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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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und er war ein Mann – und zwar einer, der recht gut in Form war, abgesehen von dem Knie. Er hatte hier das Sagen. Das hier war sein Strand – jedenfalls der Strand der Gemeinde, und er gehörte zu dieser Gemeinde, zahlte genug Steuern jedes Jahr, um sämtliche Straßen neu asphaltieren und der gesamten Polizei neue Uniformen und goldverzierte Schlagstöcke ausgeben zu können. Zudem waren Hunde auf diesem Strand verboten, außer an der Leine ( Hundeleinenzwang , stand auf dem Schild, und er hatte im Scherz einmal zu Kim gesagt, sie müßten demnach eigentlich einen Hund kaufen und ihn anleinen, sonst würden sie gegen das Gesetz verstoßen), und Trinken war hier auch verboten, für Minderjährige überhaupt.
    Einer der Jugendlichen, der mit der schwarzen Stoppelfrisur und dem fahrigen Blick, murmelte eine Entschuldigung – »Wir konnten doch nicht wissen« oder etwas in der Richtung –, aber der große Typ, der Häßliche, der die Sache überhaupt ins Rollen gebracht hatte mit seiner bescheuerten Frage, ob er einen Hund kaufen wollte, blieb einigermaßen hartnäckig und sagte: »Ich heiß nicht Jack.«
    Niemand rührte sich. Edison stand schwankend auf der Stütze seines gesunden Beins, das rechte Knie war immer noch rot und geschwollen, und die beiden blonden Jungen – es waren Brüder, das sah er auf den ersten Blick, da war etwas an den verkniffenen Mündern und den Augen, die zu eng zusammengepreßt schienen, als wäre irgendwie nicht genug Platz auf der Leinwand für sie gewesen – verschränkten die Arme vor ihren gebräunten Brustkästen und musterten ihn mit verächtlichen Blicken.
    »Na schön«, sagte er. »Bitte. Vielleicht möchtest du mir dann erzählen, wie du statt dessen heißt, na?«
    Hinten auf der Straße, an der Böschung hinter dem Strand, bog eine Frau in einem aquamarinblauen Porsche Boxster in den letzten freien Platz in der langen Reihe geparkter Wagen ein und hielt dabei kurz inne, um ein Radfahrertrio vorübersausen zu lassen. Die Palmen ragten reglos über ihr auf. Kein Windhauch rührte sich. »Ich muß dir gar nichts erzählen«, sagte der junge Kerl, zog sich mit zitternden Händen den Stummel eines Joints aus einer der beutligen Taschen seiner Shorts und hielt ein Streichholz dran. »Weißt du, was ich dir sage? Du kannst mich mal, du Arsch.«
    Und nun kam der Hund, am ganzen Leib bebend, ein fließendes Spiel der Muskeln, ließ den Stock vor den Füßen des Jungen fallen, und Edison erwiderte: »Nein«, wobei seine Stimme ihm in den eigenen Ohren wie eine Explosion erschien, »nein, du kannst mich mal!«
    Er stand drei Meter von ihm entfernt, vielleicht auch vier, und war so im Augenblick gefangen, daß er die Sinnlosigkeit nicht erkannte, die darin lag, hier auf dem öffentlichen Strand mit einem Haufen von besoffenen und rettungslos weltverdrossenen Jugendlichen Beschimpfungen auszutauschen – dabei war er dreimal so alt wie diese Halbstarken. Was war nur los? Was sahen sie in ihm? Und wieso hatten sie gerade ihn ausgesucht? Wieso ihn und nicht einen der richtigen alten Knacker von vorgestern, die überall am Strand herumratzten mit ihren Bierbäuchen und den knochigen bleichen Beinen und den engen Badehosen, die ihnen in der Arschritze klebten wie geriatrische Einlagen?
    In diesem Moment riß der häßliche Kerl dem Hund den Stock aus dem Maul und schleuderte ihn mit aller Kraft, die er aufbieten konnte, in Edisons Richtung, ein gewaltiger, ungestümer Wurf, der ihm das hölzerne Ding mit derartiger Wucht gegen die Brust knallte, daß er rückwärts in den Sand flog, während die Jugendlichen das Weite suchten und ihr hartes, schrilles Gelächter in seinen Ohren verklang.
    Dann kam die Bar, die Szene an der Bar um vier Uhr nachmittags, die Sonne stand noch hoch am Himmel, und es waren keine anderen Gäste da. Edison hatte es nicht einmal für nötig befunden, zum Umziehen nach Hause zu gehen. Ins Wasser hatte er keinen Fuß gesetzt – er war zu wütend, zu aufgebracht, aufgekratzt und ausgebrannt –, abgesehen von ein wenig getrocknetem Puderzuckersand an den Knöcheln und dem dunklen Fleck mitten auf seinem T-Shirt hätte niemand erraten können, daß er am Strand gewesen war – und wenn schon? Das hier war Kalifornien, ein Strand-Land, wo der Typ am Nebentisch in dem ausgeblichenen Hemd und den Supermarkt-Plastiktaschen für eins neunundzwanzig wahrscheinlich einen Kontostand hatte, der höher war als das Bruttonationalprodukt von einem halben Dutzend

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