Schlüsselherz (German Edition)
verneinte dankend das Angebot der Hau s hälterin, mitzuessen. Die Dame wechselte einen freundlichen Blick mit ihm, ehe Fothergill sie rüde fortschickte. Valender fühlte sich immer unwohler. Selten, dass er derart unangenehme Zeitgenossen kennenlernen und beim Suppe essen beobachten musste. „Sparen wir uns doch das lange Gerede um den heißen Brei und kommen gleich zum Punkt“, sagte er und zog sein Moleskin aus der Tasche, um sich Notizen zu machen. „Sie sind mir aufgefallen, Mr Fothe r gill.“
„ Ach ja? Warum denn das?“
„ Insbesondere durch Ihre aggressiven, öffentlich kundgetanen Hasstiraden gegen die politische Minderheit der Magischen, vor a l lem gegen die Untergruppe der Puppen. Ich wüsste gern die Gründe für Ihre Ablehnung.“
Fothergill stockte. Er legte den tropfenden Löffel auf das Tisc h tuch, ohne darauf zu achten, dass die Suppe Fettränder in den Stoff malte, die seine Haushälterin mühsam würde herauswaschen müssen, und sah Valender durchdringend an. Schließlich lächelte er ein nac h sichtiges Lächeln. „Weil sie Teufelswerkzeuge sind. Warum sonst?“
„ Teufelswerkzeuge. So. Können Sie das näher erläutern? So, dass es ein einfacher Mann wie ich versteht?“
„ Es ist sehr einfach. Die Schöpfung ist Gottes Gabe. Wer sie im i tiert, stellt sich über Gott, verhöhnt ihn geradezu. Dazu, mein armer Junge, treibt nur der Teufel euch Menschen. Er verführt euch.“
„ Ich verstehe, was Sie sagen wollen. Dann scheinen mir dieser T a ge allerdings sehr viele Menschen vom Teufel verführt, ist es nicht so? Überall stößt man auf Leute, die mechanische Hilfen nutzen.“
„ Ist es nicht schrecklich, mein Junge?“ Fothergill schüttelte ve r stimmt den Kopf und nahm seinen Löffel wieder auf, um weiterz u essen. „Alle sind sie so verdorben in diesen Zeiten. Selbst die Kirche ist sich nicht mehr treu. Statt die Magischen aus den Gotteshäusern zu verbannen, wie es schon in der Bibel gelehrt wird, entheben sie mich meines Amtes und lassen die Zauberer hinein!“
„ Und nun sind Ihnen die Hände gebunden?“
„ Ich predige!“, rief Fothergill. „Ich werde immer predigen, solange der Herrgott mich in dieser Welt belässt, werde ich Sein Wort ve r breiten. Mona! Mona – wo bleibt mein Essen?“
Die Haushälterin erschien, nahm die Suppenschale auf ihr Tablett und stellte stattdessen einen Teller vor Fothergill ab, auf den kein Gramm Fleisch mehr gepasst hätte. Soße tropfte über den Rand.
„ Hm, lecker.“ Die Augen des ehemaligen Pfarrers glühten för m lich, er schnitt einen großen Bissen ab und steckte ihn in den Mund. „Scher guat, Mona.“
Mona knickste und watschelte zurück in ihre Küche.
„ Sie predigen“, wiederholte Valender. „Aber gehe ich recht in der Annahme, dass das nicht reicht?“
Fothergill hielt inne. Dann schluckte er lautstark einen Klumpen Fleisch herunter. „Was wollen Sie damit sagen? Mr Beazeley? Gla u ben Sie, ich lese keine Zeitung? Denken Sie etwa, ich hätte etwas mit der kaputten Puppe zu schaffen, die sie aus der Themse gezogen haben?“
Wenn er so fragte – Valender schloss das keineswegs aus. Aber das konnte er natürlich nicht sagen. „Ich will gar nichts behaupten, Mr Fothergill. Ich versuche nur herauszufinden, was passiert ist.“
„ Sie sollten sich was schämen!“, rief Fothergill und hob drohend Messer und Gabel. „Kümmern Sie sich lieber um die Probleme von Menschen. Niemanden interessiert es, wenn ein motorbetriebenes Ding kaputtgeht.“
Valender sparte sich eine Antwort und schrieb verbohrt + unsymp a thisch = verdächtig in sein Moleskin.
„ Meinen Auftraggeber interessiert es hinreichend, um mich fürs t lich zu bezahlen“, bluffte Valender und achtete genau auf die Reakt i on seines Gegenübers. Die Entrüstung des Mannes konnte er alle r dings nicht als Hinweis auf seine Schuld werten. „Sie wissen sicher noch, was Sie am zweiten April gegen Abend getan haben?“
„ Mein armer, verirrter Junge“, presste Fothergill wütend durch die Zähne. „Sie kommen nicht von der Polizei, oder? Ich muss Ihnen also überhaupt keine Auskünfte geben. Aber wenn Sie es wissen wo l len: ich war zu Hause und habe eine Predigt vorbereitet. Allein, b e vor Sie fragen. Und nun muss ich Sie bitten, zu gehen. Meine Hau s hälterin begleitet Sie hinaus. Mona!“
Valender notierte rasch ein paar Worte und achtete dabei darauf, dass Mona über seine Schulter die Worte sehen konnte. Hass + Rel i gion - Alibi =
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