Schlüsselherz (German Edition)
pfeifen, und mit allen nur möglichen Mitteln um Cera zu kämpfen, war seine Schwester wieder normal geworden – und das, obwohl er ihr gegenüber kein Wort hatte verlauten lassen. Ihr Einfühlungsvermögen war beeindruckend.
Andererseits fehlte Cera ihm so sehr, dass er lieber gleich zum Theater gefahren wäre, um zu sehen, wie es ihr ging. Ob sie alles gut verkraftet hatte? Es schmerzte ihn, zu ahnen, dass sie seinetwegen immer noch litt. Wenn er doch wenigstens wüsste, dass es ihr ph y sisch gut ging …
Aber Nathaniel hatte recht. Dass Richard Keyman Valender nicht in die Nähe seines Theaters kommen ließ, war ihm nicht zu verde n ken.
Wie sollte er das nur alles wieder hinbiegen?
Er räusperte sich und straffte die Schultern. Mit Trübsal blasen würde er nichts erreichen, so viel stand fest. Es war an der Zeit, den Buchhändler in sich still und ruhig in die Ecke zu setzen und den Soldaten hervortreten zu lassen. Und zu kämpfen.
Sie machten sich auf de n Weg nach London City. Nathaniel war zu ihm in die Mietkutsche gestiegen, dennoch ließ er es sich nicht ne h men, seinen Rapphengst mitzunehmen. Wie ein überdimension a ler Hund folgte das Pferd seinem Herrn und reagierte auf jeden a n deren Menschen, der es auch nur ansah, mit einem bösartigen Zähnefle t schen.
„ Es hasst jeden Menschen außer mir“, erklärte Nathaniel. „Darum passt es so gut zu mir.“
„ Weil du Menschen genauso hasst?“
Sein Gegenüber lachte und schlug ihm auf die Schulter, eine be i nahe freundschaftliche Geste. „Nein. Weil ich jedes Pferd außer ihm hasse. Aber genug von Pferden. Reden wir über den Pfaffen.“
Und so begann Valender, Nathaniel alles über den Pfarrer Fothe r gill zu erzählen, was er herausgefunden hatte.
Sie erreichten das schmucke Häuschen des Geistlichen nur wenig später. Aus geöffneten Fenstern drang ein gepfiffenes Lied, das Klappern von Kochlöffeln in Töpfen und der Geruch von Braten, gekochten Kartoffeln, Suppe sowie Kuchen.
„ Ist das nicht ein bisschen dekadent für einen normalen Woche n tag?“, murmelte Nathaniel skeptisch, während sie über einen gepfla s terten Weg durch den Vorgarten zur Haustür gingen.
Valender zuckte mit den Schultern. Er hatte keinen Schimmer, was Katholiken mittwochs zu Mittag aßen, und es interessierte ihn auch nicht weiter. Er wollte bloß wissen, warum der ehemalige Pfarrer die Puppen so sehr hasste und ob er etwas mit dem Mord an Yasemine zu tun hatte. Entschlossen, Antworten auf diese Fragen zu finden, klopfte er an der Tür. Stimmen erklangen im Inneren des Hauses. Ein Mann rief nach einer gewissen Mona, diese erwiderte lautstark, jetzt nicht vom Herd wegzukönnen. Schließlich näherten sich Schri t te und die Tür wurde geöffnet. Ein untersetzter Herr Mitte fünfzig beschwerte sich murrend, wofür er eigentlich seine Haushälterin b e zahlte, ehe er einen Guten Tag wünschte und gleich darauf skeptisch nachsetzte: „Was wollen Sie, Herrschaften? Ich kaufe nichts und möchte nicht über die Bibel sprechen.“ Seine Augen wurden kalt und schmal, als sein Blick Nathaniel streifte, der einen Schritt hinter Valender stand.
„ Verzeihen Sie die Störung“, sagte Valender freundlich. „Mein Name ist Valender Beazeley. Ich bin als privater Ermittler im Einsatz und habe ein paar Fragen an Sie. Das ist mein Partner, Mister –“
„ Ich weiß, wer der ist“, brauste Fothergill auf. „Und er kommt mir nicht ins Haus! Kein gottloser Magischer kommt in mein Haus, u n ter gar keinen Umständen.“
Valender wollte etwas erwidern, doch Nathaniel war schneller. „Oh, das ist gar kein Problem. Als magischer Abschaum bin ich d a ran gewöhnt, wie ein Hund vor der Tür zu warten. Ich habe mir e t was zu lesen mitgenommen, machen Sie sich keine Umstände.“ Er sprach mit einer so glaubwürdig klingenden Selbstverständlichkeit, dass Valender sich fast an seiner eigenen Zunge verschluckt hätte. Er registrierte das winzige Zeichen, dass Nathaniel ihm mit der Auge n braue gab.
„ Ahm, nun gut, dann wird Mr Charles hier warten.“ Den Teufel würde er tun, so viel stand fest „Vielleicht können wir beide auf ein paar Worte hineingehen?“
Fothergill wirkte misstrauisch, ließ Valender aber ein und führte ihn in ein Esszimmer, das selbst Valenders Vater noch als altmodisch bezeichnet hätte. Eine rundliche, gemütlich wirkende Haushälterin trug soeben die Suppe auf.
„ Es stört Sie doch nicht, wenn ich esse?“
Valender lächelte und
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