Schluesselmomente - Erfahrungen eines engagierten Lebens
Abwärtsstrudel geraten. Millionen Menschen bangen deshalb um ihre Existenz.
Die groÃen Chancen der Globalisierung, die sich durch die weltweite Vernetzung technischer Systeme aufgetan haben, und der immer rasanter verlaufende Datenaustausch
wirtschaftlicher, kultureller und politischer Inhalte haben uns ihre dunkle Kehrseite präsentiert. Wir müssen uns ernsthaft fragen, welche Folgen die Krise für unsere Demokratie, unsere Gesellschaftsordnung, die soziale Marktwirtschaft und den Arbeitsmarkt hat.
Vor der Krise in der Europäischen Union haben alle führenden Politiker der letzten Jahre die Augen verschlossen. In unverantwortlicher Weise wurde den Bürgern die klare Sicht auf den tatsächlichen Stand der Dinge verwehrt. Allen Wirtschaftsexperten war die Ãberschuldung Griechenlands schon lange bekannt, und es war ihnen bewusst, dass nicht nur Griechenland, sondern auch Spanien, Italien, Irland und Portugal zu den nächsten Krisenkandidaten gehören. Für mich sind die sozialen Unruhen in Griechenland und Frankreich Vorboten ernsthafter sozialer Konflikte, die unsere mit so viel Einsatz entwickelte Europäische Gemeinschaft auf Dauer in Bedrängnis bringen können.
Wenn ich die täglichen Nachrichten sehe, möchte ich, wie so viele andere Menschen auch, manchmal verzweifeln. Doch dann denke ich an das kleine Mädchen aus Wiedenbrück, das in eine so hoffnungslos erscheinende Welt hineingeboren wurde. Wie viel ist seitdem geschehen! Wie viel ist uns in unserem Land gelungen!
Wir Deutschen können stolz auf unser Land sein. Die gemeinsame Aufbauleistung nach dem Zweiten Weltkrieg hat uns Frieden und Wohlstand geschenkt, und die friedliche Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ist eine besonders glückliche Wendung in unserer Geschichte. Doch dieses Glück ist auch Verpflichtung, für das Gemeinwesen Verantwortung zu übernehmen.
Auf der Grundlage seiner sozialen Marktwirtschaft hat Deutschland die Krise bisher besser bewältigen können als
viele andere Länder. Ãber Jahrzehnte hinweg hat sich die soziale Marktwirtschaft in unserem Land als wirtschaftlich stabilisierende Kraft und Voraussetzung für den sozialen Zusammenhalt erwiesen. Es ist an uns, diese Erfahrung weiterzugeben und so im Dialog mit anderen Ländern und Kulturen für eine menschliche Globalisierung einzustehen. An Konflikten wird es dabei nicht mangeln, doch jede Krise ist auch eine Chance, bestehende Systeme und Institutionen weiterzuentwickeln. In meinem Leben habe ich oft erfahren dürfen, dass Veränderungen neue Fenster öffnen â Fenster, die es uns ermöglichen, über unser Verhalten kritisch nachzudenken. Plötzlich erkennen wir Möglichkeiten, die wir vorher nie wahrgenommen haben. Diese Chance sollten wir nutzen.
Es gibt eine Reihe von Initiativen, die uns Mut machen können. Ich persönlich hoffe sehr darauf, dass gerade junge Menschen die Chance ergreifen, aus dem Internet Informationen und Erfahrungen zu beziehen, die über ihren eigenen Lebensraum hinausweisen. Menschen aller Kulturen können sich in nie da gewesener Weise austauschen und voneinander lernen. Was für eine groÃartige Möglichkeit, um Toleranz, Urteilsfähigkeit, Solidarität und Menschlichkeit miteinander zu teilen!
Der »Blick über den Zaun« ermöglicht neue Perspektiven für Lösungen und Handlungskonzepte. Unsere Welt braucht den interdisziplinären, partnerschaftlichen Dialog, um auch in Zukunft Wachstum und damit Beschäftigung und Wohlstand zu ermöglichen. Wir müssen unser Bemühen um Nachhaltigkeit neu definieren und auf diesem Weg Vertrauen in gemeinsame Werte gewinnen, die für unsere Bemühungen unentbehrlich sind.
Immer wieder erfahre ich in meinen Begegnungen Hoffnung,
Glaube und Zuversicht, vor allem aber tatkräftiges Handeln. Nein, aufgeben liegt mir wohl nicht. Ich glaube fest daran, dass jeder von uns seinen Teil zum Gelingen der Zukunft beitragen kann.
ANHANG
VITA LIZ MOHN
Nach dem Tod ihres Mannes Reinhard Mohn repräsentiert Liz Mohn die fünfte Generation der Eigentümerfamilien Bertelsmann/Mohn. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Vorstands und des Kuratoriums der Bertelsmann Stiftung. In der Bertelsmann AG ist Liz Mohn Mitglied des Aufsichtsrats. Sie ist Präsidentin der von ihr gegründeten Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, Vorsitzende des Vorstands der Liz Mohn Kultur- und
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