Schluß mit cool (German Edition)
hatten, er hatte seine Lakers-Mütze verkehrt herum aufgesetzt, dazu ein zu großes T-Shirt und eine bunte Perlenkette, die Kette, die er schon immer getragen hatte, seit bunte Perlen damals 1969 erfunden worden waren. »Danke nein«, sagte er, ein bißchen mürrisch und leicht genervt von der Welt im allgemeinen und diesen drei Jugendlichen im speziellen, »hab vorhin einen zum Frühstück gehabt.«
Damit war die Unterhaltung beendet, und an einem besseren Tag wäre auch die ganze Begegnung vorbei gewesen, man hätte umgeblättert und weitergelebt. Edison wollte in der Sonne liegen, durch den tiefen Sand knapp über der Wasserlinie wandern, vielleicht hundert Meter in jeder Richtung, ein paar Schwimmstöße in der Brandung tun und das Codein gegen den Schmerz wirken lassen, bis es Zeit für Cocktails war – sonst nichts, so hatte er sich den Tag vorgestellt, abends dann irgendwo essen und eventuell noch ins Kino gehen. Aber die Jugendlichen ließen es nicht damit bewenden. Sie sahen in Edison nicht einen der Ihren, sein Witz gefiel ihnen nicht, ebensowenig wie sein ergrauendes Soul-Bärtchen oder der silberne Knopf in seinem linken Ohr. Sie sahen in ihm ein lahmes, verkniffenes Fossil, in derselben Preisklasse wie ihre gelifteten Mütter, ihre durchgebrannten Väter und die diversen Lehrer, Schuldirektoren, Deputy-Sheriffs und Disco-Rausschmeißer, die jeder neue Tag durch ihr Leben spülte wie eine stinkende Algenbrühe. Sie schenkten ihm ein paar kalte, abschätzige Blicke und spielten weiter mit dem Hund.
Und damit hätte es dann endgültig gut sein können, aber kaum hatte Edison es sich auf dem Handtuch bequem gemacht, die Sonnencreme und sein Buch hervorgekramt, da kam der Stock in seine Richtung gesegelt. Und nach dem Stock, wenige Sekunden später, folgte der Hund, der nasse Hund, dieser hechelnde, winselnde, Sand und Wasser um sich schleudernde Hund mit seinem höchst eigenen Gestank nach Nässe. Der Stock wurde weggenommen, nur um gleich wieder zu ihm zurückgeschleudert zu werden, diesmal landete er einen halben Meter von ihm entfernt, so daß ihm etwas Sand ins Gesicht spritzte. Wollten die ihn etwa provozieren? Oder waren sie einfach nur besoffen und unachtsam? Nicht daß es einen großen Unterschied bedeutete. Wenn dieser Stock nämlich noch einmal in seine Richtung flog, würde er handgreiflich werden.
Er versuchte sich auf das Buch zu konzentrieren, in seinen Augen brannte der Schweiß, der Geruch der Sonnencreme trug ihn an die Strände von früher zurück, die Sonne war wie eine feste heiße Hand, die sich ihm auf die Schultern und die schweren Knoten seiner Waden drückte. Das Buch war nichts Besonderes – irgendein Schund über eine einarmige Detektivin, die ihre Fälle in einer Stadt am Meer voller reicher Leute löste, ähnlich wie die, in der er selbst lebte –, aber es hatte auf dem Tisch im Flur gelegen, als er zur Tür hinausgehinkt war, ein Überbleibsel von Kim. Kim war jetzt seit drei Wochen weg, verschwunden mit dem Z3 Roadster, den er ihr gekauft hatte, einer Ladung Schmuck und einer gesunden Auswahl von schulterfreien Kleidern und offenen Sandalen. Er rechnete jeden Tag damit, von ihrem Rechtsanwalt zu hören. Und natürlich von der Kreditkartengesellschaft. Von denen auch.
Als es das nächstemal passierte, das letztemal, verfehlte ihn der Stock so knapp, daß er ihn heranschwirren hörte wie einen Bumerang, und ehe er reagieren – geschweige denn sich ducken – konnte, lag das Ding da, unmittelbar neben seinem Ellenbogen, und da wälzte sich auch schon die hechelnde schwarze Gestalt des Hundes in einer Explosion aus Sand und Speichel über ihn. Edison ließ sein Buch fallen und fuhr aus dem Sand hoch, die Ebbe zog sich überall am Strand mit einem gedehnten langsamen Seufzer zurück, die Möwen kreischten, Kinder jauchzten im flachen Wasser. Sie grinsten ihn an, die drei Typen, sie lachten über ihn, aber jetzt war er auf den Beinen, jetzt kam er auf sie zu, seine Lippen bildeten eine eng zusammengekniffene Linie, die Venen an seinem Hals pulsierten, und das Grinsen erstarb auf ihren Mienen. »He, Jack«, schnarrte er in seinem bösartigsten New-Yorker-in-Kalifornien-Tonfall, »was dagegen, wenn du deinen beschissenen Stock mal woandershin schmeißt? Oder muß ich ihn dir statt dessen in den Arsch rammen?«
Sie waren noch halbe Kinder, flache Bäuche, ihre Anfängermuskeln entwickelten sich an den Oberarmen und Schultern wie ein lange aufgeschobenes Versprechen, nur Kinder,
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