteckten sein Pferd in einem nahen Fichtenhain und schlichen zusammen durch schlafende Straßen zu Fothergills Haus am Stadtrand. Alle Fenster waren schwarz. Mondlicht ließ die Dachschindeln bläulich schimmern, und aus dem Wald, der sich hinter dem Anwesen auftat, drangen die Rufe von Käuzchen und das heisere Bellen eines Fuc h ses.
    Sich mit Zeichen verständigend kletterten sie Seite an Seite über den Gartenzaun, liefen geduckt über die Wiese und drückten sich an die feuchten Holzwände der Hütte. Mit dem Rücken an der Wand bewegte Nathaniel sich zur Tür und tastete in der Dunkelheit nach der Klinke. Glück gehabt, sie war noch offen, niemand hatte b e merkt, dass er am Mittag das Schloss aufgebrochen hatte. Er drückte mit der flachen Hand gegen das Türblatt – unter einem Quietschen, das tief in jeden Zahn hinein zog, glitt sie auf. Einen Moment wagten sich beide nicht zu regen, sondern lauschten mit angehaltenem Atem in die Nacht. Nichts geschah. Niemand hatte das Scharnier kreischen gehört.
    Valender gab vor, sich Schweiß von der Stirn zu wischen, und huschte in die Hütte. Nathaniel folgte ihm. Beim Schließen der Tür war er vorsichtiger und verursachte keinen Laut. Erst danach wagte Valender, eine kleine Ölfunzel zu entzünden, die das Innere der fen s terlosen Hütte um eine Winzigkeit erhellte. Schatten zuckten über die Holzwände. Es war stickig, als wäre die Tür der Kate seit Mon a ten nicht mehr ganz geöffnet worden, und es roch nach Erde und vermodernden Pflanzen. Wie viele Neces sich hier sammelten, wollte Nathaniel nicht wissen. Er versuchte, nicht an ihre kleinen, bösart i gen Fratzen zu denken.
    „ Fangen wir gleich an“, flüsterte Valender, zog die Kiste beiseite, die über dem Grab stand, nahm einen der Spaten und trieb ihn schwungvoll in die aufgewühlte Erde. Mit einem schier ohrenbetä u benden Krachen brach der morsche Stil des Spatens mittig durch.
    Valender starrte in einer Mischung aus Verwunderung und Schreck auf den kurzen Knüppel, den er nun in der Hand hielt. Nathaniel kämpfte gegen einen Lachkrampf, verlor und bemühte sich, zumi n dest nicht allzu laut zu lachen.
    „ Es sind genug Schaufeln da“, murrte Valender, nahm sich eine neue und begann zu graben, als erwartete er eine Truhe Gold statt eines Sarges mit zweifelhaftem Inhalt.
    Nathaniel nahm sich einen großzügig bemessenen Moment zum Durchatmen und half seinem Freund dann. Draußen fuhr eine Ku t sche vorbei. Ihre Lichter waren als helle, runde Schatten durch die Wand zu erkennen. Valender und Nathaniel verharrten still, bis das Hufgeklapper verklungen war, und arbeiteten dann schweigend we i ter; Valender wie besessen vom Graben, Nathaniel – für seine Ve r hältnisse – motiviert.
    Binnen einer guten Stunde klebten ihnen die Hemden schweißnass in den Achseln und auf Nathaniels Händen hatten sich erste Schwi e len gebildet. Doch sie hatten den Grund erreicht. Unter ihnen b e fand sich eine Holzplatte.
    „ Das ist wirklich ein Sarg“, keuchte Valender. Er hatte gebuddelt wie ein Berserker.
    „ Ja, das ist zu vermuten, am Boden eines Grabs.“
    Valender ignorierte seine Ironie. Er klopfte auf den Deckel, als e r wartete er eine Antwort. Alles blieb still. „Wir können den nicht öf f nen, oder?“
    Nathaniel stieß entnervt die Luft aus. „Nicht? Wir graben wie die Maulwürfe bis auf diesen Sarg runter, um ihn dann wieder zuz u schütten? Was hast du denn erwartet?“
    Was immer es war, er hatte sich etwas anderes erhofft. Valender war bleich wie ein Betttuch geworden. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht und ließ ihn krank aussehen. „Ich … hätte nicht gedacht, dass ich …“
    Nathaniel reichte ihm die Hand, die er dankend

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