Schlüsselherz (German Edition)
paar … Merkwürdigke i ten.
„ Was machen wir jetzt?“, fragte Valender.
„ Kaffee“, erklärte Nathaniel. „Jamaica Blue Mountain. Die Queen trinkt denselben, es ist der beste Kaffee der Welt.“ Und als er sein Gebräu endlich fertig gebrüht und einen winzigen Schluck getrunken hatte, klärte sich sein Gesicht auf.
„ Und nun, mein guter Freund, warten wir, ob etwas passiert.“
Nichts passierte; nichts Nennenswertes.
Nathaniel trank Kaffee, metamorphierte zum Menschen und zog sich in sein Atelier zurück, um zu malen. Valender brach gegen Mi t tag auf, um seine Schicht im Buchladen anzutreten. Er ließ die Ku t sche einen Umweg an Fothergills Haus vorbeifahren, konnte dort allerdings nichts entdecken außer der Haushälterin Mona, die im Garten Wäsche aufhängte. Auch in den Zeitungen stand nichts, und der Kutscher verbreitete bloß Neuigkeiten, die Valender nicht int e ressierten. Vermutlich hatte der ehemalige Pfarrer die Schätze an einem anderen Ort versteckt, die Grube wieder zugeschüttet und harrte nun, wie er und Nathaniel, der Dinge, die nicht kamen.
Valender versteckte sich in der Buchhandlung hinter schwanke n den Stapeln dicker Romane und grübelte. Als Privatermittler gab er eine lausige Vorstellung ab, schließlich hatte er noch nichts Brauc h bares herausgefunden. Rein gar nichts. Es war kein Trost, dass die Polizei offenbar genauso im Dunkeln tappte wie er. Interessierten die sich überhaupt für den Fall? Oder sahen sie es wie der Pfarrer und gaben nichts darauf, dass irgendein Irrer eine Puppe getötet ha t te? Er musste dringend seinen Vater fragen, ob der Polizeipräsident zum Kreis der Konservativ ist en zählte. Vor allem aber musste er eine Spur finden, ehe diese vollends verwischten. Der Mörder kon n te unmöglich keine Fährte hinterlassen haben. Valender war Krimi-Leser – dass jemand den perfekten Mord vollbrachte und rein gar nichts auf den Täter hinwies, lag weit außerhalb seiner Überzeugu n gen.
Irgendetwas übersahen sie, Cera, Nathaniel und er, und seine Intu i tion sagte, dass es etwas war, worauf sie unbewusst bereits gestoßen waren. Wenn er auf sein Gefühl vertraute, dann fehlte nur noch ein kleines Puzzlestück, um Sinn in das vor ihm liegende Bild zu bri n gen.
Wenn nur seine Konzentration etwas besser wäre. Er musste stä n dig an Cera denken. Was sie wohl machte? Er hatte versucht, ihr Nachrichten über das KSS zu schicken, aber offenbar griff sie nicht auf ihre Plattform zurück. Ob Keyman ihr auch das verboten hatte?
Er stellte sich vor, wie die kluge, neugierige Cera den ganzen Tag lang in ihrem Zimmer hocken musste, ein gähnend leerer Platz dort, wo neulich noch ihre Rechenapparatur gestanden hatte, in den Reg a len nur Bücher, die sie bereits gelesen hatte. Es war die harmloseste Variante seiner Fantasien, und dennoch machte sie sein Herz schwer. Er glaubte, die quälende Langeweile selbst zu spüren. Wenn er Vo r stellungen zuließ, in denen sie dem Puppenmörder in die Hände g e fallen war, brach ihm in Sekunden am ganzen Körper Schweiß aus, und sein Herz begann zu rasen.
Verdammt, Cera. Wo bist du nur?
***
Nathaniel Charles war stolz auf die Tatsache, dass er früh gelernt hatte, mit all seinen Ressourcen zu haushalten. Er verschwendete a l lenfalls Geld, aber nie etwas, das kostbar war. Mit seiner Seele ging er äußerst sparsam um, ja, man könnte ihn beinahe einen Knauserer nennen, wenn es um seine Seele ging. Trotzdem entschied er sich nun, ganz entgegen seiner Prinzipien, noch ein Quäntchen seiner Seele zu investieren und letztmalig einen Versuch zu wagen, der bi s her immer schiefgegangen war. Ihm fiel einfach nicht ein, wie er Va l ender und Cera sonst helfen konnte, und gegen solch empörende Gefühlsregungen wie Hilfslosigkeit musste man mit allen verfügb a ren Mitteln vorgehen.
Er schloss sich allein in seinem Atelier ein. Selbst die Mrs Charles‘ mussten alle draußen bleiben, denn er brauchte absolute Ruhe. Eilig nagelte er einen einfachen Keilrahmen zusammen und spannte Leinwand darauf. Dann rührte er die Farben an, die er benötigen würde – überwiegend Grüntöne, von denen er nicht alle da hatte; hoffentlich würde es mit Mischungen funktionieren –, und legte sa u ber ausgewaschene Pinsel bereit. Schließlich begann er zu malen.
Er musste Abstriche an die Qualität des Bildes machen. Ein dun k les Grün bekam er nicht im exakten Ton hin, und da er die Farben nach den einzelnen Arbeitsschritten nicht
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