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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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Dritte-Welt-Länder. Heute jedoch saß niemand am Nebentisch – der Laden lag verlassen da. Bis auf den Barkeeper, hinter sich den dem Alkohol geweihten Schrein, und eine großgewachsene, schlanke Cocktailkellnerin mit blauen Augen, Grübchen und Haaren, die schwarz schimmerten wie die Teerklümpchen draußen auf dem Strand.
    Er bestellte sich eine Margarita on the rocks, Tequila vom oberen Bord, kein Salzrand, und kaute mürrisch auf einer Handvoll Erdnüssen, die optisch und geschmacklich an beschichtete Sägespäne erinnerten, seine dunklen, blutunterlaufenen Augen schweiften durch den Raum, vom Fernseher über die Kellnerin zum Spiegel hinter der Theke und wieder zurück. Sein Herz pochte immer noch heftig, obwohl er den Strand vor einer halben Stunde verlassen hatte – als gedemütigter, gebrechlicher Mann von tausend Jahren hatte er sich gefühlt, als er seine Sachen zusammenpackte und die Stufen zu seinem Auto hinaufhinkte. Es war irrational, er wußte es ja, eine Verlierersituation, aber er konnte an nichts anderes als an Rache denken – Rache? Eher schon an Mord –, deshalb hatte er methodisch die Straßen in Strandnähe durchkämmt, eine schmale Gasse entlang, die nächste wieder zurück, und nach Anzeichen seiner drei Widersacher gesucht. Jedesmal wenn er um eine Ecke bog und weiter vorn eine Bewegung sah, war er sicher, sie wären es, besoffen und zugekifft und völlig unbekümmert würden sie einander klatschend die eingerollten Handtücher über den Rücken ziehen, sich herumschubsen und -stoßen, lauthals in der Welt herumkrähen. Und er, er würde sie überrumpeln, das Lenkrad herumreißen und schräg auf den Gehsteig fahren, um ihnen den Weg abzuschneiden, und dann wäre er über ihnen, würde dem großen Burschen die Visage einschlagen, wieder und immer wieder, bis er ihm das Grinsen herausgeprügelt hätte...
    »Noch einen?« fragte der Barkeeper. Edison hatte ihn erst ein paarmal gesehen – er hatte die Tagschicht, und Edison kannte seinen Namen nicht, ebensowenig wie der Barmann Edisons kannte – und hatte keine richtige Meinung über ihn. Er war jung, achtundzwanzig, dreißig vielleicht, tief gebräunt und mit demselben Grundhaarschnitt wie die Kids am Strand, allerdings nicht ganz so kurzgeschoren. Edison entschied, daß er ihn mochte, er mochte sein Auftreten, die Surfer-Statur und die goldenen Strähnchen und sein Lächeln, das aussagte, daß er einfach jede verdammte Minute seines Lebens auf Erden genoß.
    »Ja, nehm ich«, sagte Edison, dabei stellte er fest, daß durch den ersten Drink, wohl im Verein mit dem Codein, die Wörter wie aus einer schlechtgeölten Maschine herauskamen, alle Bauteile verklebt und festgeklemmt, »und dann lassen Sie mich mal die Karte sehen. Sie haben doch eine Speisekarte in dieser Bar?«
    Die Cocktailkellnerin – sie war umwerfend, wirklich, eine große Frau, größer noch als der Barkeeper, hübsche Beine und wunderschöne Füße, die hoch auf einem Paar schwarzer Plateauclogs standen – schenkte ihm ein Grübchengrinsen, als er den Kopf leicht neigte, um sie in die Unterhaltung einzubeziehen.
    Klar hatten sie eine Speisekarte in der Bar, sicherlich, aber momentan gab es nicht viel mehr als rohes Gemüse oder einen Salat, bis die Küche um sechs fürs Abendessen öffnen würde – ob ihm das reichte, oder wollte er lieber warten? Edison erhaschte einen Blick auf sein Spiegelbild hinter der Theke, was ihn zusammenzucken ließ. Anfangs erkannte er sich gar nicht, irgendein älterer Jammerlappen mußte auf den Barhocker neben ihm gerutscht sein, während er von der Kellnerin abgelenkt war, aber nein, da war die umgedrehte Lakers-Mütze und die Sonnenbrille und die offenstehende Senkgrube seines Mundes, oberhalb des Soul-Bärtchens und des Kinns, das nicht annähernd so kantig wirkte, wie es eigentlich sollte. Und seine Haut – wie war nur seine Haut so gelb geworden? War das Hepatitis? Trank er etwa zuviel?
    Der Barkeeper ging ans andere Ende der Theke, um einen imaginären Fleck von der Mahagoniplatte zu wischen und ein halbes Dutzend Limetten in saubere Dreiecke zu verwandeln, und die Cocktailkellnerin widmete sich auf einmal intensiv der Registrierkasse. Im Fernsehen, knapp über der Hörbarkeitsgrenze, brabbelte jemand etwas über die Mechanik des Golfspiels, während die Kamera über endlose Weiten von smaragdgrünen Fairways zog und ein winziger weißer Ball auf einer bogenförmigen Bahn in den fernen Himmel aufstieg. Ein ewiger Moment hing in der

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